Rechtsanwalt Roland Hoheisel-Gruler

Kanzlei im Konsul-Acker-Haus
72488, Sigmaringen
Rechtsgebiete
Familienrecht
04.02.2022

Wer darf das Kind im Abstammungsverfahren vertreten?

In einem Verfahren, bei dem die rechtliche Vaterschaft angefochten wird, stellt sich regelmäßig die Frage, wie und durch wen das Kind im Verfahren vertreten werden kann und darf. Der BGH hat in einem Beschluss vom 24.03.2021 – XII ZB 364/19 = NJW 2021, 1875 seine bisherige Rechtsprechung revidiert. Die hier auftretenden Abgrenzungsfragen bedurften demnach einer Schärfung.

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Die bisherige Rechtsprechung hatte im Wesentlichen unreflektiert ein Bild von Ehe und Familie transportiert gehabt, das in seinen Grundzügen in den 50er-Jahren verhaftet geblieben war. Diese letztlich paternalistische Vorstellung ist nun, obgleich in der Literatur auch in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht kritisiert, gleichsam en passant vom Bundesgerichtshof kassiert worden. Interessanterweise hat dieser eine Formulierung im Rubrum des Beschlusses des OLG Frankfurt zum Anlass genommen, hier grundsätzliche Ausführungen zu machen, obwohl diese Fragestellung im konkreten Fall – auch wegen einer zwischenzeitlichen Eheschließung der Mutter mit dem rechtlichen Vater – gar nicht mehr entscheidungsrelevant gewesen war.

Zu begrüßen ist ausdrücklich, dass es nicht mehr entscheidend auf die Frage einer gemeinsamen elterlichen Sorge ankommt, ob die Mutter das Kind im Verfahren vertreten kann. Entscheidend ist vielmehr, ob es neben der gemeinsamen Sorge weitere Gründe geben könnte, die den Ausschluss des Vertretungsrechts begründen würden. Dabei bleibt eben als einziges taugliches Abgrenzungsmerkmal die gegenseitige Rücksichtnahmepflicht aus § 1353 BGB übrig. Nur hierin kann eine hinreichende Begründung für die Annahme eines generellen Interessenkonflikts der Mutter und Ehefrau gesehen werden. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass die Frage der gesetzlichen Vertretung einen Eingriff in das Elternrecht aus Art. 6 GG darstellen kann. Nach der Wesentlichkeitstheorie des BVerfG bedarf es für einen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Position einer gesetzlichen Grundlage. Eine solche ist im Zusammenhang mit der Vertretungsberechtigung aber gerade nicht zu erkennen.

Ich habe die Rechtslage für AZOFAM dargestellt und die Entscheidung des BGH hierzu eingeordnet. Der Aufsatz ist hier bei juris zu finden.