Im Personalausweis steht als Geburtsdatum 1978, nach ihrem Sozialversicherungsausweis ist eine Gießenerin aber 1981 geboren. Damit wollte die Frau türkischer Herkunft, die seit 2006 die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, nicht länger leben. Sie werde ständig von Ärzten, Arbeitgebern, Krankenkassen und ähnlichen Einrichtungen auf die unterschiedlichen Geburtsdaten angesprochen und dies sei überaus lästig. Bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen beantragte sie daher eine Änderung ihrer Versicherungsnummer, in der das in ihren Augen falsche Geburtsdatum enthalten ist. Zu der Eintragung dort und der Ausstellung des Sozialversicherungsausweises war es im April 2000 gekommen, weil bei der Einreise in die Bundesrepublik der türkische Pass das Geburtsdatum 1981 aufwies. Dann stellte ein türkisches Zivilgericht 2004 in einem rechtskräftigen Beschluss fest, das Geburtsdatum „1981“ sei falsch gewesen sei und müsse in „1978“ geändert werden. Die deutschen Behörden akzeptierten diese Entscheidung, nicht aber die Deutsche Rentenversicherung.
Sie bezog sich auf eine 1998 in Kraft getretene Regelung, § 33a SGB I, wonach dann, wenn Rechte und Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, das Geburtsdatum maßgebend ist, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger ergibt. Bei der Ausstellung des Sozialversicherungsausweises im April 2000 habe die Versicherte aber noch das zu diesem Zeitpunkt in ihrem Pass eingetragene Geburtsdatum angegeben gehabt. Dieses Datum sei somit maßgebend. Zwar sehe das Gesetz eine Ausnahme hiervon dann vor, wenn ein Schreibfehler vorliege oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe ausgestellt worden sei, ein anderes Geburtsdatum ergebe. Einen solchen Beweis habe die Versicherte aber nicht erbracht.
Das Sozialgericht Gießen bestätigte nun die Entscheidung der Rentenversicherung. Mit der gesetzlichen Regelung habe der Gesetzgeber die Anknüpfung an das „wahre“ Geburtsdatum aufgegeben und -zur Vermeidung einer dafür besonders verwaltungsintensiven Prüfung und um missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen vorzubeugen - das für die Sozialversicherung geltende Geburtsdatum eigenständig definiert. Dagegen bestünden auch keine verfassungsrechtlichen oder europarechtlichen Bedenken. Die Vorschrift sei eindeutig, die Klägerin müsse daher weiter mit zwei Geburtsdaten leben.
Sozialgericht Gießen, Urteil vom 27.11.2013, Az.: S 4 R 286/10; PM vom 17.12.2013
Artikel
20.12.2013