Fahrerflucht: Das OLG Köln (Beschl. v. 19.07.2011) hatte sich mit einem weiteren Fall des unerlaubten Entfernens vom Unfallort beim Beladen eines LKW´s zu beschäftigen. Im vorliegen Fall bejahte das Gericht das Vorliegen der Voraussetzungen einer Fahrerflucht.
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Angeklagte ist Schrotthändler und sammelte mit seinem Lastkraftwagen am Straßenrand Schrott ein. Beim Beladen von Schrottteilen vom Straßenrand kam es zu einer Beschädigung eines am Straßenrand geparkten PKW. Der Schrotthändler warf Blechteile nicht hoch genug, so dass diese von der Seitenwand abprallten und gegen das geparkte Fahrzeug flogen. es entstand Sachschaden in Höhe von knapp 2.000,- €. Der Schrotthändler hatte mitbekommen, dass es durch die Blechteile zu Beschädigungen am geparkten PKW kam. Dennoch entfernte er sich, ohne sich um den Schaden zu kümmern. Anwesende Zeugen riefen die Polizei herbei.
In der zivilrechtlichen Auseinandersetzung wurde der Schrotthändler zur Zahlung des Schadensersatzes verurteilt.
Im Strafverfahren wurde der Schrotthändler vom Amtsgericht freigesprochen, da der festgestellte Sachverhalt nicht die Voraussetzungen eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. § 142 StGB erfüllte.
Es liege kein Unfall im Straßenverkehr vor. Hierfür sei stets erforderlich, dass das schädigende Ereignis mit den spezifischen Gefahren des fließenden oder ruhenden Straßenverkehrs in ursächlichem und unmittelbaren Zusammenhang steht. Dies ist bei Beschädigungen eines geparkten PKW durch Gegenstände, die von einem daneben geparkten LKW beim Be- oder Entladen herabfallen (so AG Tiergarten, Beschluss vom 16. Juli 2008) nicht gegeben. Aus diesem Grund hat sich auch hier keine spezifische Gefahr des Straßenverkehrs realisiert, sondern eine reine Unachtsamkeit des auf dem Bürgersteig stehenden Angeklagten (Schrotthändlers).
Nachdem auch das Berufungsgericht die Entscheidung des Amtsgerichts stützte, legte die Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung Revision ein.
Die Revision war schließlich erfolgreich:
Als Schadensereignis im Sinne des § 142 StGB kommen auch solche im ruhenden Verkehr in Betracht, wenn sie verkehrsbezogene Ursachen haben. So ist derjenige, der sein Fahrzeug auf öffentlichen Grund abstellt, während der gesamten Dauer des Parkens Verkehrsteilnehmer. Das Be- und Entladen eines Kraftfahrzeugs ist damit verkehrsbezogener Teil des ruhenden Verkehrs, wenn zumindest ein innerer Zusammenhang mit der Funktion eines Kraftfahrzeugs als Verkehrs- und Transportmittel besteht.
Das OLG führt weiter aus, dass es rechtsfehlerhaft sein, dass das Berufungsgericht hier einen verkehrsbezogenen Zusammenhang verneint habe. Ist das Be- und Entladen verkehrsbezogener Teil des ruhenden Verkehrs, dann macht es bezogen auf das Tatbestandsmerkmal “Unfall im Straßenverkehr” keinen Unterschied, ob ein bereits geladener Gegenstand vom geparkten Fahrzeug herunterfällt oder der Schaden bereits beim Beladen des Fahrzeugs entsteht.
Nach Ansicht des Gerichts unterfallen gerade solche Geschehensabläufe im öffentlichen Straßenverkehr, die mit einem erhöhten Unfall- und Schadenrisiko einhergehen, dem Schutzbereich des § 142 StGB. Dazu zählen insbesondere auch Ladevorgänge.
Nach Ansicht des Gerichts führte die Staatsanwaltschaft zutreffend aus:
„Der Angeklagte hielt, um dem Zweck seines LKWs als Transportmittel nachzukommen. Seine Fahrten als Schrotthändler bestehen zwingend aus einzelnen kurzen Stopps, um den Wagen beladen zu können. Damit ist auch ein Wegrutschen oder Abprallen der zu transportierenden Materialien eine typische, sich aus dem Verkehrsvorgang ergebende Gefahr.“
Die Beschädigung am geparkten Fahrzeug sind hier gerade beiläufig, während einer verkehrsunspezifischen Handlung eingetreten. Das wäre gegeben, wenn zum Beispiel einem Handwerker, der neben der Straße an einem Gebäude arbeitet, der Hammer aus der Hand rutscht und ein parkendes Fahrzeug beschädigte). Hier führten gerade nicht verkehrsfremde Handlungen zur Beschädigung des Fahrzeugs, sondern eine verkehrsspezifische Verhaltensweise.
Über den Autor: Rechtsanwalt Thomas Brunow Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte. Rechtsanwalt Brunow ist Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes für Verkehrsrecht e.V. und Mitglied der ARGE Verkehrsrecht in Berlin. Rechtsanwalt Thomas Brunow hilft Geschädigten nach Verkehrsunfällen und Betroffenen nach Verkehrsverstößen (Fahrerflucht, Bußgeld, Punkte in Flensburg etc.) schnell und unbürokratisch.
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Rechtsanwalt Thomas Brunow ist Partner der Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner Berlin Mitte