Der BGH hat heute in einem weiteren wegweisenden Urteil über das sog. „Shill Bidding“ bei eBay entschieden (AZ: VIII ZR 100/15). Manipuliert der Verkäufer im Rahmen eines eBay-Angebots so, dass er über ein anderes Konto selbst auf den eigenen Artikel bietet, macht er sich schadensersatzpflichtig.
Sachverhalt:
Der Beklagte bot auf der Internetauktionsplattform eBay einen gebrauchten VW-Golf VI zu einem Startpreis von 1 € zum Verkauf an. Diesen Startpreis bot ein unbekannter dritter eBay-Nutzer. Der Kläger bot 1,50 € und danach schrittweise immer mehr. Dabei wurde er von dem mitbietenden Beklagten immer wieder überboten. Dieser verwendete ein Zweitkonto um den Angebotspreis in die Höhe zu treiben. Bei Angebotsschluss lag letztlich ein Höchstgebot von über 17.000 € durch den Beklagten vor, sodass dieser letztlich sein eigenes Angebot „gewann“.
Der Kläger war nun der Auffassung, er habe das Kraftfahrzeug für 1,50 € ersteigert, weil die „Eigengebote“ des Beklagten nicht geltend dürften. Nachdem der Beklagte mitteilte, er habe das Fahrzeug bereits anderweitig veräußert, verlangte der Kläger Schadensersatz in Höhe von 16.500 €. Auf diesen Betrag schätzte er den Marktwert des Fahrzeuges.
Verfahren:
Der Kläger bekam in der ersten Instanz noch Recht, jedoch lehnte das OLG Stuttgart im Berufungsverfahren einen Schadensersatzanspruch mit der Begründung ab, dass zwischen den Parteien trotz unwirksamer Eigengebote ein Kaufvertrag zu einem Preis in Höhe von 17.000 € zustande gekommen sei. Allerdings habe der Kaufpreis den Wert des Fahrzeugs überstiegen, so dass dem Kläger aus dem Kaufvertrag selbst und dessen Nichterfüllung kein Schaden entstanden sei.
Der BGH hob die fragwürdige Entscheidung des Berufungsgerichtes nun auf und stellte die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichtes Tübingen wieder her.
Entscheidung des BGH:
Zur Begründung führte der Senat aus, dass die Gebote des Beklagten von vornherein unwirksam waren, weil sich das von einem Anbieter im Rahmen eines eBay-Angebots erklärte Angebot nur an “einen anderen” richtet; d. h. also an einen mit dem Verkäufer personenverschiedenen Bieter. Das ergebe sich sowohl aus der in § 145 BGB enthaltenen Definition des Angebotes, als auch aus den eBay-AGB.
Das höchste abgegebene Gebot stammte daher vom Kläger und betrug 1,50 €. Dass es sich hierbei nicht um das tatsächlich letzte Gebot des Klägers i. H. v. 17.000 € handelte, begründete der BGH damit, dass die Eigengebote des Beklagten unwirksam seien und daher lediglich ein reguläres Gebot vorgelegen habe – nämlich das in Höhe von 1 €. Der Bieter eines eBay-Angebots gebe mit Gebotsabgabe keine generelle auf Abschluss eines Kaufvertrages gerichtete Annahmeerklärung ab. Vielmehr stehe diese unter dem Vorbehalt, dass nur das nächsthöhere Gebot auf ein reguläres Gebot abgegeben werden soll.
Dass der Kläger damit ein Fahrzeug zu einem symbolischen Kaufpreis von 1,50 € beanspruchen konnte, begründet nach dem BGH auch keine Sittenwidrigkeit. Insofern liege ja gerade der Reiz bei einer Internetauktion darin, einen Artikel zum „Schnäppchenpreis“ erwerben zu können.
Unsere Sicht:
Shill bidding, also das Hochsteigern eigener Artikel ist ein weit verbreitetes Ärgernis. Deshalb begrüßen wir das Urteil des BGH. In den meisten Fällen dürfte es aber schwer zu beweisen sein, dass der Anbieter selbst mitbot. Häufig werden Freunde & Verwandte um solche Scheingebote gebeten. Im vorliegenden Fall dürfte es sich um eine Klage eines sog. Abbruchjägers handeln, der professionell auf eBay bietet & auf unberechtigte Abbrüche hofft, um die Anbieter dann zu verklagen. Hier dürfte er ein neues Geschäftsfeld getestet haben.