Entscheidet das Mitglied eines Widerspruchsausschusses der Berufsgenossenschaft über den Widerspruch eines Versicherten gegen die Ablehnung seiner Rente, obwohl das Mitglied bereits an der ursprünglichen Ablehnungsentscheidung des Rentenausschusses beteiligt war, so begründet dies eine Besorgnis der Befangenheit.
Dies hat jetzt die 6. Kammer des Sozialgerichts Aachen unter Vorsitz von Richter am Sozialgericht Dr. Jan Oliver Merten entschieden. Die Aachener Richter gaben damit einem Versicherten Recht, der die Beteiligung eines Ausschussmitglieds sowohl an der erstmaligen Entscheidung über die Rentengewährung, als auch an der nachfolgenden Entscheidung des Widerspruchsausschusses gerügt hatte.
Die betroffene Berufsgenossenschaft hatte argumentiert, das Widerspruchsverfahren
sei ein behördliches Kontrollverfahren und der Widerspruchsausschuss Teil der Verwaltung. Deshalb sei die Mitwirkung von Ausschussmitgliedern trotz Vorbefassung uneingeschränkt zulässig.
Dem folgten die Aachener Richter nicht. Zwar stelle die Doppelbeteiligung eines Ausschussmitglieds keinen gesetzlichen Ausschlussgrund dar, sondern begründe lediglich eine Besorgnis der Befangenheit. In einem solchen Fall aber habe der Widerspruchsausschuss unter Ausschluss des betroffenen Mitglieds eine Entscheidung herbeizuführen, ob eine Befangenheit tatsächlich bestehe. Das Unterlassen dieses Verfahrensschrittes führe zur Rechtswidrigkeit der Widerspruchsentscheidung, die deshalb aufzuheben sei.
(Sozialgericht Aachen, Urteil vom 04.04.2014, Az.: S 6 U 155/11; PM vom 03.07.2014)
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03.07.2014