Erst wenn ein Schwerbehinderter dem Sozialhilfeträger einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „G“ (Gehbehinderung) oder den vorausgegangenen Bescheid des Versorgungsamtes vorlegt, ist ein Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 SGB XII zu gewähren. Leistungen für davor liegende Zeiträume kommen nicht in Betracht. Dies hat das Sozialgericht Wiesbaden in einem akzuell veröffentlichen Urteil entschieden.
Dem schwerbehinderten Kläger war vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung von 100 und das Merkzeichen „G“ rückwirkend für den Zeitraum ab Dezember 2008 zuerkannt worden. Einen entsprechenden Schwerbehindertenausweis erhielt der Kläger erst im Juli 2010 und legte den Ausweis beim zuständigen Sozialhilfeträger vor.
Daraufhin wurde dem Wiesbadener ein Mehrbedarf von monatlich 61,03 Euro ab Juli 2010 gewährt. Die Behörde war der Meinung, dass eine rückwirkende Leistung nicht in Betracht komme und verwies auf eine frühere Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil v. 10.11.2011, B 8 SO 12/10 R).
Die Entscheidung ist rechtmäßig urteilten die Wiesbadener Richter. Auch nach der neuen Fassung des § 30 SGB XII, die ab dem 07.12.2006 gelte, sei auf den Zeitpunkt der Vorlage des Schwerbehindertenausweises oder des Versorgungsamtsbescheides abzustellen. Das Gesetz stelle eindeutig auf die Vorlage beim Sozialhilfeträger ab und nicht auf die Begründung im Versorgungsamtsbescheid. Bis zur Vorlage bestehe deshalb kein Anspruch auf den begehrten Mehrbedarfszuschlag. Dies habe der Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung so geregelt.
SG Wiesbaden, Az.: S 30 SO 47/12; PM vom 26.05.2014
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04.06.2014