Lässt eine Gesamtschau nicht erkennen, dass zum Teil Jahre auseinander liegende Vorgänge in einem inneren Zusammenhang gestanden und dazu gedient haben oder auch nur geeignet waren, die Würde des Arbeitnehmers zu verletzen und ein von Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung gekennzeichnetes Umfeld zu schaffen, liegt kein Fall des sogenannten Mobbings im rechtlichen Sinne vor, denn die entsprechenden Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) sind nicht erfüllt.
Die im betreffenden Fall klagende Arbeitnehmerin arbeitete aufgrund einer Vereinbarung aus dem Jahr 2001 hauptsächlich in Telearbeit von zu Hause aus. In den beiden darauffolgenden Jahren versuchten zwei ihrer Vorgesetzten, diese Vereinbarung zu widerrufen. Enden 2003 vereinbarten die Parteien die Fortführung der Telearbeit, wobei sich die Klägerin bereit erklärte, ab März 2004 zwei Tage in der Woche im Büro anwesend zu sein.
Nachdem bei der Klägerin ab Herbst 2007 erhebliche Fehlzeiten auftraten und sie ab Februar 2009 durchgängig arbeitsunfähig krankgeschrieben war, begehrte sie Schmerzensgeld, dessen Höhe sie ins Ermessen des Gerichts stellte sowie Schadensersatz in Höhe von 30.092,50 EUR wegen Mobbings. Sie behauptete, ihre Fehlzeiten beruhten auf posttraumatischen Belastungsstörungen, die auf durch ihre Vorgesetzten im Rahmen des Streits um die Telearbeit zurückzuführen sei.
Ebenso wie das Arbeitsgericht wies auch das Landesarbeitsgericht die Klage ab. Es sei nicht erkennbar, dass die von ihr beanstandeten Vorgänge Verletzungen der Pflicht der beklagten Arbeitgeberin zur Rücksichtnahme auf ihre Persönlichkeit und Gesundheit darstellten. In dem wiederholten Versuch der Vorgesetzten, die Telearbeitsvereinbarung zu widerrufen, sei keine die Klägerin herabwürdigende Behandlung zu sehen. Vielmehr versuchte die Beklagte, im Interesse einer effektiven Aufgabenerledigung die Präsenz der Klägerin im Betrieb zu erhöhen. Einen planmäßigen Schikanecharakter oder eine Zermürbungstaktik ließe sich darin jedenfalls nicht erkennen.
So liege, wie schon das Bundesarbeitsgericht feststellte, nicht in jeder unberechtigten Kritik, überzogenen Abmahnung oder gar unwirksamen Kündigung auch gleichzeitig eine Persönlichkeitsverletzung (BAG Urt. v. 13.03.2008 – 2 AZR 88/07).
LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.06.2010
Az.: 6 Sa 271/10
Anmerkung: Im Hinblick auf die Missbrauchsmöglichkeiten von Mobbingklagen sind die hohen Anforderungen der Rechtsprechung an Inhalt und Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers sehr zu begrüßen.