Rechtsanwalt Elmar Fuchs, autorechtaktuell.de GmbH & Co. KG, Berlin
Der KFZ-Anwalt 1/2010, S. 26 ff.
Das Rechtsdienstleistungsgesetz
- Chancen und Risiken aus Sicht des Rechtsanwaltes
Der Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetzes zum 01.07.2008 lag mit Sicherheit kein gesetzgeberisches Meisterstück zugrunde, sondern es war der Versuch, bei Wahrung der Interessen der Anwaltschaft der Rechtsprechungspraxis auch in Form eines neuen Gesetzes zu entsprechen. Zudem wollte man dem berechtigten Vorwurf der Aufrechterhaltung eines ideologisch bedingten Rassegesetzes des Nationalsozialismus begegnen.
Natürlich haben die Anwälte im Gesetzgebungsverfahren Bedenken geäußert, dass durch eine Freigabe der Rechtsberatung letztlich der Verbraucher Schaden nehmen müsse, was immer ein gutes Argument darstellt, wenn man – völlig zurecht – auch die eigenen Interessen der Anwaltschaft vor Augen hat.
Aus Sicht des Verkehrsrechtsanwaltes sind die Befürchtungen im Wesentlichen unberechtigt geblieben. Das Rechtsdienstleistungsgesetz ist ein Verbotsgesetz mit wenigen Ausnahmetatbeständen – zumindest soweit es das Verkehrsrecht betrifft. Nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Gesetzesentwürfe gehen allerdings heute viele Kfz-Betriebe davon aus, dass das neue Gesetz Ihnen nunmehr erlaube, schrankenlos Rechtsberatungen anzubieten.
Das Missverständnis, dem viele Kfz-Betriebe nicht zuletzt auch aufgrund des etwas unglücklich verlaufenden Gesetzgebungsverfahrens unterlegen sind, bietet jedoch auch eine Chance für den verkehrsrechtlich tätigen Rechtsanwalt, der sehr schnell in der Lage ist, das Missverständnis aufzuklären, was nichts Anderes bedeutet, als dass er dem Kfz-Betrieb klar macht, dass die Unfallschadenabwicklung in die Hand des Rechtsanwaltes gehört und das Rechtsdienstleistungsgesetz erhebliche Erleichterungen mit sich bringt, um den Kunden des Autohauses dahingehend zu beraten, dass die Abwicklung mit einem Rechtsanwalt Garant für 100%igen Schadenersatz ist.
Zweifelsfrei die entscheidende Bestimmung aus Sicht der Kfz-Betriebe ist § 2 RDG, in dem erstmalig definiert wird,
was überhaupt als Rechtsdienstleistung zu bezeichnen ist.
§ 2 – Begriff der Rechtsdienstleistung
Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.
Aufgrund der Systematik des Rechtsdienstleistungsgesetzes ist das Gesetz überhaupt nur dann einschlägig, soweit es sich um Rechtsdienstleistungen handelt. Unterhalb dieser Schwelle des § 2 Abs. 1 RDG sind alle Handlungen erlaubt, soweit sie nicht durch andere Gesetze ohnehin verboten sind. Die Rechtsdienstleistung verlangt zwingend eine juristische Beratung des Einzelfalles.
Dies bedeutet, dass nicht bereits eine Information mit einfachen rechtlichen Bezügen zur Rechtsdienstleistung wird, sondern tatsächlich ein Subsumtionsvor-gang stattfinden muss.
Allgemeine Rechtsinformationen, die sich nicht nur auf den konkreten Einzelfall, sondern auf andere Fälle beziehen können, sind prinzipiell zulässig.
Insoweit sehr instruktiv ist eine aktuelle Entscheidung des LG Aachen (Urteil vom 12.05.2009, AZ: 41 O 1/09), das sich mit der Werbung eines Autohauses zu befassen hatte, aus der eindeutig hervorging, dass das Autohaus nicht nur Unterstützungshandlungen bei der Schadenabwicklung anbietet, sondern die komplette Schadenabwicklung mit allen Versicherungsgesellschaften bezüglich aller denkbaren Schadenpositionen in den Mittelpunkt stellte.
Dies ist nach Auffassung des LG Aachen ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, da es eben gerade nicht um Unterstützungshandlungen, sondern um das Anerbieten, auch komplexe Sachverhalte für den Kunden vollständig abzuwickeln.
Auch andere Gerichte haben sich nach Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetzes zum 01.07.2008 zwischenzeitlich mit der Frage befasst, wann von einer unzulässigen Rechtsdienstleistung auszugehen ist.
So hat das LG Mönchengladbach (Urteil vom 20.01.2009, AZ: 5 S 110/08) entschieden:
Orientierungssatz
Lässt sich die Autoreparaturwerkstatt/ der Autovermieter lediglich einzelne Schadensersatzpositionen abtreten und fordert die Autoreparaturwerkstatt/der Autovermieter vor der Geltendmachung der ausstehenden Schadensersatzpositionen bei der Versicherung diese vom Kunden erfolglos ein, so verstößt die Autoreparaturwerkstatt/der Autovermieter nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), wenn er aus abgetretenem Recht vorgeht und selbst gegenüber der gegnerischen Versicherung klagt.
Erläuterungen
Lässt sich die Autoreparaturwerkstatt/ der Autovermieter eine Schadensposition abtreten und fordert diese sodann aus abgetretenem Recht gegenüber der Versicherung ein, so verweisen die Versicherungen, insbesondere im Falle einer Klage, immer wieder auf einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Sie wenden ein, dass die Abtretung gegen diese Rechtsvorschrift verstößt und somit nichtig ist. Die Reparaturwerkstatt/ der Autovermieter sei also nicht berechtigt, selbst die Forderungen einzufordern. Dieser Rechtsansicht erteilt das LG Mönchengladbach unter bestimmten Bedingungen eine Absage und trägt damit zur Klarheit bei der Anwendung des seit 01.07.2008 gültigen Rechtsdienstleistungsgesetzes (vorher Rechtsberatungsgesetz) bei.
Für den Reparaturbetrieb/den Autovermieter eröffnet das Rechtsdienstleistungsgesetz weitergehende Gestaltungsmöglichkeiten bei der Abwicklung des Fahrzeugschadens. Er kann sich einzelne Schadensersatzpositionen abtreten lassen und nach erfolgloser Geltendmachung dieser Positionen gegenüber dem Kunden selbst aus abgetretenem Recht vorgehen. Diesem praxisfreundlichen Vorgehen versuchen die Versicherer einen Riegel vorzuschieben und behaupten
immer wieder, es liege ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vor. Das LG Mönchengladbach verneint dies bei Vorliegen zumindest nachfolgender Voraussetzungen:
• Zunächst kommt es bereits auf den Wortlaut der Abtretungserklärung an. Lässt sich der Reparaturbetrieb/der Autovermieter nicht sämtliche Ansprüche des Geschädigten abtreten, sondern lediglich einzelne Ersatzansprüche (Mietwagenkosten, Reparaturkosten, Abschleppkosten, etc.), so spricht bereits der Wortlaut der Abtretungserklärung gegen eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten.
• Zudem kommt es auf das weitere Vorgehen der Reparaturwerkstatt/ des Autovermieters an. Fordert dieser zunächst den Geschädigten unter Fristsetzung zum Ausgleich der entstandenen Kosten auf,
so spricht auch dieser Umstand gegen die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Insbesondere kann nicht ohne nähere Anhaltspunkte von Seiten des Gerichtes davon ausgegangen werden, bei dieser Aufforderung handele es sich um eine bloße Scheinerklärung. Das Gericht bezieht sich auf die Entscheidung des BGH vom 04.04.2006 (NJW 2006, Seite 1726), wonach der Autovermieter berechtigt ist, den beklagten Haftpflichtversicherer sofort in Anspruch zu nehmen, nachdem der Geschädigte auf eine Mahnung keine Reaktion gezeigt hat. Insbesondere rechtfertigt sich in diesem Fall nicht die Annahme einer Scheinerklärung.
In der Praxis gilt, sofern beabsichtigt ist, aus abgetretenem Recht gegen die Versicherung vorzugehen, diese Punkte bereits im Vorfeld einer Klage zu beachten. Eine „Generalabtretung” sämtlicher Ansprüche des Unfallereignisses ist zu vermeiden.
Der Geschädigte ist zunächst selbst unter Fristsetzung anzumahnen.
Weitere Informationen aus den Gründen
… Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist im Streitfall davon auszugehen, dass die Klägerin keine Rechtsangelegenheiten der Geschädigten, sondern eigene Angelegenheiten aufgrund der ihr nunmehr eingeräumten Sicherheiten besorgt. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der
Abtretungserklärung. Die Klägerin hat sich nämlich nicht sämtliche Ansprüche des Geschädigten gegen den Schädiger abtreten lassen, die Abtretung ist vielmehr auf die Ersatzansprüche hinsichtlich der Mietwagenkosten beschränkt. Dies spricht gegen eine umfassende Besorgung fremder Angelegenheiten.
(…) Die Klägerin hat die Geschädigte in allen Fällen zunächst unter Fristsetzung aufgefordert, die Mietwagenkosten auszugleichen. In diesen Schreiben ist der Hinweis, dass der Geschädigte für die Regulierung des Schadens und die Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche verantwortlich bleibt, nochmals enthalten. Soweit das AG hierzu aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Antwortschreiben der Geschädigten, im Ergebnis meint, es handele sich lediglich um eine Scheinerklärung, so kann die Kammer dem nicht folgen. Die Schlussfolgerung des AG, die beanstandungslose Hinnahme solch „offenkundig haltloser Forderungszurückweisungen” impliziere die fehlende Ernsthaftigkeit der Forderungsdurchsetzung, steht im Widerspruch zu den vom BGH im Urteil vom 04.04.2006 (NJW 2006, 1726) gestellten Anforderungen. Danach führt der Umstand, dass der Autovermieter den beklagten Haftpflichtversicherer sofort gerichtlich in Anspruch nimmt, nachdem der Geschädigte auf eine Mahnung keine Reaktion gezeigt hatte, nicht zur Annahme einer Scheinerklärung. …
Das LG Koblenz hat am 17.03.2009 (AZ: 4 HK.O 140/08) wie folgt entschieden:
Orientierungssatz
Ein Rechtsanwalt kann von einer Werkstatt Unterlassung wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verlangen, wenn die Werkstatt mit „kompletter Unfallschadenabwicklung” wirbt.
Erläuterungen
Das LG Koblenz befasst sich mit der Frage, wie weit die Freiräume gehen, die das neue Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) Reparaturbetrieben beim Anbieten von Rechtsdienstleistungen einräumt.
Die genannte Werbung wird durch das Gericht für wettbewerbswidrig erachtet, weil sie gegen ein sich aus dem RDG ergebendes gesetzliches Verbot verstoße. Die Werkstatt biete unbestritten nicht nur die technische, sondern auch die um-
fassende haftungsrechtliche Abwicklung eines Unfallschadens an. Es ließe sich der Werbeaussage auch nicht entnehmen, dass etwa rechtlich besonders schwierige Fälle ausgenommen sein sollen. Angeboten werde somit eindeutig eine Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 I RDG.
Die Erbringung einer solchen Rechtsdienstleistung könne der Werkstatt nur dann erlaubt sein, wenn es sich um eine Nebenleistung i.S.v. § 5 I RDG handele. Das LG Koblenz legt dar, dass dem nicht so sei, vor allem weil dem Betreiber einer Werkstatt in der Regel die rechtlichen Kenntnisse fehlen, die zur Abwicklung der Schadenregulierung nötig sind. Gerade die Klärung der Schuldfrage sei dabei für den Unfallgeschädigten von so exis-tenzieller Bedeutung, dass sie stets im Vordergrund steht und „niemals Nebenleistung” ist. Auch zähle die rechtliche Beurteilung von Verkehrsunfällen nicht zum Berufsbild des Werkstättenbetreibers.
In der Praxis bedeutet dies, dass jedenfalls die Werbung mit „kompletter” Unfallschadenabwicklung und ohne Einschränkung auf Fälle, in denen die Haftung dem Grunde nach geklärt ist, unzulässig und abmahnfähig ist. Werkstätten und auch Sachverständigen sind vorsichtigere Formulierungen zu empfehlen, etwa eine „Hilfe” oder „Unterstützung” bei der Unfallschadenabwicklung oder eben der Hinweis, dass bei komplizierteren Fällen oder ungeklärten Haftungsfragen auf die Hilfe eines Anwalts nicht verzichtet werden kann.
Weitere Informationen aus den Gründen
„… Es kann dahinstehen, ob für den Bereich unstreitiger Schadensfälle die Frage des Zusammenhangs im Sinne des § 5 RDG anders gesehen werden kann (vgl. Grunewald/Römermann, aaO, § 5 Rdn. 174), denn in der Werbung des Antragsgegners wird nicht differenziert …”
Weiterhin entschieden hat das AG Kassel (Urteil vom 30.06.2009, AZ: 415 C 6203/08):
Orientierungssatz
Ein Autovermieter darf aufgrund der gestiegenen Komplexität der Unfallschadenabwicklung auch nach einem Unfall mit eindeutiger Einstandspflicht einen Rechtsanwalt mit der Schadensregulierung beauftragen.
Erläuterungen
Ein Autofahrer darf nach einem Unfall einen Rechtsanwalt einschalten. Die Anwaltskosten werden von der gegnerischen Versicherung in Höhe der Haftungsquote übernommen. Die Anwaltshonorare werden als so genannte notwendige Kosten der Rechtsverfolgung anerkannt, weil es einem Laien grundsätzlich nicht zuzumuten ist, die häufig auftretenden komplexen Fragen zu überblicken.
In diesem aufschlussreichen Urteil hat das Amtsgericht Kassel entschieden, dass dies angesichts der immer komplexer werdenden Unfallschadenregulierung nunmehr auch für eine Autovermietung gelten muss, die mit Unfallschadenabwicklungen häufig zu tun hat. Dies soll auch für einfach gelagerte Unfälle mit eindeutiger Haftungsverteilung und reinen Blechschäden gelten. Die Verantwortung für die vorhandene Komplexität der Unfallschadenabwicklung und den daraus folgenden Zwang, auf die Hilfe von Anwälten zurückzugreifen, wird den Versicherungen zugewiesen. Durch die immer neuen Versuche, bei der Regulierung Geld einzusparen, habe sich eine Situation ergeben, in der es den „einfach gelagerten Verkehrsunfall” eigentlich gar nicht mehr geben kann.
Aus den Gründen
… Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass es sich bei der Klägerin um eine gewerbliche Autovermietung handelt. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin mit der Abwicklung von Schadenersatzansprüchen „vertraut” ist. Dass die Klägerin nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, ist zwischen den Parteien unstreitig. Entgegen der Ansicht der Beklagten gibt es einen rechtlich „einfach gelagerten Verkehrsunfall” für einen Rechtsunkundigen nicht. Dies ist nicht zuletzt auch eine Folge daraus, dass die Rechtsprechung zum Umfang des ersatzfähigen Schadens auf Grund des Regulierungsverhaltens einiger Versicherer eine Dimension erreicht hat, die für den nicht Rechtskundigen mithin nicht mehr überschaubar ist. Zu nennen ist hier exemplarisch die Kürzung von fiktiven Reparaturkosten unter Verweisung auf die Stundenverrechnungssätze freier Werkstätten unter Hinweis auf das sog. „Porsche-Urteil”, die von zahlreichen Versicherern contra legem vorgenommen wird. Dies gilt hier umso mehr, als die Klägerin auch im Streitfall ihren Schaden auf der Grundlage eines Gutachtens
auf der Basis fiktiver Reparaturkosten abrechnete. Wenn sich aber Versicherer – was gerichtsbekannt ist – selbst bei der Regulierung von – jedenfalls für den Rechtskundigen – in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht eindeutigen Haftungsfällen, bisweilen unter bewusster Missachtung obergerichtlicher Rechtsprechung, auf juristischen Spitzfindigkeiten kaprizieren, so dürfte es für die Beklagte leicht einzusehen sein, dass es sich bei der Unfallabwicklung selbst bei, dem Haftungsgrund nach eindeutigen Haftungsfällen, bei denen die Einstandspflicht der Versicherung des Schädigers, dem Grunde nach feststeht, eben nur scheinbar um „einfach gelagerte Verkehrsunfälle handelt. Denn spätestens bei der Höhe des zu ersetzenden Schadens wird – dies vermag man anhand des streitgegenständlichen Verfahren in eindrucksvoller Weise nachvollziehen – aus einem Verkehrsunfall, bei dem es glücklicherweise nur zu kleinsten Blechschäden gekommen ist, dies ist gerichtsbekannt, eine vorgerichtliche Auseinandersetzung, in der sich der Geschädigte mit aus Textbausteinen gefertigten Schriftsätzen auseinandersetzen, muss, in denen in epischer Breite zahlreiche Einzelfallentscheidungen verschiedener Instanzgerichte zitiert werden, die mit dem dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden Sachverhalt auch nicht das Geringste zu tun haben. Nun ist es das Recht eines jeden Versicherers und mithin auch eine Pflicht gegenüber seinem Versicherungsnehmer, einen Schadensfall auch unter rechtlichen Gesichtspunkten eingehend zu prüfen. Die Kehrseite dessen ist indes, dass angesichts der Tatsache, dass der Geschädigte bei der Schadensregulierung hoch spezialisierten Rechtsabteilungen bzw. für Versicherer tätigen Spezialkanzleien gegenübersteht, es bereits die Maxime der Waffengleichheit gebietet, dass der Geschädigte einen Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Geltendmachung des Schadenersatzes beauftragen und die Rechtsverfolgungskosten als äda-quat kausalen Schaden ersetzt verlangen kann. …
Hinzuweisen ist auch auf das Urteil des AG Augsburg vom 10.07.2009, AZ: 25 C 5613/08:
Orientierungssatz
Die Werkstatt darf im Namen des Kunden einen Rechtsanwalt mit der Regulierung des Unfallschadens bevollmächtigen, ohne damit gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz zu verstoßen.
Erläuterungen
Beauftragt die Werkstatt im Namen des Geschädigten einen Rechtsanwalt mit der Unfallschadenregulierung, liegt dann kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz.
Im konkreten Fall hatte das Autohaus im Namen des Geschädigten einen Rechtsanwalt mit der Rechtsverfolgung beauftragt. Zuvor hatte der Geschädigte im Autohaus den Wunsch geäußert, einen Rechtsanwalt einzuschalten, da er von vorn herein mit Problemen mit der Versicherung bei der Regulierung seines Steinschlagschadens gerechnet hatte. Der vom Autohaus beauftragte Rechtsanwalt war der Familie des Geschädigten bekannt.
Das Gericht sah eine Bevollmächtigung des Autohauses durch den Geschädigten zur Beauftragung des Rechtsanwalts als erwiesen an.
Ein Verstoß gegen § 5 RDG sei nicht gegeben. Das RDG wolle vor unqualifizierter Rechtsberatung schützen. In diesem Fall habe der Geschädigte jedoch entschieden, dass ein Rechtsanwalt beauftragt werden soll und diesen auch mündlich benannt. Eine rechtliche Prüfung habe das Autohaus nicht vorgenommen, sondern gerade dem Kundenwunsch entsprechend einen Rechtsanwalt damit beauftragt, so das Gericht.
Aus den Gründen
… Der Geschädigte hatte wegen des Vorfalls das Recht, einen Anwalt zur Rechtsverfolgung einzuschalten und erhält diese Kosten nach § 249 BGB, nachdem es sich nicht um einen ganz einfach gelagerten Fall handelte. Der Zeuge … hat bestätigt, dass er vor Unterschrift unter die Vollmacht an das Autohaus mit dem Zeugen … besprochen habe, dass er eine Beauftragung eines Rechtsanwalts, nämlich die Beauftragung des Klägers wünschte, weil dieser seiner Familie bekannt gewesen sei. Bezüglich der Rechnung des Klägers sei er davon ausgegangen, dass diese von der gegnerischen Haftpflichtversicherung getragen werden müsse, dass er aber andernfalls die Kosten trage.
Bei dieser Sachlage sieht das Gericht eine Bevollmächtigung des Autohauses durch den Geschädigten zur Bevollmächtigung des Klägers zur Regulierung des gesamten Unfallschadens als erwiesen an.
Ein Verstoß gegen § 5 RDG ist nicht gegeben. Das RDG will vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen schützen, § 1 RDG. Der Geschädigte hat entschieden,
dass ein Anwalt eingeschaltet werden soll und den Anwalt mündlich benannt. Das Autohaus … hat keine rechtliche Prüfung und damit keine Rechtsdienstleistung im Sinn des § 2 I RDG vorgenommen, sondern diese dem Kundenwunsch gemäß dem Kläger überlassen.
2)
Der Zeuge … hat bestätigt, dass er den Kläger im Namen des Geschädigten mit der gesamten Unfallabwicklung beauftragt hat. Dass der Kläger nie beabsichtigt hätte, sein Honorar vom Geschädigten zu verlangen, ist reine Spekulation. Grundsätzlich arbeitet ein Anwalt nur entgeltlich, so auch die gesetzliche Vermutung, § 613 I BGB. Die Rechnungsstellung an den Geschädigten bei vereinbarter Abtretung der Forderung an den Kläger wäre reine Förmelei. …
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die bislang bekannt gewordenen wenigen Entscheidungen zum Rechtsdienstleistungsgesetz einen Verstoß dann bejahen, wenn bei einem Verbraucher der Eindruck erweckt wird, dass sich der Kfz-Betrieb um die komplette Schadenabwicklung selbst kümmert.
Zulässig dürften jedoch Hilfsleistungen sein, beispielsweise
• die Aufklärung des Kunden, dass nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden darf,
• der Hinweis auf Verkehrsrechtsanwälte, die mit dem Autohaus kooperieren oder auch
• allgemeine Informationen, die als so genannte Kundenbriefe oder Kundeninformationen – auch zu Rechtsfragen – zur Verfügung gestellt werden.
Die Zulässigkeit dieser Handlungen ist zu bejahen, weil es sich hier gerade nicht um Rechtsdienstleistungen handelt und insoweit bereits das Rechtsdienstleistungsgesetz nicht anwendbar ist.
§ 2 Abs. 2 RDG enthält eine weitere wichtige Neuerung für Kfz-Betriebe, die auch Auswirkungen auf die Tätigkeit des Rechtsanwaltes haben kann.
§ 2 – Begriff der Rechtsdienstleistung
(2) Rechtsdienstleistung ist, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als
eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). Abgetretene Forderungen gelten für den bisherigen Gläubiger nicht als fremd.
§ 2 Abs. 2 RDG erlaubt dem Kfz-Betrieb, sich die Ansprüche des Kunden über eine Abtretung erfüllungshalber abtreten zu lassen mit der Folge, dass der Anspruch ohne weitere Mahnung des Kunden unmittelbar gegenüber dem regulierungspflichtigen Versicherer geltend gemacht werden kann.
Die Abtretung erfüllungshalber wird in der Regel verknüpft mit einer Zahlungsanweisung und einer Reparaturkostenübernahmebestätigung (siehe Anlage).
Bei der Abtretung erfüllungshalber hat der Betrieb letztlich die freie Wahl, ob er für den Fall, dass der Haftpflichtversicherer die Kosten nicht trägt, nunmehr gegen den Versicherer aus abgetretenem Recht vorgeht oder aber nunmehr den Anspruch wieder gegen den Kunden erhebt.
Die Tatsache, dass der Geschädigte nach wie vor der Gefahr ausgesetzt ist, dass er auf Zahlung in Anspruch genommen wird, hat u.U. Auswirkungen auf den Gebührenanspruch des Anwaltes, falls er den Kunden vertritt, nachdem der Kunde seinen Anspruch an das Autohaus erfüllungshalber abgetreten hat.
Die drohende fehlende Aktivlegitimation bei Geltendmachung der Reparaturkosten lässt sich in der Praxis relativ einfach dadurch lösen, dass eine Rückabtretung durch den Kfz-Reparaturbetrieb zugunsten des Anspruchstellers vorgenommen wird (siehe Anlage).
Einige Kfz-Betriebe haben über die Möglichkeit nachgedacht, immer mit einer Abtretung erfüllungshalber zu arbeiten, um dann einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung der Forderung im eigenen Namen zu beauftragen.
Diese Variante mag für den einen oder anderen großen Kfz-Betrieb einen Sinn ergeben, dagegen spricht jedoch zumindest bei regelmäßiger Anwendung, dass die Anwaltskosten nur zu erstatten wären, wenn der regulierungspflichtige Versicherer gegenüber dem Kfz-Betrieb sich im Verzug befinden würde.
Ausschließlich § 5 Abs. 1 RDG räumt als Erlaubnistatbestand Kfz-Betrieben das Recht ein, unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsdienstleistungen zu erbringen.
§ 5— Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit
(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufsoder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit einer Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.
Entscheidende Voraussetzung ist, dass es sich bei der erbrachten Rechtsdienstleistung um eine Nebenleistung zur Hauptleistung handelt, d.h. die Hauptleistung typischerweise nicht erbracht werden kann, wenn nicht auch eine Rechtsberatung hiermit verbunden ist.
Zu denken ist hier beispielsweise an die Aufklärung im Rahmen der 130 %-Gren-ze, da ohne Hinweis auf die Berechtigung, das Fahrzeug instandsetzen zu lassen, ein Reparaturauftrag schlechterdings nicht vorstellbar wäre.
Die Bedeutung des § 5 Abs. 1 RDG dürfte jedoch weitaus geringer sein als die Legaldefinition der Rechtsdienstleistung in § 2 Abs. 1 RDG, zumal klargestellt ist, dass für die Rechtsdienstleistung als Nebenleistung kein gesondertes Entgelt erhoben werden kann, wodurch eigentlich die Attraktivität aus Sicht eines Kfz-Betriebes, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, deutlich zurückgehen sollte.
In der Praxis bedeutsamer ist § 2 Abs. 3 Zi. 5 RDG.
§ 2 – Begriff der Rechtsdienstleistung
(3) Rechtsdienstleistung ist nicht:
1. die Erstattung wissenschaftlicher Gutachten,
2. die Tätigkeit von Einigungsund Schlichtungsstellen, Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern,
3. die Erörterung der die Beschäftigten berührenden Rechtsfragen mit ihren gewählten
I nteressenvertretu ngen, soweit. ein Zusammenhang zu den Aufgaben dieser Vertretungen besteht,
4. die Mediation und jede vergleichbare Form der alternativen
Streitbeilegung, sofern die Tätigkeit nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift,
5. die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien,
6. die Erledigung von Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes).
Hier wird beispielhaft verdeutlicht, dass die Werbung von Autohäusern auch mit Rechtsinformationen gerade keine Rechtsdienstleistung darstellt, wodurch Flyer, Kundenbriefe u.ä. ohne Einschränkung herausgegeben werden dürfen.
Das Rechtsdienstleistungsgesetz hat im Wesentlichen die Rechtsprechung zum Rechtsberatungsgesetz präzisiert und mehr Rechtssicherheit geschaffen, da
nun klargestellt ist, wie überhaupt eine Rechtsdienstleistung zu definieren ist. Die Kfz-Betriebe haben weitaus mehr Freiheiten in der Information ihrer Kunden, es ist Ihnen allerdings nach wie vor untersagt, für die Kunden die komplette Abwicklung zu übernehmen bzw. diese anzubieten.
Der Rechtsanwalt hat nicht zuletzt durch das Rechtsdienstleistungsgesetz die Möglichkeit, den Kfz-Betrieben zu verdeutlichen, dass eine zügige und komplette Unfallschadenabwicklung im Interesse des Kunden und des Kfz-Betriebes liegt und es wenig Sinn macht, dass der Kfz-Betrieb Zeit und damit Kosten aufwendet, um in rechtswidriger Form häufig dann auch noch unvollständige Rechtsberatung zu betreiben. Gerade in diesem Zusammenhang ist der Hinweis auf die Haftungsrisiken von Bedeutung, da immer noch viele Betriebe davon ausgehen, dass eine Haftung schon deshalb
ausgeschlossen sei, da ja eigentlich etwas Verbotenes getan wird.
RechtsanwaIt an Kfz-Betrieb, falls Rechtsanwalt eine Rückabtretung wünscht
Rückabtretung Aktenzeichen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
in oben bezeichneter Angelegenheit zeigen wir an, Ihren Kunden anwaltlich zu vertreten.
Nachdem Ihr Kunde bei Ihnen eine Abtretung erfüllungshalber unterschrieben hat, benötigen wir eine Rückabtretung, die wir hier im Entwurf bereits beigelegt haben. So sind wir in der Lage, den Schadenersatzanspruch vollständig geltend zu machen und wir können sicherstellen, dass Ihrem Kunden und Ihnen kein Nachteil entsteht.
Mit freundlichen Grüßen Rechtsanwalt
Kfz-Betrieb a n Rechtsa nwa It, faIIs Rechtsanwalt eine Rückabtretung wünscht
Rückabtretung Aktenzeichen:
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
in vorgenannter Angelegenheit hatte uns Ihr Mandant seine Schadenersatzansprüche erfüllungshalber abgetreten. Gern kommen wir Ihrem Wunsch nach, die uns abgetretenen Ansprüche rückabzutreten, damit. Sie für Ihren Mandanten auch die Reparaturkosten geltend machen können.
Diese Rückabtretung erfolgt mit der Maßgabe, dass die auf uns lautende Zahlungsanweisung beachtet wird.
Mit freundlichen Grüßen
Kfz-Betrieb
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- 3. Februar 2011, RA FRESE schrieb: Rechtsfragen rund um die Abtretung RA Joachim Otting, Hünxe, www.rechtundraeder.de http://ra-frese.de/wp-content/uploads/2011/02/SVR-weitere-Rechtsfragen-zur-Abtretung.doc Die vielfältigen Fragen, die sich hinsichtlich der in der Schadenabwicklung verwendeten Abtretungen aus dem Rechtsdienstleistungsgesetz ergeben, sind im Beitrag des Verfassers in SVR 2011, S. 8 ff beschrieben. Im vorliegenden Beitrag sollen weitere Probleme erörtert werden, die rund um die Abtretungen akut sind. Diverse Formulare am Markt In aller Regel arbeiten die Werkstätten, Sachverständigen, Autovermieter und Abschleppunternehmer mit von diversen Verlagen oder den Verbänden vorformulierten Formularen. Dabei sind zwei verschiedene Varianten am Markt, wobei die Nutzer überwiegend nicht die eine oder die andere Variante bewusst aussuchen, sondern Stammkunden bei diesem oder jenem Formularverlag sind oder sich vom Verband lenken lassen. Die eine Variante zeichnet sich dadurch aus, dass der gesamte Schadenersatzanspruch abgetreten wird, das aber begrenzt auf die Höhe der entstandenen Rechnung. Der Vorteil dabei ist, dass der frühe Vogel auch bei Quotenfällen gegebenenfalls den ganzen Wurm fängt. Das lässt sich an folgendem Beispiel sehen: Der Gesamtschaden beträgt mit allen Positionen 10.000 EURO und die Werkstattrechnung beläuft sich auf 6.000 EURO. Den Kunden (Zedenten) trifft eine Mithaftung von 25 Prozent, womit ihm insgesamt 7.500 EURO Schadenersatz zustehen. Wenn sich die Werkstatt nun den Gesamtanspruch, aber begrenzt auf die Höhe der Werkstattrechnung abtreten ließ und sie als erste auf den Topf zugreift, trifft sie die Quote nicht. Denn sie kann ihre 6.000 EURO aus den 7.500 EURO erlangen. Wer dann mit seiner Abtretung später kommt, greift auf einen weitgehend entleerten Topf zu. Die andere Variante basiert darauf, dass nur der Anspruch begrenzt auf die konkrete Schadenposition (hier: die Werkstattrechnung) abgetreten wird. Dann bekommt die Werkstatt im Beispielsfall nur 75 Prozent aus den 6.000 EURO, mithin nur 4.500 EURO. Auch in Fällen der Berechtigung des Kunden zum Vorsteuerabzug zeigt die erste Variante ihre Vorteile, denn dann muss die Versicherung – vorausgesetzt der Gesamtschadentopf gibt das her – zu Lasten der sonstigen Gläubiger den Bruttobetrag auskehren. In der zweiten Variante ist der abgetretene Schadenersatzanspruch von vornherein auf die Schadenposition beschränkt, und die ist auf den Nettobetrag begrenzt. Prima facie hat also die erste Variante für den Zessionar massive Vorteile. Bestimmtheit der Abtretung Jedoch gibt es dabei Probleme: Mit einem umfangreich begründeten Urteil hat das LG Saarbrücken eine solche Abtretung als zu unbestimmt verworfen. Bei Abtretung eines Teils einer Forderungsmehrheit, so das Gericht, müsse ausreichend individualisiert sein, auf welche Forderungen oder Teilforderungen sich die Abtretung beziehen soll. Daran fehle es insbesondere, wenn ein nur summenmäßig bestimmter oder bestimmbarer Teil der Forderungsgesamtheit abgetreten wird. Denn in diesem Fall sei nicht erkennbar, von welcher oder welchen der mehreren Forderungen ein Teil abgetreten ist. Ausreichend bestimmt sei eine solche Abtretung nur, wenn die Höhe und Reihenfolge der von der Abtretung erfassten Forderungen oder Teilforderungen aufgeschlüsselt werden. Das Gericht setzt sich auch mit der Auffassung auseinander, dass ein Unfallschaden nicht mehrere Schadenersatzansprüche und damit eine Forderungsmehrheit, sondern einen einheitlichen Schadenersatzanspruch, der sich allerdings aus verschiedenen Positionen zusammensetzt, nach sich zieht. Es meint jedoch, die vom BGH regelmäßig angenommene Schadenseinheit beziehe sich nur auf den Verjährungsbeginn. So verwendet das Gericht die Formulierung: „Denn sie lässt offen, ob und ggf. in welcher anteiligen Höhe der Zessionar Inhaber der Ansprüche auf Ersatz der einzelnen Schäden (z.B. Sachverständigenkosten, Reparaturkosten, ggf. Mietwagenkosten, Heilbehandlungskosten etc.) wird.“ Richtig wäre aber „…Inhaber des Anspruches auf Ersatz der einzelnen Schadenpositionen...“. Denn der Grundsatz der Schadeneinheit gilt generell. Das lässt sich nicht zuletzt dem Beschluss des BGH zur Fälligkeit der Reparaturkosten in den 130 Prozent – Fällen im Hinblick auf das sechsmonatige Weiternutzungserfordernis entnehmen. Darin heißt es: „Auch wenn einzelne Schadenpositionen zwischen der Geschädigtenseite und der Schädigerseite streitig sind und ihre Berechtigung in einem möglicherweise lang dauernden Rechtsstreit geklärt werden muss, ändert dies nichts an der Fälligkeit des Schadenersatzanspruchs, soweit er sich (später) als gerechtfertigt erweist…“. Der BGH unterscheidet also zwischen den Schadenpositionen und dem Schadenersatzanspruch. Er stellt einen Bezug zu § 271 BGB her, der die Fälligkeit des Schadenersatzanspruches als „sofort“ bestimmt, woran nichts ändere, dass wegen einzelner Positionen ggf. erst noch Bezifferungsdokumente abgewartet werden müssen. Ginge er nicht von der Einheitlichkeit des einen Schadenersatzanspruches aus, könnte er für jeden Anspruch eine eigene Fälligkeit ab Bezifferung annehmen, was er aber nicht tut. Nicht zuletzt die tägliche Praxis zeigt, dass das von den Gerichten überwiegend so gesehen wird. In den abrechnenden Passagen von Urteilen werden die Schadenpositionen, soweit sie – eine hundertprozentige Haftung des/der Beklagten unterstellt - der Höhe nach im Sinne der Erforderlichkeit berechtigt wären, aufaddiert. Die Quote aus der Gesamtsumme wird dann „unter dem Strich“ gebildet. Bei Annahme verschiedener Ansprüche müsste jede Position einzeln mit der Quote ausgewiesen werden, um dann unter dem Strich die quotenreduzierten Einzelposten zu addieren. Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des LG Saarbrücken sachlich falsch. Bezifferung schon in Abtretung erforderlich? Gelegentlich wird von der Beklagtenseite auch behauptet, die Abtretung sei schon deshalb zu unbestimmt, weil die Höhe der abgetretenen Forderung nicht beziffert sei. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass rund um Unfallschäden zum Zeitpunkt des Abschlusses der Abtretungsvereinbarung die Höhe der entstehenden Forderung noch gar nicht bekannt ist, ja sogar noch gar nicht bekannt sein kann. Die exakte Höhe der Reparaturrechnung bzw. der Gutachtenrechnung ist ebenso wenig bekannt, wie die erforderliche Dauer der Mietwagennutzung. Das AG Brilon hat entschieden, dass die abgetretene Forderung zum Zeitpunkt ihrer Abrechnung beziffert werden kann und dass das dem Bestimmtheitsgebot genügt. Die pragmatische Antwort auf das LG Saarbrücken Als potentieller Zessionar muss man sich entscheiden. Wählt man den Weg, der vom LG Saarbrücken verworfen wurde, trägt man stets das Risiko, dass andere Gerichte sich, wenn die Frage problematisiert wird, dessen Rechtsmeinung anschließen. Von Zeit zu Zeit meint man ja zu beobachten, dass Gerichte jeden Ansatz nutzen, eine Abtretung zu verwerfen. Schließlich ist der Prozess dann ohne weiteren Aufwand zu Ende. Insbesondere bei Sachverständigen, aber auch bei Autovermietern und Werkstätten als Kläger sind die in Rede stehenden Restforderungen nicht selten unterhalb der Berufungsgrenze. Mithin spricht pragmatisch Einiges dafür, den sichereren Weg zu gehen, sich nur den Anspruch auf Erstattung hinsichtlich der konkreten Schadenposition abtreten zu lassen. Denn die Quotenfälle sind in der Praxis in diesem Zusammenhang nicht so häufig. Wer von einer Schadenquote betroffen ist, hat vielfach davon bereits an der Unfallstelle eine Ahnung. Dann wird viel seltener, als es dem Anteil der Quotenfälle entspricht, stehenden Fußes eine Werkstatt oder eine Autovermietung aufgesucht. Lediglich die Sachverständigen sind häufiger betroffen. Abzuwägen ist also das Risiko, mit der Abtretung ganz auszufallen, gegen das Risiko, bei zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Kunden auf quotenbedingten Resten der Forderung sitzen zu bleiben oder sie nur mit hohem Aufwand beitreiben zu können. Zusatzfragen bei Kaskoschäden In Kaskosachen stellt sich ein weiteres oftmals übersehenes Problem: Soweit ersichtlich, haben alle Kaskoversicherer aus den Musterbedingungen 2008 des GDV die Klausel A.2.14.4 AKB (früher § 3 Abs. 4 AKB) übernommen, die folgenden Wortlaut hat: „Ihren Anspruch auf die Entschädigung können Sie vor der endgültigen Feststellung ohne unsere ausdrückliche Genehmigung weder abtreten noch verpfänden.“ Mit dieser Klausel will der Versicherer verhindern, dass sich der Versicherungsnehmer in Streitfällen die Zeugenposition ermogelt, indem er den Anspruch abtritt und damit nicht mehr selbst der Anspruchsteller ist. Das dürfte auch unter AGB – Gesichtspunkten in Ordnung gehen, weil der Versicherungsnehmer nicht unzumutbar benachteiligt ist. Denn sobald mit der Feststellung des Versicherungsfalles – also mit dem Anerkenntnis dem Grunde nach – das Interesse des Versicherers beseitigt ist, ist der Versicherungsnehmer wieder frei. Das Genehmigungserfordernis besteht nämlich nur bis zur endgültigen Feststellung des Anspruches. In der Praxis liegen die Dinge oft so, dass der Versicherer einen Teil der gestellten Forderung befriedigt und wegen des Restes einwendet, das sei der Höhe nach nicht erforderlich. Mit der Teilzahlung hat sich das Genehmigungserfordernis erledigt. Denn damit ist der Versicherungsfall dem Grunde nach festgestellt. Unscharf ist es, wenn (wie vom AG Köln, siehe Fußnote 3) ausgeführt wird, damit sei die Abtretung konkludent genehmigt. Das Gericht hat das daraus hergeleitet, dass die Teilzahlung an den Zessionar erfolgte. Präziser ist es, dass mit der Teilzahlung der Versicherungsfall festgestellt ist, sodass es gar keiner Genehmigung der Abtretung mehr bedarf. Nur so entgeht man nämlich dem überflüssigen Streit, ob angesichts der Klauselformulierung eine konkludente Genehmigung überhaupt möglich ist. Allerdings genügt die konkludente Genehmigung, denn die Ausdrücklichkeit bezieht sich nicht auf die Form, sondern auf den zweifelsfreien Inhalt der Erklärung. Das Sachverständigenverfahren In Kaskofällen muss vor Klageerhebung stets geprüft werden, ob hinsichtlich der streitigen Position der Klageweg zulässig ist oder ob das Sachverständigenverfahren nach A.2.17 Musterbedingungen AKB 2008 (§ 14 AKB alt) durchgeführt werden muss. Ersteres ist bei reinen Rechtsfragen (Ist eine Kunststoffscheinwerferscheibe „Verglasung“? Gehört der Scheibenwischsensor zum Glasschaden? Dürfen Originalteile verwendet werden? etc.), letzteres bei technisch-kalkulatorischen Fragen (Anzahl der Arbeitswerte, Reparaturweg, Wiederbeschaffungswert etc.) der Fall. Wenn das Sachverständigenverfahren vorgeht, ist zu fragen, ab der Zessionar anstelle des Versicherungsnehmers das Verfahren einleiten darf. Hierzu gibt es, soweit ersichtlich, keine Rechtsprechung. Doch wird man die Frage nur bejahen können: Wer Forderungsinhaber ist, kann auch die zur Durchsetzung der Forderung vorgesehenen Schritte gehen.
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