Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
04.02.2011

7.000 € Entschädigung wegen unzulässiger Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Ist der Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz einer permanenten Videoüberwachung ausgesetzt, stellt dies in der Regel einen unverhältnismäßigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht dar und macht den Arbeitgeber schadensersatzpflichtig. Andernfalls bliebe die Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne Sanktion und der Rechtsschutz der Persönlichkeit würde verkümmern, so das Hessische Landesarbeitsgericht.

Die Klägerin ist beim Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Über der Eingangstür des Büros der Klägerin hatte der Arbeitgeber eine Kamera montiert, die nicht nur auf den Eingangsbereich sondern auch auf den Arbeitsplatz der Klägerin gerichtet war. Trotz Widerstands der Klägerin gegen die Anbringung derVideokamera ließ der Beklagte sich nicht davon abbringen und überwachte die Klägerin mindestens seit Juni 2008.

Im Oktober 2008 erhob die Klägerin Schadensersatzklage wegen der Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Der beklagte Arbeitgeber brachte vor, die Kamera sei nicht ständig in Funktion gewesen und lediglich zur Sicherheit der Mitarbeiter installiert worden, da es in der Vergangenheit schon zu Übergriffen auf Mitarbeiter gekommen sei. Das Arbeitsgericht verurteilte den Beklagten in erster Instanz zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 15.000,00 EUR. In der Berufungsinstanz bestätigte das Landesarbeitsgericht die Entscheidung zwar im Grundsatz, reduzierte die Entschädigungssumme aber auf 7.000,00 EUR.

Das Landesarbeitsgericht bewertete die Videoüberwachung als einen unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Als milderes Mittel wäre dem Beklagten die Ausrichtung der Kamera nur auf den Eingangsbereich der Büros möglich gewesen. Diesbezüglich sei auch unerheblich, dass die Kamera nur zeitweise in Betrieb war. Aufgrund der Unsicherheit darüber, ob die Kamera tatsächlich aufzeichne oder nicht, sei die Klägerin einem ständigen Anpassungs- und Überwachungsdruck ausgesetzt gewesen. Diesen habe sie nicht hinnehmen müssen, da sie sich bereits frühzeitig gegen die Installation der Videokamera gewandt hatte.

Es handele sich vorliegend um eine schwerwiegende und hartnäckige Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts, welche die Verurteilung zu einer Entschädigung in Höhe von 7.000,00 EUR rechtfertige. Die Zubilligung einer Geldentschädigung bei solch schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen beruhe auf dem Gedanken, dass andernfalls Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben, was die Verkümmerung des Rechtsschutzes der Persönlichkeit zur Folge hätte. Bei der Entschädigung stehe regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund.

Hessisches LAG, Urt. v. 25.10.2010

Az.: 7 1586/09