Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
13.09.2011

Kein Betriebsübergang bei Arztpraxis

Entsprechend einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts gelten die Betriebsübergangsregelungen grundsätzlich nicht bei einem Wechsel des Arztes in einer Arztpraxis. Den Angestellten droht folglich der Verlust des Arbeitsplatzes, da deren Arbeitsverhältnisse nicht kraft Gesetzes auf den Nachfolger übergehen.

Im Normalfall tritt beim Betriebsübergang der Erwerber eines Betriebs oder Betriebsteils in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, § 613a BGB.

Auf diese Regelung stützte sich im konkreten Fall eine Arzthelferin, nachdem ihre Arbeitgeberin (eine Hausärztin) ihre Praxis an eine jüngere Kollegin verkaufte und diese die Praxis anschließend mit neuem Personal fortführte. Das BAG entschied jedoch zugunsten der neuen Ärztin. Sie müsse die klagende Arzthelferin nicht übernehmen.

Das Wesen einer Arztpraxis mache vorrangig der Arzt selbst und das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinen Patienten aus. In der Regel sei der Arzt der Grund, weshalb Patienten eine Praxis aufsuchen. Zumindest bei Einzelpraxen sei die gesamte Organisation auf die Person des Arztes zugeschnitten, so die Erfurter Richter.

Vor diesem Hintergrund sei der Betrieb der Arztpraxis mit dem Wechsel des Arztes regelmäßig zerschlagen und der Betriebsübergang könne damit nicht mehr stattfinden. Folglich müsse der Nachfolger die Mitarbeiter(-innen) der Vorgängerpraxis auch nicht übernehmen.

Offen ließ das BAG, ob sich einzelne Angestellte einklagen könnte, wenn der Praxisnachfolger die meisten Kolleg(inn)en weiterbeschäftigt. Ferner könne der Sachverhalt bei Praxen anders liegen, die vorrangig aufgrund der dort vorhandenen Geräte (wie in radiologischen oder nuklearmedizinischen Praxen) aufgesucht werden.

BAG, Urt. v. 22.06.2011

Az.: 8 AZR 107/10