Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
13.12.2010

Die Tücken des „freiwillig“ gezahlten Weihnachtsgeldes

Eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zeigt einmal mehr, warum bei arbeitsvertraglichen Regelungen zu Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld große Sorgfalt an den Tag gelegt werden sollte. Das oberste deutsche Arbeitsgericht hat erneut einen schriftlich vereinbarten Freiwilligkeitsvorbehalt für unwirksam erachtet und den beklagten Arbeitgeber zur Zahlung verurteilt.

Der klagende Arbeitnehmer erhielt in den Jahren 2002 bis 2007 jeweils ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehalts, wobei der Arbeitgeber bei Auszahlung keinen ausdrücklichen Vorbehalt erklärte. Aufgrund der Wirtschaftskrise verweigerte der Arbeitgeber unter dem Hinweis auf die arbeitsvertragliche Freiwilligkeitsklausel die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2008.

Die im Arbeitsvertrag enthaltende Klausel hatte folgenden Wortlaut: “Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.”

Diese Klausel erklärte der 10. Senat für unklar und damit insgesamt für unwirksam, sodass der Arbeitgeber auch für das Jahr 2008 Weihnachtsgeld zahlen muss.

Diesbezüglich führten die Richter aus, dass ein klar und verständlich formulierter Freiwilligkeitsvorbehalt zwar einen zukünftigen Sonderzahlungsanspruch ausschließt. Dies gilt aber nicht, wenn dieser als Allgemeine Geschäftsbedingung formulierte Vorbehalt mehrdeutig ist und somit gegen § 307 BGB verstößt, denn eine unklare oder intransparente Arbeitsvertragsklausel ist nicht geeignet, das Entstehen eines zukünftigen Rechtsanspruchs zu verhindern.

Bereits in früheren Entscheidungen zeigte das BAG auf, dass sich die Formulierungen „freiwillig“ und „Widerruf“ inhaltlich nicht miteinander vereinbaren lassen. So lässt der Freiwilligkeitsvorbehalt einen Zahlungsanspruch gar nicht erst entstehen, während ein Widerruf einseitig einen bestehenden Anspruch beseitigt.

Damit sei auch im vorliegenden Fall die Klausel nicht geeignet, das mehrfache, tatsächliche Erklärungsverhalten des Arbeitgebers hinreichend zu entwerten. Sie ziele nicht eindeutig darauf ab, einen künftigen Rechtsanspruch zu verhindern sondern könne genauso gut dahingehend verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber aus freien Stücken zur Zahlung verpflichten wollte. Außerdem setze der vorbehaltene Widerruf einen entstandenen Anspruch voraus.

BAG, Urt. v. 08.12.2010

Az.: 10 AZR 671/09

Praxistipp: Achten Sie bei der Vereinbarung eines Freiwilligkeitsvorbehalts auf eine korrekte Formulierung.