Können Urheberrechtsverstöße auf schweizer Webseiten auch in Deutschland verfolgt werden?
Wie so oft in der Juristerei gibt es dafür keine allgemein gültige Antwort – es kommt mal wieder darauf an. Urheberrechtsverletzungen, welche über ausländische Internetseiten erfolgen, können aber grundsätzlich auch in Deutschland gerichtlich verfolgt werden. Die Gerichte müssen dabei zunächst prüfen, ob Sie für die Rechtsverletzung überhaupt zuständig sind und ob das deutsche Urheberrecht auch anwendbar und verletzt ist. Dafür ist auch ein sog. „Inlandsbezug“ nötig. Für die Schweiz gelten gibt es im Rahmen der Zuständigkeit der Gerichte allerdings ein paar Besonderheiten.
Allgemein bei internationalen Urheberrechtsverletzungen
Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestimmt sich bei internationalen Schutzrechtsverletzungen nach§ 32 der Zivilprozessordnung (ZPO). Zuständig sind die deutschen Gerichte demnach bei einer Verletzung des Urheberrechts (oder anderer Schutzrechte) durch eine internationale Webseite, wenn
- die geltend gemachten Urheberrechte in Deutschland geschützt sind und
- die Internetseite (auch) in Deutschland öffentlich zugänglich ist.
- Es ist dagegen nicht (mehr) erforderlich, dass der Internetauftritt bestimmungsgemäß (auch) im Inland abgerufen werden kann (BGH, Urteil v.21.4.2016, Az- I ZR 43/14).
Bei Urheberrechtsverletzungen in der Schweiz
Geht es um die Zuständigkeit der deutschen Gerichte bei der Urheberrechtsverletzung einer schweizer Webseite, richtet sich diese nicht nach § 32 ZPO (wie oben), sondern nach Art. 5 Nummer 3 des Lugano-Übereinkommens (LugÜ). Dem LugÜ gehören im Übrigen auch Norwegen und Island an, daher gelten die Ausführungen auch für diese beiden Länder.
Demnach kann also eine Klage über eine unerlaubte Handlung (dazu gehören auch Urheberrechtsverletzungen) vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, geltend gemacht werden. Davon ist neben dem Ort des tatsächlichen Geschehens (also dort wo das urheberrechtlich geschützte Werkes hochgeladen wurde) auch der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges umfasst. Dieser kann im Hinblick auf die weltweite Abrufbarkeit einer Webseite auch in Deutschland liegen.
Ebenso wie bei internationalen Urheberrechtsverletzungen ist dabei nicht erforderlich, dass das beanstandete Angebot auch bestimmungsgemäß auf das Inland (also auf den deutschen Raum) gerichtet ist. Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass die Gerichte des Landes, in dem urheberrechtlicher Schutz begehrt wird (also Deutschland), am ehesten geeignet erscheinen, um zu beurteilen, ob deutsches Recht überhaupt verletzt wurde (Vgl. ausführlichLG Hamburg, Zwischenurteil v. 19.06.2015, 308 O 161/13, abrufbar BecksRS 2015,18942).
Aber: Inlandsbezug nötig (sog. „commercial effects“)
Ob Ansprüche wegen einer Verletzung urheberrechtlicher Schutzrechte bestehen, ist grundsätzlich nach dem Recht des jeweiligen Landes – also des Staates, für dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird – zu beantworten. Die Gerichte müssen daher auch prüfen, ob überhaupt deutsches Urheberrecht verletzt wurde (Vgl. EuGH, Urteil vom 22.01.2015 – C-441/13 -, juris). Die Verletzung muss daher auch einen gewissen Inlandsbezug, die sog. „commercial effects” haben, denn allein die schlichte Abrufbarkeit einer ausländischen Website im Inland stellt noch keine Urheberrechtsverletzung dar.
Andernfalls würde die Gefahr drohen, dass es zu einer uferlosen Ausdehnung des Schutzes nationaler Schutzrechte käme (vgl. BGH GRUR 2005, 431, 432- HOTEL MARITIME; GRUR 2012, 621Rn. 35 – Oscar mwN). Diese zum Markenrecht ergangene Rechtsprechung des BGH und die entwickelten Grundsätze gelten allgemein für Sachverhalte, bei denen ein im Ausland vorgenommenes Verhalten Auswirkungen auf inländische Schutzrechte hat. Die entsprechenden Grundsätze gelten aber auch im Wettbewerbsrecht (BGH GRUR 2014, 601Rn. 38).
Kriterien des Inlandsbezugs
Ob ein hinreichender wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug („commercial effect”) vorliegt, bestimmt sich nach einer Gesamtabwägung, bei der die folgenden Kriterien zu berücksichtigen sind:
- Wie groß sind die Auswirkungen der mutmaßlichen Urheberrechtsverletzung auf wirtschaftlichen Interessen des Schutzrechtsinhabers bzw. Urhebers?
- War die Rechtsverletzung nur eine unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Natur, auf die der Inanspruchgenommene keinen Einfluss hatte?
- Oder erfolgte die Rechtsverletzung zielgerichtet um von der Erreichbarkeit in Deutschland zu profitieren?
- War die Beeinträchtigung des Urhebers nicht nur unwesentlich? Es muss also eine Erheblichkeitsschwelle überschritten werden. Die Beeinträchtigung muss daher spürbar gewesen sein.
So spielt es beispielsweise eine Rolle, in welcher Sprache die Seite der mutmaßlichen Urheberrechtsverletzung abrufbar ist, oder welche Art von Waren- und Dienstleistungen dort angeboten bzw. präsentiert werden. Das ist bei schweizer Webseiten ebenfalls die deutsche Sprachen. Auch wird bei einer schweizer Internetseite, auf der Waren oder Dienstleistungen nach Deutschland bestellt werden können, regelmäßig von „commercial effects“, also einer Auswirkung auf den deutschen Raum, auszugehen sein. Anders hingegen, wenn es sich bei der Webseite etwa um einen regionalen Frisörsalon oder Metzger handelt. Bei derartigen „Platzgeschäften“ fehlt es regelmäßig an einer Auswirkung auf das Inland und den sog. „commercial effects“.
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Der Beitrag Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen in der Schweiz erschien zuerst auf IPCL Rieck und Partner Rechtsanwälte.