Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
28.12.2010

Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Sinn und Zweck des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ist grundsätzlich der Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses. Vordergründig soll also nicht die Zahlung einer Abfindung erreicht werden. Allerdings schließt sich das KSchG auch nicht vor Fällen die Augen, in denen dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer die Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist, nachdem das Gericht im Kündigungsschutzprozess die Sozialwidrigkeit der Kündigung festgestellt hat. Aus diesem Grund sieht § 9 Abs. 1 KSchG für Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit vor, unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag das Arbeitsverhältnis durch Urteil aufzulösen. In diesem Fall wird dem Arbeitnehmer eine angemessene Abfindung zugesprochen.

Voraussetzung ist zunächst, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die mit der Kündigungsschutzklage abgegriffene Kündigung nicht aufgelöst worden ist, weil sie nicht sozial gerechtfertigt ist. Folglich hat der Arbeitnehmer eine ordnungsgemäße Kündigungsschutzklage zu erheben, mit einem Auflösungsantrag kann er sich nicht gegen die Kündigung wehren. Rügt der Arbeitnehmer in der Kündigungsschutzklage (gemäß § 6 KSchG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung) nicht die soziale Rechtfertigung, sondern sonstige Unwirksamkeitsgründe wie Nichtbeteiligung des Betriebsrats, scheidet eine Auflösung nach § 9 KSchG aus.

Weiter setzt § 9 Abs. 1 KSchG voraus, dass entweder dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist (Satz 1), oder dass Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen (Satz 2). Im Ergebnis kommt eine Auflösung vorwiegend in Betracht, wenn im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses weitere Spannungen zwischen den Verfahrensbeteiligten hinzutreten, die eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses unüberbrückbarer Differenzen sinnlos erscheinen lassen.

Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfolgt nur auf Antrag einer Partei und der Antrag ist zu begründen. Dabei muss die antragstellende Partei darlegen, warum eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist beziehungsweise die weitere gedeihliche Zusammenarbeit ausscheidet. Zur schlüssigen Begründung muss der Antragsteller konkrete Tatsachen vortragen, floskelartige Redewendungen wie Wegfall der Vertrauensgrundlage genügen an sich nicht. Der Antrag auf Auflösung kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung (auch in der Berufungsinstanz) gestellt werden.

Wird das Arbeitsverhältnis dann aufgelöst, setzt da Arbeitsgericht zugleich eine Abfindung nach pflichtgemäßem Ermessen fest. Diese muss nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG angemessen sein und ist in § 10 KSchG ansatzweise geregelt. Außerdem sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Maßgeblich sind insbesondere soziale Faktoren wie Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit und auch die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers, nicht aber des Arbeitnehmers.

In erster Linie stellt die Abfindung einen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes dar. Bedeutung hat aber auch das Maß der Sozialwidrigkeit der Kündigung, denn der Abfindung kommt ferner eine Sanktionsfunktion zu, da ungerechtfertigten Kündigungen vorgebeugt werden soll.