Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
27.10.2010

Bagatellkündigung scheitert erneut

Der Versuch eines Arbeitgebers, einen seit 30 Jahren beschäftigten Arbeitnehmer, der auch Betriebsratsmitglied ist, außerordentlich zu kündigen, weil dieser drei Schrauben verschenkte, schlug fehl. Der Betriebsrat verweigerte die erforderliche Zustimmung und auch die klageweise Durchsetzung beim Arbeitsgericht Bonn hatte keinen Erfolg.

Der 50-jährige Arbeitnehmer hatte einem ehemaligen Mitarbeiter auf dessen Wunsch hin drei Schrauben aus der Materialausgabe im Wert von je 28 Cent geschenkt. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, reagierte er sofort und forderte vom Betriebsrat die Zustimmung zur fristlosen Kündigung. Ohne dessen Zustimmung ist die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nicht möglich. Der Betriebsrat verweigerte jedoch seine Zustimmung. Daraufhin wollte der Arbeitgeber die Zustimmung vor dem Arbeitsgericht erstreiten.

Das Arbeitsgericht Bonn lehnte dies in Anlehnung an oft zitierte „Emmely-Entscheidung“ ab. Zwar sei es grundsätzlich nicht rechtswidrig bei Betrug, Diebstahl oder Unterschlagung eine sofortige Kündigung auszusprechen. Die Höhe der entwendeten Geldbeträge oder Materialien sei aber stets zu berücksichtigen. Außerdem müsse eine langjährige Betriebszugehörigkeit in einer vorzunehmenden Abwägung mit einbezogen werden.

So habe es zwischen beiden Prozessbeteiligten eine über lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung gegeben. Eine erstmalige Vertrauenstäuschung müsse dieses Verhältnis nicht unwiederbringlich zerstören. Außerdem habe der 50-Jährige seinen Fehler sofort zugegeben und sich einsichtig gezeigt, was ihm ebenfalls zugute zu halten ist.

Anmerkung: Und so zieht die Emmely-Entscheidung ihre Kreise…

ArbG Bonn, Beschl. v. 21.10.2010

Az.: 1 BV 47/10