Rechtsanwältin Sandra Voigt

anwalt.de services AG
90408, Nürnberg
28.10.2015

Müssen Mieter nach Mietvertragsende noch eine Kaution zahlen?

Wurde ein Mietverhältnis beendet, beginnt oftmals der Streit um die Mietkaution. Der Mieter fordert natürlich die vollständige Auszahlung samt Zinsen, der Vermieter wiederum will sie mit diversen Forderungen – etwa einer Nebenkostennachzahlung oder Schadenersatz wegen Mängel – aufrechnen. Noch problematischer wird die Situation allerdings, wenn der Mieter die Kaution nie gezahlt hat. Kann der Vermieter dann auch noch nach Ende des Vertragsverhältnisses die Kaution vom ehemaligen Mieter verlangen?

Barkaution oder Bankbürgschaft?

Laut Mietvertrag hatten sich die Mieter einer Wohnung dazu verpflichtet, 1700 Euro Kaution an ihren Vertragspartner zu zahlen. Weil sie aber in den folgenden zwei Jahren lediglich 100 Euro leisteten, erwirkte der Vermieter einen Mahnbescheid. Nur zwei Monate später endete das Mietverhältnis. Nun klagte der Vermieter auf Zahlung der Mietkaution. Schließlich habe er noch offene Forderungen, die er mit der Kaution aufrechnen wolle: eine Nebenostennachzahlung sowie Schadenersatz, weil die Wohnung bei der Rückgabe Mängel aufwies, was durch Anmerkungen im Abnahmeprotokoll nachgewiesen werden könne.

Die Mieter erwiderten zunächst, dass der Vermieter rechtsmissbräuchlich handle, wenn er jetzt noch die Zahlung der Kaution verlange. Vor dem Landgericht (LG) Wuppertal dagegen behaupteten sie unter anderem, dass keine Barkaution, sondern vielmehr eine Bankbürgschaft zwischen den Parteien vereinbart worden war.

Vertraglicher Anspruch auf Mietkaution

Das LG Wuppertal gab dem Vermieter Recht und verpflichtete die Mieter zur Zahlung der restlichen Mietkaution.

Schließlich hatten sich die Parteien vertraglich auf eine zu leistende Kaution in Höhe von 1700 Euro geeinigt. Dass eine Bankbürgschaft vereinbart worden war, konnten die Mieter dagegen nicht nachweisen. Auch waren ihre Ausführungen diesbezüglich widersprüchlich: Während sie den Anspruch des Vermieters auf die Mietkaution in der ersten Instanz noch nicht bestritten, behaupteten sie in der zweiten Instanz, dass stattdessen eine Bankbürgschaft vereinbart gewesen sei.

Doch selbst wenn diese Behauptung stimmen sollte, so musste das LG sie als neuen Vortrag nach § 531 Zivilprozessordnung (ZPO) behandeln. Der wurde nämlich erst in der zweiten Instanz – und damit verspätet – vorgebracht und blieb somit vor Gericht unberücksichtigt.

Zahlungspflicht auch nach Mietvertragsende

Zwar war das Mietverhältnis längst beendet, sodass man davon ausgehen könnte, dass der Vermieter keine Kaution mehr verlangen darf. Allerdings dient eine Mietkaution der Sicherung von Ansprüchen des Vermieters aus dem Mietvertrag. Dieses Sicherungsbedürfnis entfällt nicht automatisch, wenn die Parteien „getrennte Wege“ gehen. Wird etwa nach Auszug des Mieters eine Nebenkostennachzahlung fällig, kann der Vermieter sie problemlos mit der noch nicht ausbezahlten Mietkaution aufrechnen. Die Aufrechnung seiner Ansprüche mit der Kaution stellt schließlich die einfachste Vorgehensweise für den Vermieter dar, um seine berechtigten Forderungen gegen den Mieter durchzusetzen. Ansonsten müsste er erst vor Gericht ziehen, was weitere Kosten verursachen würde. Auch bestünde die Gefahr, dass beim Mieter nun nichts mehr zu holen ist, z. B. weil er insolvent geworden ist.

Hat der Mieter die Kaution bei Beendigung des Mietverhältnisses noch gar nicht bezahlt, kann rechtlich nichts anderes gelten. Anderenfalls würde der Verstoß des Mieters gegen seine vertragliche Pflicht zur Zahlung der Kaution dazu führen, dass der Vermieter seine Forderungen nicht oder nur noch schwer durchsetzen kann.

Klagt der Vermieter nach Beendigung des Mietvertrags auf Zahlung der Kaution, muss er daher nur schlüssig darlegen, dass er sie zur Sicherung von Forderungen benötigt. Ob die tatsächlich bestehen, wird dagegen in diesem Verfahren nicht geprüft.

Vorliegend konnte der Vermieter schlüssig darlegen, dass er die Kaution benötigt, um Ansprüche gegen die Mieter durchzusetzen. So konnte er z. B. das Abnahmeprotokoll, auf dem die Schäden an der Wohnung explizit aufgelistet waren, und auch das Aufforderungsschreiben vorlegen, mit dem er die Mieter zur Beseitigung der Mängel aufgefordert hatte.

Aufrechnung trotz Verjährung?

Ferner stellte das LG klar, dass die Ansprüche gegen die Mieter trotz Verjährung mit der Kaution aufgerechnet werden durften, vgl. § 215 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Voraussetzung ist dabei lediglich, dass der Anspruch, mit dem aufgerechnet werden soll, noch nicht verjährt war, als theoretisch das erste Mal mit der Kaution hätte aufgerechnet werden können.

Das war hier der Fall: Als die Forderungen auf Schadenersatz und Nebenkostennachzahlung entstanden, hätte der Vermieter theoretisch mit der Kaution aufrechnen können. Das war vorliegend nur deshalb nicht realisierbar, weil der Vermieter nie eine Kaution von seinen Mietern erhalten hatte. Das vertragswidrige Verhalten des Mieters darf jedoch nicht zulasten des Vermieters gewertet werden.

Im Übrigen setzt § 215 BGB nicht voraus, dass die Aufrechnungserklärung bereits zu einem Zeitpunkt abgegeben werden musste, zu dem die Forderung des Vermieters noch durchsetzbar war. Grundsätzlich muss der die Aufrechnung vielmehr erst erklären, wenn der Mieter seine Kaution zurückverlangt, spätestens jedoch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung beim Streit um die Sicherheit. Vorliegend hat der Vermieter die Aufrechnung noch lange vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung – und somit rechtzeitig – erklärt. Damit war die Aufrechnung trotz Verjährung der Forderung möglich.

(LG Wuppertal, Urteil v. 27.08.2015, Az.: 9 S 50/15)

Sandra Voigt                       
Assessorin und Redakteurin bei anwalt.de