Die Überschrift des Beitrags wird den Strafrechtler erstaunen. Eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten Dauer auf Bewährung? Kann das sein? § 56 StGB schreibt dazu ja ausdrücklich: "Das Gericht kann ... die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn ...".
Auch wenn es sich nicht um Sozialrecht handelt, ist dieses Ereignis aus der Kanzlei des Autors doch berichtenswert: Die Staatsanwaltschaft Regensburg zeigte sich jüngst nämlich überaus angeklagten- und verteidigerfreundlich.
In einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Regensburg wegen schweren Bandendiebstahls (§ 244a StGB) beantragte der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft Regensburg (kein Referendar im Übrigen) die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten Dauer gegen meinen Mandanten. Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe könne auch zur Bewährung ausgesetzt werden, da die verbüßte Untersuchungshaftsauer von rund neun Monaten auf die Freiheitsstrafe anzurechnen sei. Auf diese Weise liege die zu verhängende Freiheitsstrafe dann unter 2 Jahren und die Vollstreckung sei, da auch die übrigen Aussetzungsvoraussetzungen gegeben seien, zur Bewährung auszusetzen.
Den Angeklagten freut eine derartige, ihm wohlgesonnene Rechtsauslegung natürlich. Der Verteidiger wird sich ebenfalls wenig beschweren, jedoch sich auch ein Stirnrunzeln nicht verkneifen können. Welche Gefühlsregungen eine derartige Rechtsansicht beim Vorsitzenden des Schöffengerichts und den Schöffen hervorruft, wurde leider nicht mitgeteilt.
Mit dem Gesetz in Einklang zu bringen ist die staatsanwaltschaftliche Rechtsauffassung aber nicht.
§ 56 StGB, der die Voraussetzungen der Strafaussetzung zur Bewährung regelt, spricht, wie eingangs erwähnt, von einer Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigen darf. Dass es auch auf die Dauer der verhängten Freiheitsstrafe an sich ankommt und nicht auf die (noch) zu verbüßende Dauer, ist nicht nur der Gesetzeswortlaut, sondern auch die Auffassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. So hat auch der BGH entschieden, dass es auf die verhängte Freiheitsstrafe ankommt. Hierbei handelt es sich auch nicht direkt um eine neue Entscheidung. Die Entscheidung ist vom 12.03.1954 (Az. 1 StR 333/53).
Ob sich die Rechtsansicht der Staatsanwaltschaft Regensburg durchsetzen wird?
Das Amtsgericht umschiffte in seinem Urteil dann die Beantwortung dieser Rechtsfrage, indem es eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten Dauer verhängt, die zur Bewährung ausgesetzt werden konnte und wurde.
Artikel
19.10.2015