Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
20.12.2010

Weihnachtsgeld trotz Kündigung?

Schließen Bestimmungen eines Arbeitsvertrages, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sind, den Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation aus, wenn sich das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung im gekündigten Zustand befindet, ohne danach zu differenzieren, ob der Grund für die Kündigung im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers liegt, so benachteiligen diese Vertragsbestimmungen den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sind damit gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Grundsätzlich haben Arbeitgeber die Möglichkeit, Arbeitnehmern einen Anspruch auf Weihnachtsgeld vorzuenthalten, wenn diese vor Fälligkeit aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind. Anders als ein dreizehntes Gehalt belohnt ein Weihnachtsgeld je nach tarif- oder arbeitsvertraglicher Ausgestaltung in gewissem Maße die Betriebstreue. Mit einem dreizehnten Gehalt hingegen soll bereits erbrachte Arbeitsleistung bezahlt werden, mit der Folge, dass dieses bei Ausscheiden zeitanteilig zu zahlen ist.

Im hier vorliegenden Fall erhielt die Arbeitnehmerin im Laufe des Novembers die ordentliche Kündigung. Mithin befand sie sich am Monatsletzten im gekündigten Arbeitsverhältnis. Der dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegende Formulararbeitsvertrag sah ein Ende November fälliges Weihnachtsgeld vor. Außerdem enthielt er aber auch folgende Klausel:

„Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn sich das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung in gekündigtem Zustand befindet.“

Dementsprechend verweigerte der Arbeitgeber unter Hinweis auf die vertragliche Regelung die Zahlung des Weihnachtsgeldes, woraufhin die Arbeitnehmerin das Weihnachtsgeld vor dem Arbeitsgericht Bochum einklagte.

Nachdem das Arbeitsgericht der Klage stattgab, unterlag der Arbeitgeber auch im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht. Die 15. Kammer sprach der Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes, da die Ausschlussklausel die Arbeitnehmerin unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteilige und damit unwirksam sei.

Nach den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann der vertragliche Anspruch auf Weihnachtsgeld nicht für alle denkbaren Fälle eines gekündigten Arbeitsverhältnisses schematisch in der gleichen Weise ausgeschlossen werden. So hätte die Klausel, welche unstreitig eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des BGB darstellt, nach dem Anlass einer Kündigung unterscheiden müssen, denn in Fällen, in denen der Arbeitnehmer nicht selbst kündigt und auch nicht durch vertragswidriges Verhalten Anlass zur Kündigung gibt, liegt die Verantwortung für die Kündigung allein beim Arbeitgeber. Da man dem Arbeitnehmer dann aber zu geringe Betriebstreue jedenfalls nicht vorhalten kann, ist der Ausschluss des Weihnachtsgeldanspruchs auch nicht zu rechtfertigen.

LAG Hamm, Urt. v. 16.09.2010

Az.: 15 Sa 812/10

Anmerkung: Hier zeigen sich erneut die Tücken eines Formulararbeitsvertrages.a