Leiharbeitnehmer sind hinsichtlich ihres Equal-Pay-Anspruchs gegenüber dem Verleiher nicht an tarifliche Ausschlussfristen gebunden, die im Entleihbetrieb gelten. Wie die Richter des Bundesarbeitsgerichts vor kurzem entschieden, gehören Ausschlussfristen nach unionsrechtskonformer Auslegung nicht zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen im Sinne des § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), die der Verleiher den Leiharbeitnehmern zu gewähren hat.
Nach den Regelungen des AÜG gelten in der Arbeitnehmerüberlassung grundsätzlich das Equal-Pay- beziehungsweise das Equal-Treatment-Gebot, wonach für Leiharbeitnehmer die wesentlichen Arbeitsbedingungen der vergleichbaren Stammbelegschaft gelten. Nachdem der erste Senat des BAG in seinem Urteil zur Tariffähigkeit der CGZP die Frage hinsichtlich der Geltung von Ausschlussfristen offenließ, hat diese der fünfte Senat nun entschieden.
Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde. Der Kläger wurde von der Beklagten einige Jahre bei einem tarifgebundenen Unternehmen als Leiharbeitnehmer eingesetzt. Nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses machte der Kläger eine Vergütungsnachzahlung für mehrere Jahr geltend, denn der Verleiher habe ihm eine geringere Vergütung geleistet, als der Stammbelegschaft vom Entleihbetrieb gezahlt wurde. Der konkrete Arbeitsvertrag enthielt für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen keine Ausschlussfrist, für die Stammbelegschaft gilt jedoch eine im Tarifvertrag geregelte dreimonatige Verfallklausel. Da der Kläger seine Forderungen erst nach Ablauf der drei Monate schriftlich geltend machte, war die entscheidende Frage, ob die tarifvertragliche Ausschlussfrist die Ansprüche des Klägers untergehen ließ.
Das Landesarbeitsgericht München hielt die Ausschlussfrist für einschlägig und hat die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat das BAG die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Die Bundesrichter sind der Auffassung, im Entleihbetrieb geltende Ausschlussfristen nicht zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen, mit der Folge, dass die Entgeltansprüche des Klägers nicht untergegangen sind. Es bleibt nun vom Landesarbeitsgericht festzustellen, ob mit dem Kläger hinsichtlich Qualifikation und Tätigkeit vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleiherunternehmens ein insgesamt höheres Entgelt als der Kläger erzielten.
BAG, Urt. v. 23.03.2011
Az.: 5 AZR 7/10
Anmerkung: Der Volltext der Entscheidung wird in einigen Wochen veröffentlicht. Trotzdem lassen sich die Folgen der Entscheidung bereits festhalten. Leiharbeitgeber, die aufgrund des CGZP-Urteils erheblichen Differenzlohnklagen ausgesetzt sind, können nicht auf die Geltung von Ausschlussfristen der Entleihbetriebe hoffen. Damit dürfte sich das Insolvenzrisiko für viele weiter vergrößert haben.