Ein Gynäkologe darf eine Patientin mit Unterleibsschmerzen nach dem Ausschluss eines pathologischen, gynäkologischen Befundes zur weiteren Abklärung an einen Urologen überweisen und muss zunächst keine weitergehenden Untersuchungen veranlassen. Er haftet nicht, wenn die Patientin ihn in der Folgezeit nicht erneut kontaktiert und später aufgrund eines erst ca. 6 Monate nach der gynäkologischen Behandlung diagnostizierten Darmkarzinoms verstirbt. Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 21.05.2013 unter Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Bielefeld entschieden.
Die seinerzeit 50 Jahre alte Patientin aus Lübbecke ließ sich aufgrund von Unterleibsschmerzen im Oktober 2007 vom beklagten Gynäkologen aus Lübbecke behandeln. Nach der Abklärung gynäkologischer Fragestellungen, die keinen pathologischen Befund ergaben, überwies der Beklagte die Patientin an einen Urologen, der in einem an den Beklagten und den Hausarzt der Patientin gerichteten Arztbrief zu einer weiteren Darmuntersuchung riet. Beim Beklagten stellte sich die Patientin nicht weiter vor. Im April 2008 ließ die Patientin aufgrund zunehmender Schmerzen eine Darmspiegelung durchführen, in deren Folge ein Darmkarzinom festgestellt wurde. An dieser Erkrankung verstarb die Patientin im Jahre 2010.
Die die Patientin beerbenden Kinder haben vom Beklagten Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 € mit der Begründung verlangt, der Beklagte habe behandlungsfehlerhaft weitergehende Untersuchungen ihrer Mutter durch CT/MRT bzw. eine Darmspiegelung unterlassen. Bei fachgerechtem Vorgehen wäre das Karzinom früher festgestellt worden und eine Heilung der Mutter möglich gewesen.
Der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat das Schadensersatzbegehren abgewiesen. Der Beklagte habe die Mutter der Kläger nicht fehlerhaft behandelt. Auf seinem gynäkologischen Fachgebiet sein ihm kein Behandlungs- oder Befunderhebungsfehler vorzuwerfen. Dass es der Beklagte fehlerhaft unterlassen habe, eine weitere medizinische Abklärung zu veranlassen, lasse sich nicht feststellen. Das gelte selbst dann, wenn der Beklagte nicht aufgrund einer hausärztlichen Überweisung tätig geworden sei, sondern die Primärbehandlung der Patientin übernommen habe. Der Beklagte habe die Patientin nach den gynäkologischen Untersuchungen an den Urologen überweisen dürfen, dieses Fachgebiet habe abgeklärt werden müssen. Darüber hinaus sei nicht festzustellen, dass es der Beklagte versäumt habe, die Patientin zur Kontrolle nach der urologischen Untersuchung einzubestellen. Nach der Behandlung habe der Beklagte abwarten und, nachdem die Patientin bei ihm nicht erneut vorstellig geworden sei, annehmen dürfen, dass sich ihre Beschwerden gebessert hätten.
Urteil des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 21.05.2013 (26 U 140/12); PM vom 25.06.2013
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02.07.2013