Die Privatinsolvenz ist DIE durch den Staat vorgesehene Möglichkeit, auch gegen den Willen der Gläubiger durch eine Restschuldbefreiung die Befreiung von den Schulden zu erlangen.
In vielen Fällen kann der Schuldner nicht durch Gläubigervergleiche oder durch Ratenzahlung seine Schulden loswerden, weil einfach das Einkommen des Schuldners nicht ausreicht und auch durch Verwandte oder Bekannte keine sogenannten Drittmittel zur Verfügung gestellt werden können. Oft zahlen die Schuldner durch ihre monatlichen Raten gerade einmal auf die Zinsen, so dass sich die Schuld überhaupt nicht vermindert.
Während den Schuldnern in vergangenen Tagen drohte, in die Leibeigenschaft verkauft oder in den Schuldturm gesperrt zu werden, steht Schuldner nunmehr durch das Verbraucherinsolvenzverfahren eine legale Möglichkeit zur Verfügung, einen Erlass der Schulden zu erhalten.
Restschuldbefreiung gegen den Willen der Gläubiger und Schutz vor Vollstreckung
Grundsätzlich können die Gläubiger die Erteilung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht nicht verhindern. Ausnahmen sind dann gegeben, wenn der Schuldner seine Verpflichtungen (Obliegenheiten) im Insolvenzverfahren verletzt. Dann können die Gläubiger einen Versagungsgsantrag stellen, der durch das Insolvenzgericht geprüft wird. Häufigste Grund für einen Versagungsantrag ist, dass der Schuldner nicht auf Anfragen des Gerichts oder des Treuhänders reagiert hat oder einen Wechsel seines Arbeitsplatzes nicht ungefragt mitgeteilt hat.
Während des gesamten Verfahrens ist der Schuldner vor der Vollstreckung durch die Gläubiger geschützt.
Ablauf der Privatinsolvenz
Die Privatinsolvenz besteht, zumindest bei Verbrauchern, aus einem außergerichtlichen Teil und dem gerichtlichen Insolvenzverfahren.
Voraussetzung um überhaupt einen Privatinsolvenzantrag bei Gericht stellen zu können ist, dass eine Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuches vorliegt. Es muss daher, auch wenn der Versuch von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchgeführt werden. Das bedeutet, dass ein Gläubigern ein Regulierungsangebot gemacht werden muss. Dabei ist es auch möglich, den Gläubigern nichts, also einen so genannten Nullplan anzubieten. Grundsätzlich ist es möglich, als Schuldner selbst einen Schuldenbereinigungsplan zu erstellen und an die Gläubiger zu übersenden. Da allerdings ohnehin die Bescheinigung eines Rechtsanwaltes oder eine Schuldnerberaterstelle erforderlich ist, macht es in der Regel mehr Sinn, den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan insgesamt in die Hände eines Rechtsanwalts oder Schuldenberatungsstelle zu geben.
Nach Abschluss des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens stellt der Schuldner neben den Antrag auf Insolvenzeröffnung auch die Anträge auf Erteilung der Restschuldbefreiung sowie (in der Regel) auf Stundung der Verfahrenskosten.
Sowie das Insolvenzgericht das Verfahren eröffnet hat, ist der Schuldner vor jeglicher Vollstreckung durch die Insolvenzgläubiger geschützt, bis er die Restschuldbefreiung erlangt. Gleichzeitig beginnt die Frist von sechs Jahren (= 72 Monate) zu laufen, an deren Ende die Restschuldbefreiung erteilt wird.
Die Restschuldbefreiung bedeutet grundsätzlich, dass die Gläubiger ihre Forderungen nicht mehr geltend machen können. Bestimmte Forderungen, wie zum Beispiel aus unerlaubter Handlung oder Geldstrafen fallen allerdings nicht unter die Restschuldbefreiung. Lesen Sie hierzu: ausgenommenen Forderungen
Natürlich muss man sich fragen, welches Interesse der Staat hat, den Schuldnern durch die Privatinsolvenz eine Befreiungsmöglichkeit von den Schulden einzuräumen. Letztlich ist die Überlegung, dass Schuldner, die ständig der Pfändung und Vollstreckung durch die Gläubiger ausgesetzt sind in die Schattenwirtschaft abwandern werden, d.h. einfach schwarz arbeiten. Dadurch würde der Volkswirtschaft insgesamt ein größerer Schaden entstehen als durch die Möglichkeit der Restschuldbefreiung.
Geplante Reform der Privatinsolvenz
Zum aktuellen Zeitpunkt läuft noch immer die Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Geplant ist dabei eine Verkürzung der Wohlverhaltensperiode, falls der Schuldner 25 % der Insolvenzforderungen innerhalb der ersten drei Jahre bezahlen kann. Eine Verkürzung auf fünf Jahre soll stattfinden, wenn der Schuldner zumindest die Verfahrenskosten beibringt.
Der Entwurf ist umstritten, der kaum ein Schuldner in der Lage sein wird 25 % der Insolvenzforderungen zu bezahlen. Zugleich bringt der Reformentwurf zahlreiche Verschärfungen zulasten der Schuldner mit sich.
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Seit der Einführung der Verbraucherinsolvenz im Jahr 1999 bis 2011 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bereits 813.000 Anträge gestellt. Im Jahr 2011 wurden knapp über 11.000 Anträge auf Privatinsolvenz gestellt.
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