Bei Schülerinnen und Schülern wird im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen (§ 28 Abs. 5 SGB II - Bedarfe für Bildung und Teilhabe).
Der 2002 geborene Antragsteller lebt bei seinem Vater und beide beziehen laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der minderjährige Antragsteller leidet unter einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS) und hat seit 2010 vom zuständigen Jobcenter teilweise Leistungen zur Lernförderung erhalten. Derzeit besucht er die Klassenstufe 6 einer Oberschule. Nach Ansicht der Klassenleiterin bestehe Lernförderbedarf in den Fächern Mathematik und Deutsch und - wenn Lernförderung erbracht werde - eine positive Versetzungsprognose.
Das Jobcenter hat dies abgelehnt, weil eine kontinuierliche Nachhilfeleistung gesetzlich nicht gewollt sei. Zudem könne zu Beginn des 6. Schuljahres noch keine Prognose über die weitere Notwendigkeit der Lernförderung getroffen werden.
Das Sozialgericht Dresden hat das Jobcenter im gerichtlichen Eilverfahren verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 18.09.2014 bis 28.02.2015 (derzeit laufender Bewilligungszeitraum) vorläufig jeweils zwei Unterrichtsstunden in der Woche für Nachhilfe in Mathematik und Deutsch zu gewähren.
Das Sächsische LSG hat diese Entscheidung bestätigt.
Dem Antragsteller drohten ohne weitere Lernförderung wesentliche Nachteile. Nach den Stellungnahmen u.a. seiner Klassenleiterin sowie der Nachhilfelehrer sei eine kontinuierliche Lernförderung nötig, um den Lernerfolg zu sichern und damit die Versetzung zu erreichen. Die Entwicklung des Antragstellers in der Vergangenheit belege, dass er unter Inanspruchnahme der außerschulischen Lernförderung ausreichende Lernergebnisse erzielt und die Versetzung in die jeweils nächste Klassenstufe und perspektivisch ein Schulabschluss wahrscheinlich ist. Der Lernförderbedarf könne schon im ersten Schulhalbjahr festgestellt werden. Dafür, dass – wie das Jobcenter meint – objektiv ein Schulabschluss nicht erreicht werden könne und deshalb ein Wechsel in die Förderschule zwingend sei, spreche schon aufgrund der positiven Lernprognose im Fall des Antragstellers nichts.
Die Integration des Antragstellers in der Regelschule sei bislang gelungen, so dass der vom Antragsgegner wohl präferierte Wechsel in eine Schule zur Lernförderung gerade nicht angezeigt sei. Soweit das Jobcenter befürchte, der Antragsteller werde nach einem „nur“ mit Nachhilfeleistungen erworbenen Schulabschluss bei einer Berufsausbildung auf steuerfinanzierte Leistungen angewiesen sein, sei diese Gefahr ohne Schulabschluss für den Antragsteller wohl ungleich höher.
Sächsisches Landessozialgericht, 18.12.2014, Az. L 2 AS 1285/14 B ER; PM v. 22.12.2014
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26.01.2015