Wenn ein Pharmaunternehmen beim Gemeinsamen Bundesausschuss den Antrag stellt, ein Arzneimittel in die Liste der Medikamente aufzunehmen, die trotz fehlender Verschreibungspflicht ausnahmsweise zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden dürfen, muss der Gemeinsame Bundesausschuss darüber umfassend entscheiden. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss bei der Bearbeitung des Antrags der Firma B. in Bezug auf Buscopan® nicht hinreichend beachtet und muss deshalb prüfen, ob dieses Medikament als Standardtherapeutikum bei schweren und schwersten spastischen Abdominalbeschwerden in die Liste aufzunehmen ist. Das hat der 6. Senat des Bundessozialgerichts am 14. Mai 2014 entschieden.
Das klagende Pharmaunternehmen ist berechtigt, die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses, ein (nur) apothekenpflichtiges Medikament nicht in die Liste der ausnahmsweise verordnungsfähigen Arzneimittel aufzunehmen, anzufechten und die gerichtliche Feststellung zu erwirken, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Liste entsprechend ergänzen muss. Dabei ist der Gemeinsame Bundesausschuss berechtigt, die Verordnungsfähigkeit an bestimmte Voraussetzungen zu binden, etwa an das Vorliegen besonders schwerer Krankheitsverläufe oder an erfolglose Versuche der Behandlung der Erkrankung auf andere Weise. Deshalb können die Gerichte dem Gemeinsamen Bundesausschuss grundsätzlich keine bestimmte Fassung der Arzneimittelrichtlinie vorschreiben.
Soweit der Gemeinsamen Bundesausschuss Buscopan® nicht generell auf der Grundlage des § 34 Abs 1 SGB V für die Behandlung des Reizdarmsyndroms und der spastischen Beschwerden bei dieser Krankheit in der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen hat, ist dessen Entscheidung nicht zu beanstanden. Diese Krankheitsbilder beschreiben nicht per se eine "schwerwiegende" Erkrankung im Sinne des Gesetzes. Das kann bei "schweren und schwersten spastischen Abdominalbeschwerden" jedoch anders sein. Da sich der Gemeinsame Bundesausschuss nach seiner Einlassung im Verfahren vor dem Landessozialgericht zumindest nicht ausdrücklich mit der Frage befasst hat, ob Buscopan® bei diesen Diagnosen und unter Berücksichtigung der für den Arzt zur Verfügung stehenden therapeutischen Alternativen sowie möglichweise zusätzlicher Voraussetzungen (Erfolglosigkeit anderer Behandlungen) Therapiestandard sein kann, muss der Gemeinsame Bundesausschuss darüber noch entscheiden. Das Begehren der Klägerin, Buscopan® generell für verordnungsfähig zu erklären, ist dagegen nicht begründet.
BSG, 14.05.2014, Az. B 6 KA 21/13 R; PM 11/14
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16.05.2014