Anwendbarkeit der Kündigungsschutzgesetzes auf “Alt-Arbeitnehmer”
1. Geltungsbereich, Wortlaut des § 23 KSchG
(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.
2. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
Bei der Frage nach der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) kommt es auf die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer an. Nach § 23 Abs. 1 KSchG genießen Arbeitnehmer in Betrieben, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt sind keinen allgemeinen Kündigungsschutz. Seit dem 1. Januar 2004 ist dieser so genannte „Schwellenwert“ vom Gesetzgeber auf mehr als zehn Arbeitnehmer angehoben worden.
Seither gilt grundsätzlich, dass nur in Betrieben, in denen regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden und zwar ausschließlich der Auszubildenden, die nicht zu den Arbeitnehmern zu rechnen sind, das Kündigungsschutzgesetz zur Anwendung kommt.
Dass heißt für alle Arbeitnehmer, die nach dem 01.01.2004 eingestellt worden ist, ist die Schwellengrenze zum Erhalt von Kündigungsschutz gemäß des Kündigungsschutzgesetzes, dass mehr als 10 Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sind. Wenn nicht mehr als zehn Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt sind, dann findet das Kündigungsschutz grundsätzlich keine Anwendung auf Arbeitnehmer, die nach dem 01.04.2004 eingestellt worden sind, d.h. es ist für deren Kündigung kein Kündigungsgrund im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes notwendig.
Es gibt aber eine gesetzliche Übergangsregelung zugunsten so genannter „Alt-Arbeitnehmer“ Unter einem Alt-Arbeitnehmer versteht man Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis bereits vor der Gesetzesänderung am 1. Januar 2004 bestanden haben und denen gegenüber heute eine Kündigung ausgesprochen werden soll.
Unstreitig anerkannt ist, dass für solche Mitarbeiter noch der alte Schwellenwert gilt, wonach das Kündigungsschutzgesetz bereits bei einer Mitarbeiterzahl von mehr als 5 Arbeitnehmern Anwendung findet.
Diese sogenannten Alt-Arbeitnehmer, die also vor dem 01.01.2004 bereits eingestellt waren, werden unter folgender Voraussetzung geschützt, d.h. sie fallen unter das KSchG, ein Kündigungsgrund muss bestehen, die Sozialauswahl muss bei betriebsbedingten Kündigungen berücksichtigt werden etc:
- Der Betrieb hatte zum 31.12.2003 bereits mehr als fünf Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt
- Der Altarbeitnehmer wurde vor dem 31.12.2003 eingestellt
- Auch zum heutigen Kündigungszeitpunkt sind zumindest noch mehr als fünf dieser „Alt-Arbeitnehmer“ im Unternehmen beschäftigt
Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, findet der Sonderkündigungsschutz für die Alt-Arbeitnehmer auch Anwendung. Dies bedeutet, der Sonderkündigungschutz für Alt-Arbeitnehmer besteht nur für solche, die bereits zum 31.12.2003 in einem Betrieb mit mehr als fünf Arbeitnehmern beschäftigt waren und gilt nur solange, wie mehr als fünf dieser Alt-Arbeitnehmer auch weiterhin in dem Betrieb beschäftigt sind.
Sollten also nach dem 31.12.2003 Alt-Arbeitnehmer entlassen werden und deren Anzahl folglich nicht mehr als fünf betragen, endet der Sonderkündigungsschutz auch für die restlichen Alt-Arbeitnehmer in dem Betrieb. Das KSchG ist dann für alle Arbeitnehmer erst dann anwendbar, wenn der Betrieb insgesamt mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.
Rechtsanwältin Simone Weber, München www.weber-rechtsanwaeltin.de