Rechtsanwalt John Miehler

Miehler & Müller Rechtsanwälte GbR
80333, München
Rechtsgebiete
Insolvenzrecht Strafrecht Zivilrecht
09.07.2015

So läuft die Privatinsolvenz ab (Schuldnersicht)

Martin M. grüßt mich schon von weitem, als ich ihn auf den Weg zum Badesee begegne. Knapp über 1,90 m, braun gebrannt mit Vollbart und Cap, mit einer vollen Badetasche unter dem Arm habe ich ihn zuerst nicht erkannt. Wir kommen ins Gespräch.

„Die Inso ist das Beste was mir passieren konnte.“

„Ich denke mit Schrecken an die Zeit vor dem Antrag zurück. Der Briefkasten war jeden Tag voll. Ich habe mir ständig Sorgen gemacht, dass mein Gehalt gepfändet wird und habe Miniraten an die Gläubiger gezahlt – in der Summe mehr als ich eigentlich mußte. Den Gläubigern war es aber immer zu wenig.“

Er stellt seinen Schirm ab und schiebt die Cap zurück. Ich frage, wie es ihm seit der Insolvenzeröffnung ergangen ist.

„Ich hatte nur einen einzigen Termin mit dem Verwalter. Ich bekomme keine Briefe (von Gläubigern) mehr. Irgendwann hab ich ein Schreiben wegen dem Schlusstermin bekommen und bin jetzt in der Wohlverhaltensperiode. Eigentlich habe ich seit der Eröffnung nicht viel vom Verfahren mitbekommen. Ich bin jetzt viel entspannter. Mich hat das ständige Feuerlöschen und auf Notfälle reagieren total genervt.“

Noch 18 Monate und ich habe die Restschuldbefreiung !

Auf meine Frage, was er nach der Restschuldbefreiung plant, lacht er : „Jedenfalls keine Schulden mehr machen!“

Meist bekommt der Schuldner vom eigentlichen Verbraucherinsolvenzverfahren nicht so viel mit. Wenn die Obliegenheiten eingehalten werden, gibt es kaum Kontakt zum Insolvenzverwalter oder dem Gericht.

So läuft das Verbraucherinsolvenzverfahren (hinter den Kulissen) ab

  • Im Gespräch mit dem Schuldnerberater werden die Besonderheiten des Falles und die weitere Vorgehensweise besprochen. Bereits zu diesem Zeitpunkt werden mögliche Versagungsgründe abgeklärt.
  • Der Schuldenberater fragt bei den Gläubigern die aktuellen Forderungsstände ab und erstellt aus den gewonnenen Informationen einen Schuldenbereinigungsplan. Wenn der Plan gescheitert ist, stellt der Schuldenberater eine Bescheinigung nach § 305 InsO aus.
  • Nach Eingang des Antrages prüft das Gericht, ob Verfahrungsstundung bewilligt und das Verfahren eröffnet werden kann. In seltenen Fällen wird ein gerichtlicher Schuldenbereiniungsplan versucht, bei dem das Gericht die fehlende Zustimmung einzelner Gläubiger ersetzen kann. Mit der Eröffnung bestellt das Gericht einen Treuhänder. Mit dem Tag der Eröffnung beginnt die Frist für die Wohlverhaltensphase an zu laufen.
  • Nach Eröffnung des Verfahrens versucht der Treuhänder das Vermögen des Schuldners, so weit es der Pfändung unterliegt, zu verwerten und Ansprüche zur Masse zu ziehen. Im Schlusstermin legt der Treuhänder Rechenschaft ab und die Gläubiger können Versagungsanträge stellen. Die Dauer dieser Phase hängt davon ab, wie schnell der Treuhänder das Vermögen des Schuldners verwerten kann.
  • In der anschließenden Wohlverhaltensperiode hat der Schuldner sein pfändbares Einkommen an den Treuhänder abgetreten. Im 5. und 6. Jahr erhält er einen Bonus. Während der Wohlverhaltensperiode sind weitere Obliegenheiten zu beachten.
  • Nach Abschluss der Wohlverhaltensperiode stellt das Gericht die Restschuldbefreiung in einem Beschluss fest. Die Privatinsolvenz ist beendet. Alle Forderungen gegen den Schuldner sind erloschen. Ausnahmen : die Gerichtskosten in diesem Verfahren, Forderungen aus “unerlaubter Handlung” und Geldbußen und Geldstrafen.

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