Weigert sich ein Arbeitnehmer aus Glaubensgründen, eine bestimmte Arbeit auszuführen, obwohl er arbeitsvertraglich hierzu verpflichtet ist, kann dies grundsätzlich die Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen. Hierzu muss es an einer naheliegenden anderen Beschäftigung im Rahmen der betrieblichen Organisation fehlen, wie das Bundesarbeitsgericht in der vorigen Woche ausführte.
Der folgende Sachverhalt lag der aktuellen Entscheidung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts zugrunde. Der muslimische Kläger war seit 1994 in einem von der Beklagten betriebenen Warenhaus beschäftigt. Ab 2003 wurde der Kläger als Ladenhilfe im Getränkebereich eingesetzt. In diesem Zusammenhang blieb strittig, ob der Kläger auch mit Alkoholika zu tun hatte. Vier Jahre später wurde er in die Frischwarenabteilung versetzt. Nachdem der Kläger jedoch mehrfach erkrankte, stellte sich heraus, dass die tiefen Temperaturen hierfür ursächlich waren, woraufhin die Beklagte den Kläger wieder in die Getränkeabteilung versetzte.
Der Kläger weigerte sich unter Berufung auf seinen muslimischen Glauben, die ihm zugewiesene Tätigkeit auszuüben. Sein Glaube verbiete ihm jeglichen Umgang mit Alkohol. Nachdem die Beklagte in der Folge nicht zur Arbeit bewegen konnte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich und fristgemäß.
Hiergegen ging der Kläger gerichtlich vor. Die Versetzung verstoße gegen sein Grundrecht auf Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG), da nach dem Koran der Umgang mit Alkohol strikt untersagt ist.
Nachdem das Arbeitsgericht die Klage abwies, stellte das Landesarbeitsgericht die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung fest, bestätigte aber die Wirksamkeit der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung. Diese Entscheidung hob das BAG auf die Revision des Klägers auf und verwies die Sache an das Landesarbeitsgericht zurück.
Ob die Arbeitsverweigerung eine Kündigung rechtfertigt, könne nach Ansicht der Bundesrichter noch nicht abschließend entschieden werden sondern bedarf der weiteren Sachaufklärung. Trotzdem stellte das BAG klar, dass die Weigerung eines Arbeitnehmers, eine Arbeit auszuführen, zu der er sich vertraglich verpflichtet hat, grundsätzlich auch dann eine Kündigung rechtfertigen könne, wenn die Weigerung aus religiösen Gründen erfolgt. Voraussatzung sei jedoch, dass keine naheliegenden anderen Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen.
Ein als Ladenhilfe in einem Einzelhandelsmarkt beschäftigter Arbeitnehmer müsse mit der Zuweisung von Arbeitsaufgaben rechnen, die den Umgang mit Alkoholika erfordern. Mache der Arbeitnehmer geltend, aus religiösen Gründen an der Ausübung vertraglich geschuldeter Tätigkeiten gehindert zu sein, müsse er dem Arbeitgeber mitteilen, worin genau die religiösen Gründe bestehen, und aufzeigen, an welchen Tätigkeiten er sich gehindert sieht. Besteht für den Arbeitgeber im Rahmen der von ihm zu bestimmenden betrieblichen Organisation die Möglichkeit einer vertragsgemäßen Beschäftigung, die den religionsbedingten Einschränkungen Rechnung trägt, müsse dieser dem Arbeitnehmer diese Tätigkeit zuweisen.
BAG, Urt. v. 24.02.2011
Az.: 2 AZR 639/09