Ganz gleich ob Messe-Event, Klassik-Open-Air, Kneipenfestival oder Casting-Show: Wer ein erfolgreiches Veranstaltungskonzept entworfen hat, will sich gegen Nachahmer und Trittbrettfahrer schützen. Das Konzept soll so weit wie möglich als Alleinstellungsmerkmal erhalten bleiben. Freilich: Ein umfassendes Copyright wie in den USA, das solche unternehmerischen Gesamtkonzepte schützen kann, gibt es in Deutschland nicht. Trotzdem stehen Veranstalter mit ihrem Konzept nicht schutzlos da.
Das BGH-Urteil “Kinderquatsch”: Kein Schutz eines Fernsehformats
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied mit Urteil vom 26.06.2003, Az. I ZR 176/01 “Kinderquatsch”, dass das Format für eine Fernsehshow-Reihe im allgemeinen nicht urheberrechtlich schutzfähig ist.
Das Format als Gesamtheit aller charakteristischen Merkmale
Zum Begriff des Formats führte der BGH aus:
“Das Format einer Fernsehshow kann definiert werden als die Gesamtheit aller ihrer charakteristischen Merkmale, die geeignet sind, auch Folgen der Show ungeachtet ihres jeweils unterschiedlichen Inhalts als Grundstruktur zu prägen und damit zugleich dem Publikum zu ermöglichen, sie ohne weiteres als Teil einer Sendereihe zu erkennen. Von Fall zu Fall kann ein Format durch ganz verschiedene Gestaltungselemente gebildet werden. Neben dem Titel und dem Logo einer Sendung können etwa dazu gehören ein den Gesamtablauf bestimmender Grundgedanke, bestimmte Mitwirkende, die Art und Weise einer Moderation, die Benutzung bestimmter auffallender Sprachwendungen oder Sätze, bestimmte Sendeabläufe, der Einsatz von Erkennungsmelodien oder Signalfarben, die Bühnendekoration und sonstige Ausstattung, die Dauer von Sendung und Beiträgen sowie ein bestimmter Stil der Kameraführung, der Beleuchtung und des Schnitts. Das Format einer Fernsehshow, in dem Gestaltungselemente dieser Art miteinander verknüpft und verwoben werden, bildet insofern eine gestaltete Einheit, als damit die Grundlage für immer neue Folgen dieser Show gelegt wird.”
Hieraus lässt sich der Grundgedanke nicht nur für ein Fernsehformat, sondern auch für eine andere Veranstaltung ableiten: Ein Veranstaltungskonzept setzt sich zusammen aus einer Vielzahl einzelner Gestaltungselemente.
Der Grundsatz: Nachahmungsfreiheit
In Deutschland herrscht der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit: Produkte und Ideen können nicht nur, sondern sollen geradezu nachgeahmt werden. Die Nachahmung, so der Gedanke, fördert den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt.
Ihre Grenze findet die Nachahmungsfreiheit in den Sonderschutzrechten aus dem Patent-, Marken- Urheber- oder Gebrauchsmusterrecht, ferner im Persönlichkeitsrecht und im ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz. Innerhalb dieser Grenzen ist daher selbst eine 1:1-Kopie möglich.
Die Lösung: Schutz der Einzelelemente durch Sonderrechtsschutz
Der Ansatz besteht darin, möglichst viele für sich schutzfähige Einzelelemente des Veranstaltungskonzepts zu identifizieren und hierfür Sonderrechtsschutz durchzusetzen.
Das beginnt bereits beim Titel der Veranstaltung.
So ließ beispielsweise RTL – genauer: die RTL Television GmbH – das bekannte Kürzel “DSDS” für deren Showreihe “Deutschland sucht den Superstar” umfangreich als Wortmarke schützen. Ähnlich ließ die FIFA anlässlich der 2006 in Deutschland ausgetragenen WM die Begriffe “FIFA WM 2006” und “FUSSBALL WM 2006” als Wortmarken schützen.
Zweck einer solchen Markenanmeldung: Ausschließlich der Inhaber der Marke soll berechtigt sein, mit dem geschützten Begriff Waren und Dienstleitungen zu bewerben.
Das Prinzip lässt sich – ebenso nur als Beispiel – für Erkennungsmelodien (Hörmarke/Klangmarke, Urheberrecht) oder Bühnendekoration (Geschmacksmuster, Urheberrecht) fortsetzen.
Aber noch einmal: Nicht das Gesamtkonzept wird auf diese Weise geschützt, sondern seine einzelnen Elemente.
Ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz
Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz ist gesetzlich geregelt in § 4 Nr. 9 UWG. Hiernach handelt insbesondere unlauter, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
- eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt oder
- die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt (Rufausbeutung) oder beeinträchtigt (Rufschädigung) oder
- die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat.
Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz ist nachrangig: Erst wenn ein Schutz nach Markenrecht, Geschmacksmusterrecht oder Urheberrecht ausscheidet, bleibt das Wettbewerbsrecht als rechtlicher “Notnagel”.
Ergänzender vertraglicher Schutz des Veranstaltungskonzepts
Nicht jedes Einzelelement, nicht jeder Gedanke kann Sonderrechtsschutz erlangen. Hier hilft die Vertragsfreiheit weiter: Ein Beteiligter verpflichtet sich gegenüber einem anderen Beteiligten, das Veranstaltungskonzept nicht in Eigenregie fortzuführen.
Auf diese kann beispielsweise bestimmt werden, dass ein Konzertveranstalter, der sich von einem DJ ein Partykonzept ausarbeiten lässt, auch zukünftig verpflichtet bleibt, derartige Events nur zusammen mit diesem DJ durchzuführen.
Im Wort “Vertragsfreiheit” steckt das Wort “Freiheit”: Vertragsfreiheit bedeutet nicht nur die Freiheit, mit welchem Inhalt ein Vertrag geschlossen werden soll, sondern auch die Freiheit, ob überhaupt ein Vertrag geschlossen werden soll. Niemand soll gezwungen werden, einen Vertrag abzuschließen, und auf diese Weise etwa auf seine Nachahmungsfreiheit zu verzichten.
Und mehr noch: Ein solcher Vertrag wirkt nur zwischen den Vertragsparteien. Das Nachahmungsrecht Dritter wird hierdurch nicht eingeschränkt.
Ergebnis
Wer ein erfolgreiches Veranstaltungskonzept entwickelt, sollte sich möglichst früh die Mühe machen, für möglichst viele einzelne Elemente den Sonderrechtsschutz durchzusetzen. Alles andere mag weniger Zeit und Kosten beanspruchen, bietet aber am Ende keinen vergleichbaren Schutz.