Sprechen schwerwiegende Interessen dafür, können Streikmaßnahmen, die entgegen der Friedenspflicht durchgeführt werden, mittels einstweiliger Verfügung gerichtlich untersagt werden. Zu diesem Ergebnis kam vor Kurzem das Landesarbeitsgericht Nürnberg. Der Streik um einen Verbandstarifvertrag verletzt die tarifvertragliche Friedenspflicht, soweit die Hauptstreikforderungen in einem Firmentarifvertrag geregelt sind, an dessen Abschluss die streikführende Gewerkschaft beteiligt war.
Im der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war Verfügungsklägerin ein Unternehmen aus dem öffentlichen Personennahverkehr und unterlag als Mitglied des Arbeitgeberverbandes dem mit der Gewerkschaft geschlossenen Verbandstarifvertrag. Daneben bestand zwischen den Verfahrensbeteiligten ein Firmentarifvertrag. Nachdem die Gewerkschaft den Verbandstarifvertrag kündigte, rief sie gegen die Klägerin zu Streikmaßnahmen auf, wobei sie auch Tarifforderungen verfolgte, die Gegenstand des ungekündigten Firmentarifvertrages waren.
Das LAG Nürnberg hat nun der Gewerkschaft zunächst Streikmaßnahmen untersagt, da der Streik auch der Durchsetzung von Hauptforderungen diene, die in dem vorrangigen (weil spezielleren) Firmentarifvertrag geregelt seien. Dadurch verletze die Gewerkschaft die tarifvertragliche Friedenspflicht.
Neben dem Verfügungsanspruch bejahten die Richter auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes, da aufgrund der zu erwartenden Ausfälle der Verkehrsdienstleistungen ein endgültiger Rechtsverlust drohe. Somit sprachen nach einer umfassenden Interessenabwägung im vorliegenden Fall schwerwiegende Interessen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
LAG Nürnberg, Urt. v. 30.09.2010
Az.: 5 Ta 135/10