Die Nutzung von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren sei insgesamt zu begrüßen. So lautete der Tenor unter den neun geladenen Experten in einer Anhörung des Rechtsausschusses am Montagnachmittag. Anlass war ein Gesetzentwurf (17/1224) des Bundesrates zur Intensivierung des Einsatzes derartiger Technik in deutschen Gerichten. Der Entwurf erweitere die Möglichkeit, Zeugen, Sachverständige und Dolmetscher durch Bild- und Tonübertragung zu hören, schreibt die Länderkammer. Die Zuschaltung per Videokonferenztechnik erspare Reisen von Prozessbeteiligten, auf deren persönliche Anwesenheit es in aller Regel nicht ankomme, argumentiert die Länderkammer. Durch eingesparte Reisekosten und reduzierten Zeitaufwand werde der Prozess so insgesamt kostengünstiger. Das vorliegende Gesetz erweitere videogestützte Prozesshandlungen konsequent auf zahlreiche Bereiche unterschiedlicher gerichtlicher, aber auch staatsanwaltschaftlicher Verfahren. Die Entscheidung, ob solche Technik zum Einsatz komme, liege dabei immer beim Gericht selbst, heißt es in der Vorlage weiter.
Ulrike Stahlmann-Liebelt von der Staatsanwaltschaft Flensburg berichtete in der Anhörung von den Erfahrungen mit dem Einsatz von Videokonferenztechnik an Gerichten in Schleswig-Holstein. Dort werde sie bereits seit Mitte der 1990er Jahre standardmäßig zur Aufzeichnung der Vernehmungen der Opfer von Sexualdelikten eingesetzt. Die Erfahrungen seien ausgezeichnet, die Aufzeichnung erspare Opfern Mehrfachvernehmungen und habe somit „im Sinne des Opferschutzes sehr viel gebracht“. Deshalb müsse auch immer auf die Möglichkeiten der Aufzeichnung, nicht nur die der Übertragung hingewiesen werden, sagte Stahlmann-Liebelt weiter.
Andreas Wimmer, Leitender Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft München, verwies auf das Internetportal www.justiz.de. Dort seien alle Videokonferenzanlagen in Deutschland mit Ansprechpartnern und deren Kontaktdaten verzeichnet. Somit könne er Bedenken zerstreuen, dass jemand nicht wisse, ob und wie die Technik funktioniere. Jeder könne sich direkt an den jeweiligen Ansprechpartner wenden. In Bayern, sagte Wimmer weiter, werde die Technik bereits an allen Oberlandesgerichten, in vier Justizvollzugsanstalten und in mehr als zehn weiteren Gerichten genutzt. Der Richter könne sogar beispielsweise in das Gesicht eines Angeklagten zoomen und so ein mögliches Zittern wahrnehmen, wie bei einer persönlichen Vernehmung. Sogar zur Vernehmung von V-Leuten werde die Videokonferenztechnik in Bayern genutzt. Dann allerdings „werden sowohl Bild, als auch Ton verfremdet“, erklärte Wimmer.
Ulrich Schwenkert, Vorsitzender Richter am Finanzgericht Berlin-Brandenburg, sagte, dass es im Osten Deutschlands zwar nicht viele dieser Anlagen gebe. Allerdings befinde sich eine in Cottbus, die sogar von ausländischen Gerichten, zuletzt aus Portugal, genutzt werde. Der Bedarf sei – zumindest international – also vorhanden.
Der Bundesrat hatte schon einmal im Januar 2008 einen ähnlichen Gesetzentwurf (16/7956) vorgelegt, sich aber mit dem Anliegen nicht durchsetzen können. Die Bundesregierung begrüßte in ihrer Stellungnahme das Anliegen der Länder, durch Einsatz von moderner Technik die Teilnahme an gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren für die Beteiligten zu erleichtern.
hib Nr. 014 vom 14.01.2013
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14.01.2013