Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
23.01.2012

Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung muss rechtzeitig erfolgen

Der § 6 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) enthält im Vergleich zur ordentlichen Gerichtsbarkeit die arbeitsrechtliche Besonderheit, dass im Kündigungsschutzprozess die Argumente für die Unwirksamkeit einer Kündigung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht beziehungsweise nachgeschoben werden können, aber auch müssen. Gemäß Satz 2 dieser Norm muss das Arbeitsgericht auf diesen Umstand hinweisen. Wie das Bundesarbeitsgericht nun entschied, genügt hierfür das Gesetzeszitat in der Ladung zur Güteverhandlung.

Aus diesem Grund scheiterte eine gegen ihre Kündigung klagende Arbeitnehmerin in der zweiten Instanz. In der ersten Instanz belehrte sie das Arbeitsgericht mit der Widergabe des Wortlauts des § 6 KSchG in der Ladung zur Güteverhandlung, dass Klagegründe bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nachgeschoben werden können, anschließend jedoch nicht mehr.

Nachdem die Arbeitnehmerin in erster Instanz unterlag, legte sie  beim Landesarbeitsgericht Berufung ein und begründete diese mit einem weiteren bis dahin noch nicht vorgetragenen Argument. So meinte sie, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß gehört worden. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigte diesen nachgeschobenen Grund nicht und wies die Klage ab.

Die hiergegen gerichtete Revision wies das BAG zurück. Durch die Wiedergabe des Gesetzeswortlautes des § 6 Satz 1 KSchG habe das Arbeitsgericht seiner Hinweispflicht auf die verlängerte Anrufungsfrist genügt. Daher hatte der 6. Senat auch nicht zu entscheiden, ob die Kündigung wegen unzureichender Anhörung des Betriebsrats unwirksam war.

BAG, Urt. v. 18.01.2012
Az.: 6 AZR 407/10

Anmerkung: Der Sachverhalt legt den Schluss nahe, dass die Klägerin in der ersten Instanz nicht anwaltlich vertreten war. Der Ausgang des Verfahrens zeigt, dass dies nicht zu empfehlen ist.