Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
12.10.2010

Keine Betriebsratsanhörung „auf Vorrat“

Nach wie vor geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass ein Arbeitgeber das Anhörungsverfahren nach § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) grundsätzlich nicht zu einem Zeitpunkt einleiten darf, in welchem er seine Kündigungsabsicht noch nicht verwirklichen kann beziehungsweise will. In solchen Fällen könne der Betriebsrat nicht zu einem bestimmten Kündigungssachverhalt Stellung nehmen, sondern sich nur gutachterlich zu einem teilweise fiktiven Sachverhalt äußern. Eine solche unzulässige Anhörung auf Vorrat liegt nach Ansicht des Gerichts hingegen nicht vor, wenn der Entschluss zur Kündigung bereits feststeht, lediglich die Entscheidung, ob eine Änderungskündigung oder eine Beendigungskündigung erklärt wird, von einer möglichen Ausübung eines Widerspruchsrechts gegen einen Betriebsübergang durch den Arbeitnehmers abhängt. Hier stehe der Kündigungssachverhalt für beide Alternativen, Widerspruch oder kein Widerspruch, fest. Der Entschluss des Arbeitnehmers, das Arbeitsverhältnis in seiner bisherigen Form nicht mehr fortzusetzen, stehe in diesem Fall unter keinerlei Vorbehalt, sodass eine Anhörung nicht dem Schutzzweck des § 102 Abs. 1 BetrVG widerspreche. BAG, Urt. v. 22.04.2010 Az.: 2 AZR 991/08