Ganz klar – wenn man in Social Media ein tolles Bild oder einen treffenden Text findet, möchte man das mit seinen Sozialkontakten teilen. Genau dafür ist Social Media ja letztlich auch da. Um solche Inhalte zu teilen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Viele Social Media-Plattformen bieten eine Funktion an, mit der Inhalte auf der Plattform geteilt werden können. Es ist aber durch die moderne Technik auch ohne größere technische Kenntnisse möglich, im Handumdrehen Screenshots von Text anzufertigen oder Fotos herunterzuladen. Manchmal ist das sogar einfacher, als die Inhalte zu teilen.
Beispiele:
- Man möchte eine politische Botschaft eines Freundes verbreiten will, die dieser auf Facebook aber nur mit seinen Freunden geteilt hat.
- Ein besonders schönes Foto wurde auf einem geschützten Twitteraccount getwittert.
Bei der rechtlichen Beurteilung ergeben sich allerdings erhebliche Unterschiede in der Bewertung des Vorgehens. Als Faustregel gilt: was die sozialen Netzwerke selbst als Teilungsfunktionen anbieten, ist in der Regel auch rechtlich unproblematisch, da die Netzwerke selbst darauf achten, dass damit keine Urheberrechtsverstöße begangen werden.
Anschaulich wird das etwa bei besagter politischer Botschaft, die nur mit Freunden geteilt wurde: Auch hier zeigt Facebook die Option zum Teilen an. Klickt man dann auf „Sofort teilen“, wird die Botschaft jedoch nur mit denjenigen Freunden geteilt, die auch mit dem Urheber des Posts befreundet sind.
Gefahr: Zueigenmachen durch Kommentar
Bekanntermaßen wirft das Teilen von Inhalten in Social Media noch weitere rechtliche Probleme außerhalb des Urheberrechts auf. So gibt es mittlerweile etliche Entscheidungen zur schwierigen Frage, ab wann sich jemand durch Teilen von Inhalten diese „zu eigen macht“ und damit selbst für Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch diesen Inhalt haftet. Dem Oberlandesgericht Hamburg (OLG) reicht z.B. akuell bereits ein Kommentar beim Teilen eines fremden Posts, um ein Zueigenmachen zu bejahen. Sind mehrere Auslegungen eines Kommentars möglich, geht die Pressekammer des Landgerichts Hamburg (LG) aktuell & unter ausdrücklicher Berufung auf die Rechtsprechung des OLG Hamburg von der für den Beklagten schlechtesten Deutungsmöglichkeit aus. So lange diese Rechtsprechung in Hamburg andauert, sollte am besten gänzlich auf Kommentare beim Teilen von fremden Posts verzichtet werden, wenn man nicht am LG Hamburg und OLG Hamburg einen Prozeß verlieren möchte.
Zudem ist beim Teilen von geschützten Accounts natürlich das Datenschutzrecht zu beachten. Diese Probleme sind jedoch so umfangreich, dass sie Stoff für eigene Artikel böten. Dieser Artikel soll sich daher darauf beschränken, die Fallstricke des Urheberrechts beim Teilen fremder Inhalte aufzuzeigen und darzulegen, wie man diese vermeiden kann.
Exemplarisch sollen daher einige der häufigsten Fehler in den beliebtesten sozialen Netzwerken näher beleuchtet und auf ihr Potenzial zur Urheberrechtsverletzung untersucht werden.
1. Twitter
Auf Twitter werden Kurznachrichten, Bilder und Links verbreitet. Links sind derzeit urheberrechtlich (noch) unproblematisch, außer wenn sie bewusst auf rechtswidrige Inhalte gesetzt werden – das kann sich jedoch mit dem europaweiten geplanten Leistungsschutzrecht für Presseverleger („Linktax“) ändern.
Fotos sind urheberrechtlich immer beachtlich. Egal ob sie Schöpfungshöhe aufweisen oder nicht, kommt dem Fotografen entweder ein Urheberrecht gem. § 1 ff. UrhG oder zumindest ein Leistungsschutzrecht gem. § 72 UrhG zu. Die zwischen den beiden bestehenden Unterschiede sind zumindest für die Social Media Nutzung regelmäßig nicht relevant; entscheidend ist, dass beide dem Rechtsinhaber die Möglichkeit zur Abwehr von Rechtsverstößen und damit zur Abmahnung geben.
Schwieriger zu beurteilen sind Texte, insbesondere seit Twitter das Zeichenlimit von 140 auf 280 Zeichen verdoppelt hat. Hier kommt es darauf an, ob die Formulierung Schöpfungshöhe aufweist und der Tweet dann als Schriftwerk geschützt wird. In der Regel wird das nicht der Fall sein. Zwar kann auch für „charakteristische Wortverbindungen“ bereits Schöpfungshöhe anerkannt werden, aber das wird auf Twitter nur selten der Fall sein. Allerdings: Es sind meistens gerade die besonders charakteristischen & außergewöhnlichen Formulierungen, die man gerne teilen möchte. Gerade dann ist Vorsicht geboten.
Was das Teilen von Inhalten betrifft, ist Twitter nutzerfreundlich. Da das Netzwerk darauf ausgelegt ist, Nachrichten möglichst schnell zu verbreiten, sind die Accounts per default öffentlich. Soll der Account geschützt sein, so muss das extra eingestellt werden.
Wenn ein solcher offener Account ein Schriftwerk oder ein Foto twittert, sind zwei Fallen bereits umgangen, nämlich das Recht der Veröffentlichung, § 12 Abs. 1 UrhG, und das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung, § 19a UrhG. Der Urheber hat das Werk oder Foto bereits selbst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Wird es nun retweetet, zitiert oder auch neu gepostet, kann dadurch keine neue Öffentlichkeit erschlossen werden, selbst wenn es dadurch tatsächlich mehr Nutzer sehen.
Wenn der ursprüngliche Tweet retweetet oder zitiert wird, ist auch der Anspruch auf Anerkennung der Urheberschaft, § 13 Satz 1 UrhG, nicht berührt, da in beiden Fällen der ursprüngliche Autor mit angegeben wird. Bei einem Repost – also z. B. Copy/Paste von Text und/oder Foto – fehlt das dagegen regelmäßig. Somit liegt ein Verstoß gegen § 13 Satz 1 UrhG und damit eines Urheberrechtsverletzung vor. Das ist abmahnfähig.
Auch das Recht auf Vervielfältigung gem. § 16 UrhG kann durch Teilen berührt werden. Soweit der Tweet mit dem geschützten Inhalt retweetet oder zitiert wird, entspricht das einer bloßen Verlinkung auf den ursprünglichen Inhalt, die nach der Rechtsprechung keine Vervielfältigungshandlung darstellt. Das sieht man auch daran, dass auch Retweets oder zitierte Tweets verschwinden, wenn der Verfasser den Tweet wieder löscht. Wird jedoch der Tweet als Screenshot, Download oder Textkopie neu gepostet, so ist von einer Vervielfältigung auszugehen.
Urheberrechtlich kritisch zu sehen sind daher auch Twitter-Spin-Offs oder Bots, bei denen statt eines Retweets der ursprüngliche Post als eigener repostet wird, allerdings mit „RT @user“ am Anfang, wobei @user auf den Urheber zeigt. Praktisch ist diese Frage allerdings kaum relevant, da Fotos von diesen Tools nicht miterfasst werden und der Text nur selten die erforderliche Schöpfungshöhe für ein Urheberrecht aufweisen wird.
Schließlich stellt sich noch die Frage, wer überhaupt abmahnen darf. In diesem Zusammenhang relevant sind die Nutzungsbedingungen von Twitter, nach denen man mit dem Twittern von Inhalten Twitter daran „eine weltweite, nicht ausschließliche, unentgeltliche Lizenz (mit dem Recht zur Unterlizenzierung), diese Inhalte in sämtlichen Medien und über sämtliche Verbreitungswege (die gegenwärtig bekannt sind oder in Zukunft bekannt sein werden) zu verwenden, zu vervielfältigen, zu reproduzieren, zu verarbeiten, anzupassen, abzuändern, zu veröffentlichen, zu übertragen, anzuzeigen und zu verbreiten“ erteilt. Da keine ausschließliche Lizenz erteilt ist, ist Twitter auch nicht berechtigt, selbst Urheberrechtsverstöße abzumahnen – dieses Recht verbleibt vielmehr bei den Urhebern.
2. Facebook
Facebook ist eine der Wiegen von Social Media. Es hat seinen Nutzern im Lauf der Jahre zahlreiche Möglichkeiten zur Darstellung eröffnet, die von einfachen Texten über Fotos bis hin zu eigenen Events, Listen und Fanseiten reichen. Dass damit – ebenso wie mit der Nutzerzahl des sozialen Netzwerks – die Zahl der rechtlichen Problemstellen gestiegen ist, belegt die zunehmende Zahl an höchstrichterlichen Urteilen, die sich allein mit Facebook beschäftigen. Das letzte davon stammt erst von Anfang Juni 2018 und befasste sich mit der Haftung bei Datenschutzverstößen.
Facebook hat inzwischen eine Funktion, mit der Bilder, Texte, Links und andere Inhalte geteilt werden können, sofern der Nutzer diese öffentlich gepostet hat. Auch hier gilt das oben Gesagte: Diese netzwerkeigene Funktion ist rechtlich unproblematisch. Das Recht auf Veröffentlichung gem. § 12 Abs. 1 UrhG, und das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung, § 19a UrhG, sind nicht betroffen, weil der ursprüngliche Nutzer den Inhalt selbst öffentlich zugänglich gemacht hat. Ebensowenig liegt eine Vervielfältigung gem. § 16 UrhG vor, da ebenso wie bei Twitter das Teilen nur eine Verlinkung ist, die bei Entfernen des ursprünglichen Inhalts nicht mehr sichtbar ist.
Auf Facebook ist dafür umso größere Vorsicht geboten, wenn Texte kopiert oder Bilder heruntergeladen und als Repost neu gepostet werden. Bei Facebook sind die Accounts per default nicht-öffentlich, sodass dadurch tatsächlich eine neue Nutzergruppe erschlossen wird. Zudem ist es durch die unbeschränkte Textlänge bei Facebook wesentlich wahrscheinlicher, dass die erforderliche Schöpfungshöhe für ein Schriftwerk erreicht wird.
Zur Anerkennung der Urheberschaft gilt ebenfalls das zu Twitter Gesagte.
Auch Facebook hat entsprechende Nutzungsbedingungen, die eine „nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare und weltweite Lizenz, deine Inhalte (gemäß deinen Privatsphäre- und App- Einstellungen) zu hosten, zu verwenden, zu verbreiten, zu modifizieren, auszuführen, zu kopieren, öffentlich vorzuführen oder anzuzeigen, zu übersetzen und abgeleitete Werke davon zu erstellen“ gewähren. Auch Facebook ist somit nicht selbst abmahnberechtigt, sondern nur der Urheber.
3. Instagram
Instagram ist im Gegensatz zu Twitter und Facebook foto-zentriert. Hier können also Inhalte nur mit einem Foto gepostet werden. Da, wie oben bereits gesagt wurde, für Fotos immer entweder ein Urheberrecht oder ein Leistungsschutzrecht greift, ist hier durch Reposts grundsätzlich von einer Verletzungshandlung auszugehen, die abmahnbar ist. Erschwerend kommt hinzu, dass Instagram im Gegensatz zu den anderen genannten Netzwerken keine interne Funktion zum Teilen von Bildern bietet, sodass Reposts relativ häufig auftreten.
Hier ist – wie bei Twitter – der Account per default öffentlich, sodass das Recht zur Veröffentlichung nicht betroffen sein wird. Jedoch liegt eine Vervielfältigungshandlung vor, wenn das Bild heruntergeladen oder gescreenshottet und neu gepostet wird. Diese ist abmahnfähig. Wird der Urheber dabei nicht genannt, ist zusätzlich auch das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft beeinträchtigt.
Instagram lässt sich ebenfalls keine ausschließliche, sondern nur eine „nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, weltweite Lizenz zur Nutzung jedweder IP-Inhalte, die du auf Instagram postest“ geben. Allerdings ist Instagram auch das einzige der genannten Netzwerke, das Rechteinhaber aktiv darin unterstützt, Urheber- und auch Markenrechte geltend zu machen, indem es ein eigenes Formular für solche Meldungen bereithält und sich vorbehält, Accounts bei wiederholten Verletzungen zu sperren. Damit bleibt es dem Urheber zwar unbenommen, den Verletzer selbst abzumahnen, aber er kann auch Instagram selbst um Unterstützung bitten, was ggf. schneller und wirksamer sein kann als der Rechtsweg.
Im Zweifel – einfach fragen!
Sofern man nicht die vorgegebenen Funktionen zum Teilen nutzen kann oder will, sollte man also vorsichtig sein. Das heißt aber nicht, dass man deswegen erstmal Rechtsberatung einholen muss, wenn man doch nur ein Bild oder einen Text teilen möchte, oder es gänzlich lassen muss.
Es gibt eine viel einfachere Möglichkeit: Dem Urheber schreiben und fragen, ob der Inhalt geteilt werden darf und unter welchen Bedingungen.
Um bei unseren Beispielen zu bleiben, ist jemand, der eine politische Botschaft an Freunde geschrieben hat, vielleicht sogar sehr froh, wenn diese verbreitet wird, aber möchte nicht öffentlich damit in Verbindung gebracht werden und wird daher sogar darum bitten, ihn nicht als Urheber zu nennen. Als Faustregel gilt: Wenn jemand in seinem Post schreibt „Bitte teilen!“, Dann wird er schwerlich Urheberrecht gegen Nutzer geltend machen (können), die seiner Bitte folgen.
Genau andersherum ist die Interessenlage vermutlich mit dem Foto auf dem geschützten Twitter-Account. Dieser Account ist vielleicht nicht öffentlich, weil darüber auch private Inhalte laufen, aber der Urheber hat trotzdem kein Problem damit, wenn das Foto geteilt wird, aber dann explizit mit Namensnennung. Hier sollte geklärt werden, welche Lizenz genau eingeräumt ist. Details finden sich z. B. auf der Creative-Commons-Website.
Damit ist dann unproblematisch zur beiderseitigen Zufriedenheit geklärt, ob und wie der Inhalt verwendet werden darf, ohne Abmahnungen befürchten zu müssen. Und das soziale Netzwerk macht einfach nur das, was es soll: Spaß!
(Autoren: Corinna Bernauer, Lars Rieck)
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