Die Schwerbehinderteneigenschaft (Grad der Behinderung von mindestens 50) kann von elementarer Bedeutung sein. Etwa wenn es um den Sonderkündigungsschutz des § 85 SGB IX geht oder um die Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 37 SGB VI.
Nur wenn im Zeitpunkt der Kündigung die Schwerbehinderteneigenschaft (oder die Gleichstellung) vorliegt, kommt der Behinderte in den Genuss des speziellen Kündigungsschutzes nach dem SGB IX, der die Wirksamkeit der Kündigung von der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts abhängig macht. Auch die Gewährung der Altersrente für Schwerbehinderte setzt voraus, dass die Schwerbehinderteneigenschaft im Zeitpunkt des Rentenbeginns vorliegt. Ändert sich der gesundheitliche Zustand des behinderten Menschen und wird der Grad der Behinderung von Amts wegen herabgesetzt, so dass die Schwerbehinderteneigenschaft - für den betroffenen behinderten Menschen überaus ungünstig - vor dem erwarteten Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber oder dem Beginn der Schwerbehindertenrente wegfällt, so gilt es, den Verlust der Schwerbehinderteneigenschaft möglichst lange hinauszuzögern, also über den Rentenbeginn oder über den Kündigungsausspruch hinaus. Die Grundlage für dieses "Spiel auf Zeit" findet sich in § 116 SGB IX.
Die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen werden nicht angewendet nach dem Wegfall ihrer Voraussetzungen; wenn sich der Grad der Behinderung auf weniger als 50 verringert, jedoch erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides (§ 116 Abs. 1 SGB IX).
Die Frist von drei Monaten beginnt mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Änderungsbescheids. Unanfechtbarkeit liegt rechtlich aber erst dann vor, wenn der Änderungsbescheid mit Rechtsmitteln nicht mehr angegriffen werden kann, d.h. gegebenenfalls erst nach Widerspruch, Klage, Berufung und Revision. Bis dahin können Monate oder sogar Jahre vergehen. Dementsprechend kann durch die Ausschöpfung von Rechtsmitteln der Schutz nach dem SGB IX im erforderlichen zeitlichen Umfange möglicherweise und hoffentlich aufrecht erhalten werden.
Dasselbe gilt nach § 116 Abs. 2 SGB IX für gleichgestellte Personen.
Einen Kurzüberblick über die wichtigsten Rechte und Ansprüche von Behinderten finden Sie unter http://www.ra-klose.com/html/gdb-rechte.html
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26.05.2014