Rechtsanwalt Ralf Mydlak

Ruge-Mydlak
10627, Berlin
Rechtsgebiete
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Arbeitsrecht Zivilrecht
13.03.2012

FAQ: Beschlussanfechtung bei verspäteter Übersendung des Protokolls

Frage:
Ein Eigentümer erhält das Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung erst  8  Wochen nach der Versammlung. Es enthält einen für ihn nachteiligen Beschluss. Kann der Eigentümer trotz Ablauf der Monatsfrist (§ 23 Abs. 4 WEG) den Beschluss noch anfechten?

Antwort:
Bei einer unverschuldeten Versäumung der Anfechtungsfrist kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden (§ 46 Absatz 1 Satz 3 WEG iVm §§ 233 ff. ZPO). Überwiegend sieht die Rechtsprechung allerdings ein Verschulden des Eigentümers an der Fristversäumung auch dann als gegeben an, wenn die Verwaltung die Niederschrift nicht rechtzeitig vor Ablauf der Monatsfrist übersandt hat (KG Berlin, Beschluss v. 20.1.1999 - 24 W 6942/98, WE 1999 S. 219; OLG Hamm, 22.6.1998 - 15 W 156/98, WE 1999 S. 113). Muss der Eigentümer damit rechnen, dass in der Versammlung ein für ihn nachteiliger Beschluss gefasst wird, ist es ihm bei Ausbleiben des Protokolls zuzumuten, rechtzeitig vor Ablauf der Anfechtungsfrist Erkundigungen einzuholen.

Hinweis:
Möglicherweise macht sich allerdings der Verwalter schadensersatzpflichtig. Zwar schreibt das Gesetz nicht vor, innerhalb welcher Frist die Niederschrift über Beschlüsse iner Versammlung zu erstellen ist. Aber es entspricht ganz herrschender Meinung, dass das Protokoll jedenfalls so rechtzeitig erstellt werden muss, dass
die Eigentümer eine Woche vor Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG von ihr Kenntnis nehmen können (OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 23.8.1990, 20 W 165/90, WuM 1990 S. 461 f.). Alles andere entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Grundsätzlich sind daher Schadensersatzansprüche denkbar, wenn die verspätete Übersendung des Protokolls bei einem Wohnungseigentümer zu einem Schaden geführt hat.