Rechtsanwalt John Miehler

Miehler & Müller Rechtsanwälte GbR
80333, München
Rechtsgebiete
Insolvenzrecht Strafrecht Zivilrecht
15.04.2013

Kontokündigung durch die Bank – Was Sie tun können

Der Verlust des Girokontos ist für den Schuldner eine einschneidende Maßnahme. Da heutzutage alle Finanzbewegungen über Einziehung, Überweisung oder Abbuchung erfolgen, ist eine sinnvolle Teilnahme am wirtschaftlichen Leben ohne Konto fast ausgeschlossen. Überweisungen am Schalter verursachen hohe Kosten.

„Die Bank ist eine Institution, bei der Sie Geld leihen können, vorausgesetzt Sie brauchen keines“.

-Mark Twain -

Für die Banken sind die Kontoführungsgebühren alleine nicht kostendeckend. Die Bank verdient entweder an der Überziehung des Kontos oder an der Möglichkeit dem Kunden weitere Finanzprodukte verkaufen zu können. Beides ist bei einem reinen Guthabenkonto oder bei Schulden für die Bank nicht lohnend. Für Rücklastschriften fällt ein hoher Verwaltungsaufwand an. Die Banken sind daher stark interessiert, solche Kunden zu „entsorgen“. Hier hat sich der Begriff „Schalterhygiene“ herausgebildet.

Wann darf die Bank das Girokonto kündigen ?

Grundsätzlich kann die Bankverbindung als Dauerschuldverhältnis jederzeit gekündigt werden. Besteht ein Überziehungkredit, gilt in der Regel § 19 der AGB- Banken. Die AGB – Banken sind kein Gesetz, sondern vereinfacht ausgedrückt von den Banken verwendete allgemeine Geschäftsbedingungen die durch Einbeziehung in den Vertrag zwischen Bank und Kunden wirksam werden.

Nach § 19 AGB Banken darf ein Überziehungskredit nur gekündigt werden, folgende Voraussetzungen erfüllt sind :

  1. wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners
    und
  2. dadurch die Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber der Bank, auch unter Verwertung der Sicherheiten, gefährdet wird

Daneben sind für die Sparkassen Kündigungsverbote zu beachten, die in einzelnen Sparkassenordnungen festgelegt sind.

Konto gekündigt –Aktionsschritte :

  • Gespräch in der Bankfiliale fragen Sie nach den Gründen der Kündigung. Schlagen Sie vor, das Konto künftig auf Guthabenbasis weiterzuführen. Nehmen Sie sich jemanden zur „moralischen Unterstützung“ mit.
  • Beschwerde an Bank, Richten Sie Ihre Beschwerde an den jeweiligen Vorgesetzen und kündigen Sie an, dass Sie beabsichtigen sich an die Schlichtungsstelle zu wenden
  • Beschwerde an Schlichtungsstelle (siehe unten)
  • Einstweilige Verfügung / Klage
  • Kontoeröffnung bei einer anderen Bank (siehe unten)

Ein neues Konto einrichten

Eine Verweigerung der Kontoeröffnung aufgrund von negativen Schufa-Einträgen ist kein hinreichender Grund für die Verweigerung eines Girokontos auf Guthabenbasis.

Jedermannkonto

Der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) hat bereits 1995 eine Empfehlung zum „Girokonto für jedermann“ gegeben. Danach sollen die Kreditinstituten jeder Person, unabhängig von Art und Höhe der Einkünfte und auch bei Überschuldung, ein Girokonto auf Guthabenbasis bereitzuhalten (sogenanntes Jedermannkonto). Diese Empfehlung ist leider jedoch nicht rechtlich bindend !

Link zur ZKA Empfehlung

Trotz dieser Selbstverpflichtung gibt es in der Praxis immer wieder Probleme bei der Eröffnung von Girokonten auf Guthabenbasis. Außerdem werden Guthabenkonten bei auftretenden Schwierigkeiten sehr schnell gekündigt. Hierbei geht es in der Regel nicht um Probleme im persönlichen Umgang mit der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber, sondern um den für das Kreditinstitut entstehenden Arbeitsaufwand, beispielsweise bei einer Kontopfändung.

In vielen Bundesländern sind die Sparkassen durch die jeweiligen Sparkassengesetze verpflichtet ein Jedermannkonto anzubieten :

Bayern Sparkassenverordnung (SPKO) vom 21. April 2007, Fundstelle: GVBl 2007, S. 332:
Ҥ 5, Kontrahierungszwang
(2) Die Sparkasse führt für natürliche Personen aus ihrem Geschäftsbezirk auf Antrag Girokonten auf Guthabenbasis.
(3) Girokonten müssen nicht geführt werden, wenn das der Sparkasse im Einzelfall aus wichtigem Grund nicht zuzumuten ist.”

Hessen seit 2008: Hessisches Sparkassengesetz vom 10. November 1954 in der Fassung vom 24. Februar 1991
Ҥ 2 Aufgaben
(4) Die Sparkassen sollen nach Maßgabe der Mustersatzung jeder Einwohnerin und jedem Einwohner im Gebiet ihres Trägers auf Verlangen ein Girokonto auf Guthabenbasis einrichten.”

Berlin Die Landesbank Berlin hat gegenüber dem Senat eine Selbsterklärung abgegeben, was nach einer Gerichtsentscheidung im Jahre 2003 das Recht auf ein Konto für Jedermann bedeutet.

Das Landgericht Berlin, Urteil vom 8. Mai 2008, Az. 21 S 1/08, hat im Jahr 2008 entschieden, dass ein Anspruch auf Abschluss eines Girokontos auch gegenüber einer Privatbank besteht. Zwar besteht kein Anspruch aus der Selbstverpflichtung des ZKA, jedoch sei von einem Kontrahierungszwang auszugehen.
Entscheidung abgedruckt in : ZIP 2009, 119, WM 2008, 1825, EWiR 2009, 375)

LG Berlin, Urt. v. 8. 5. 2008 – 21 S 1/08 (rechtskräftig)

Leitsätze der Redaktion:

Unter dem Aspekt des Kontrahierungszwangs kann ein Kreditinstitut verpflichtet sein, dem Antragenden die Führung eines Kontos auf Guthabenbasis – d.h. ohne Recht zur Überziehung – zu ermöglichen.
Eine solche Verpflichtung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Antragende geltend macht, auf ein solches Konto angewiesen zu sein, keine zumutbaren Alternativen zu haben und für das Kreditinstitut kein sachlicher Grund zur Ablehnung des Antragenden als Vertragspartner besteht.
Einen solchen sachlichen Grund zur Ablehnung können allein die Zumutbarkeitsgründe sein, die nach der ZKA-Empfehlung der Verpflichtung zum Vertragsschluss entgegenstehen

Der Ombudsmann des jeweiligen Bankenverbandes kann angerufen werden. Er prüft, sofern die Beschwerde zulässig ist, ob die ZKA-Empfehlung eingehalten wurde. Die Bank ist an den Schiedsspruch nicht gebunden.

Schlichtungs- und Beschwerdestellen der Kreditinstitute

Für private Banken und private Hypothekenbanken: Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband deutscher Banken e. V.

Postfach 04 03 07
10062 Berlin
Telefon: 0 30/16 63-0
Telefax: 0 30/16 63-1399
www.bdb.de

Für öffentliche Banken: Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB)

Postfach 11 02 72
10832 Berlin
Telefon: 0 30/81 92-0
Telefax: 0 30/81 92-222
www.voeb.de

Für Volks-, Raiffeisen- und Genossenschaftsbanken: Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR)

Postfach 30 92 63
10760 Berlin
Telefon: 0 30/20 21-0
Telefax: 0 30/20 21-19 00
www.bvr.de

Für Sparkassen: Deutscher Sparkassen- und Giroverband (regionales Schlichtungssystem)

Charlottenstr. 47
10117 Berlin
Telefon: 0 30/2 02 25-0
Telefax: 0 30 / 2 02 25-2 50
www.dsgv.de

Der Deutscher Sparkassen- und Giroverband verfügt – mit Ausnahme des Bereichs der Landesbausparkassen – über keine zentrale Schlichtungsstelle; zuständig sind die bei den Regionalverbänden angesiedelten Schlichtungsstellen.

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Graurheindorferstraße 108
53117 Bonn

„Das Kreditinstitut ist nicht verpflichtet, ein Girokonto für den Antragsteller zu führen, wenn dies unzumutbar ist. In diesem Fall darf die Bank auch ein bestehendes Konto kündigen. Unzumutbar ist die Eröffnung oder Fortführung einer Kontoverbindung insbesondere, wenn

  • der Kunde die Leistungen des Kreditinstitutes missbraucht, insbesondere für gesetzwidrige Transaktionen, z. B. Betrug, Geldwäsche o. ä.
  • der Kunde Falschangaben macht, die für das Vertragsverhältnis wesentlich sind
  • der Kunde Mitarbeiter oder Kunden grob belästigt oder gefährdet
  • die bezweckte Nutzung des Kontos zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht gegeben ist, weil z. B. das Konto durch Handlungen vollstreckender Gläubiger blockiert ist oder ein Jahr lang umsatzlos geführt wird
  • nicht sichergestellt ist, dass das Institut die für die Kontoführung und -nutzung vereinbarten üblichen Entgelte erhält
  • der Kunde auch im übrigen die Vereinbarungen nicht einhält.“

Quelle : http://www.die-deutsche-kreditwirtschaft.de/die-deutsche-kreditwirtschaft/kontofuehrung/konto-fuer-jedermann/empfehlung.html