Die gesetzlichen Krankenkassen können in ihren Satzungen zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen – auch zur künstlichen Befruchtung – für ihre Mitglieder vorsehen. Dies gelte jedoch nicht für die Kryokonservierung, mit welcher Ei- und Samenzellen tiefgefroren und als Fruchtbarkeitsreserve für Jahre oder Jahrzehnte zwischengelagert werden. Hierbei handele es sich nicht um eine „zusätzliche“, sondern um eine „andere“ Leistung, die nicht kraft Satzungsrecht bezuschusst werden dürfe. Dies entschied der 1. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.
Eine Betriebskrankenkasse (BKK) wollte per Satzung ihren Versicherten mit nachgewiesener Krebserkrankung einen Zuschuss in Höhe von maximal 1.200 € zu den Kosten einer Kryokonservierung gewähren. Das Bundesaufsichtsamt versagte die Genehmigung der Satzungsänderung. Nach den „Richtlinien über die künstliche Befruchtung“ des Gemeinsamen Bundesausschusses seien Leistungen ausdrücklich ausgeschlossen, die über die künstliche Befruchtung hinausgingen. Dies gelte auch für die Kryokonservierung von Samenzellen, imprägnierten Eizellen oder noch nicht transferierten Embryonen.
Die BKK klagte vor dem Hessischen Landessozialgericht. Dass die Kryokonservierung nicht von den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erfasst werde, bedeute nicht, dass eine gesetzliche Krankenkasse diese Methode satzungsrechtlich nicht bezuschussen könne, so die Begründung der BKK.
Die Darmstädter Richter gaben dem Bundesaufsichtsamt Recht. Die Krankenkassen könnten zwar zusätzliche Leistungen auch zur künstlichen Befruchtung als Satzungsleistung erbringen. Dies gelte jedoch nicht für neue Leistungen, die keine Weiterentwicklung der Regelversorgung darstellten. Grundsätzlich lege das Gesetz selbst die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung fest. „Soweit die einzelne Krankenkasse selbst ausnahmsweise Leistungen ausgestalten darf, will der Gesetzgeber damit nicht quasi einen Freibrief ausstellen, um ein gesetzesunabhängiges Leistungsrecht kraft Satzung zu schaffen.“ Für den Bereich der künstlichen Befruchtung würden die Krankenkassen nur zu zusätzlichen Satzungsleistungen ermächtigt, die gerade durch die entsprechende Vorschrift (hier: § 27a SGB V) geprägt seien. Der Begriff „Künstliche Befruchtung“ erfasse nur Maßnahmen, die dem einzelnen natürlichen Zeugungsakt entsprechen und unmittelbar der Befruchtung dienen würden. Hierzu gehörten Kryokonservierung und Lagerung von Samenzellen oder vorsorglich gewonnenen Eizellen nicht.
LSG Hessen, 28.04.2016, Az.: L 1 KR 357/14 KL; PM v. 18.05.2016
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30.05.2016