Wer infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), § 1 Abs. 1 S. 1 OEG.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, d.h. das Vorliegen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs, das Vorliegen einer gesundheitlichen Schädigung und das Vorliegen gesundheitlicher bzw. wirtschaftlicher Folgen müssen grundsätzlich im Sinne eines Vollbeweises erwiesen sein; ist dies nicht der Fall, geht dies in der Regel zu Lasten desjenigen, der Opferentschädigungsleistungen nach dem OEG i.V.m. BVG begehrt. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Gesundheitsschädigung und verbleibenden Folgen muss hingegen (lediglich) wahrscheinlich sein.
Für Opfer problematisch ist die Erforderlichkeit des Vollbeweises der anspruchsbegründenden Tatsachen häufig dann, wenn - aus welchem Grunde auch immer - keine Zeugen (mehr) existieren, keine anderweitigen behördlichen oder gerichtlichen oder ärztlichen Akten (mehr) vorliegen. In diesen Fällen kann ausnahmsweise und beweiserleichternd die bloße Glaubhaftmachung ausreichend sein:
"Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen" (§ 15 KOVVfG, § 6 Abs. 3 OEG).
Die Regelung des § 15 KOVVfG kommt also erst und immer dann zum Tragen, wenn der Verletzte Angaben zum Sachverhalt machen kann und keine sonstigen objektiven Beweismittel zur Verfügung stehen. Zu Gunsten des Opfers ist ggf. der anspruchsvolle Vollbeweis im Falle der Beweisnot nicht erforderlich, sondern eine Glaubhaftmachung ausreichend.
Artikel
28.01.2015