Die Lohn- und Gehaltspfändung ist für Schuldner eine einschneidende Maßnahme. Er bekommt nicht nur weniger ausbezahlt, sondern muss um seinen Arbeitsplatz fürchten. Pfändungen bedeuten für den Arbeitgeber nicht nur einen erhöhten Arbeitsaufwand, sondern auch das Risiko bei einer unrichtigen Berechnung ggf. Schadensersatz leisten zu müssen.
Strategien zur Abwehr der Kündigungsgefahr :
Grundsätzlich darf zwar wegen einer Gehaltspfändung nicht beziehungsweise nur dann gekündigt werden, wenn die Lohnpfändung zu „wesentlichen Störungen im Arbeitsablauf oder in der betrieblichen Organisation führt“ (Bundesarbeitsgericht NJW, 1982, 1062). Gerade Arbeitsverträge in der Probezeit, Arbeitnehmer in Kleinbetrieben für die das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet oder befristete Arbeitsverhältnisse, die nicht mehr verlängert werden sind besonders leicht zu lösen.
Die beste Strategie ist es daher, den Gläubigern bereits im Vorfeld einer drohenden Lohnpfändung zu verdeutlichen, dass eine Lohnpfändung für sie keine Vorteile bringt.
Auch wenn der Arbeitsplatz durch besondere Umstände besonders „wackelig“ ist, sollten Sie Ihre Gläubiger informieren. Teilen Sie den Gläubigern mit, wenn Sie sich in der Probezeit befinden, keinen Kündigungsschutz genießen oder Ihr befristetes Arbeitsverhältnis in Kürze ausläuft. Nach meiner Erfahrung lassen sich die Gläubiger darauf ein, auf die Lohnpfändung zu verzichten, soweit ihnen Raten angeboten werden.
Vollstreckungsschutz bei laufenden Vergleichsverhandlungen
Wenn Sie sich bereits in Vergleichsverhandlungen mit den Gläubigern befinden und durch eine sinnlose Lohnpfändung das Risiko des Arbeitsplatzverlustes droht, mit der Folge, dass dadurch die Gesamtsanierung scheitert, weil kein Einkommen mehr zur Verfügung steht, kann bei Gericht gegen diesen Gläubiger Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO erlangt werden. Hier gibt es allerdings noch keine einheitliche Rechtsprechung. Eine rechtsmissbräuchliche und damit sittenwidrige Vollstreckung wurde bisher vom AG Elmsholm (VuR 2000, S. 352) angenommen.
Nettolohn unter der Pfändbarkeitsgrenze
Wenn das Nettoeinkommen deutlich unterhalb des pfändbaren Betrages liegt, sollte auch das den Gläubigern mitgeteilt werden. Es empfiehlt sich die Bankverbindung zu schwärzen, bevor man den Gläubigern einen Gehaltsnachweis an die Hand gibt.
Strategien zur Erhöhung des pfändungsfreien Betrages :
Gläubiger dürfen nur den pfändbaren Betrag des Einkommens pfänden der sich nach der Höhe des Nettoeinkommens und der Anzahl der Unterhaltsberechtigten nach der Pfändungstabelle bestimmt.
Lohnabtretung an Verwandte – (problematischer „Schuldnertrick“)
Eine vorrangige Abtretung geht einer nachfolgenden Lohnpfändung vor. Eine Lohnabtretung an Verwandte für ein angebliches Darlehen empfehle ich nicht. Zwar wird diese Taktik in einschlägigen Kreisen als “Schuldnertrick” angepriesen, ist aber sehr durchschaubar. Der Gläubiger kann die Vorlage der Vereinbarungen durch das Vollstreckungsgericht erzwingen (§ 836 III S1 ZPO). Lässt sich nachweisen, dass der Anspruch nur fingiert ist, kann dies auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das Vortäuschen von Rechten Dritter stellt eine Straftat dar (Bankrott § 283 StGB) und gefährdet auch die Restschuldbefreiung in einem Verbraucherinsolvenzverfahren (§ 290 Abs.1 Nr.1 InsO). Auch kann an eine Vollstreckungsvereitelung (§ 288 StGB) gedacht werden.
Änderung der Gehaltsstruktur
Es kann sinnvoll sein mit dem Arbeitgeber über die Gehaltsstruktur zu sprechen, und Nettoeinkommen in vermögenswirksame Leistungen umzuwandeln, Auslösesummen und Kleidungspauschalen sind nicht pfändbar.
Abschluss einer Direktversicherung
Durch den Abschluss einer Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung vermindert das Nettoeinkommen und damit den pfändbaren Betrag. Nach einer Direktversicherung wird im amtlichen Fragebogen zur eidesstattlichen Versicherung gefragt, die Ansprüche aus der Direktversicherung sind aber grundsätzlich pfändbar (BGH Beschl. 11.11.2010, MDR 2011, S. 67).
Antrag auf Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen (§ 850 f ZPO)
In folgenden Fälle kann zu Gunsten des Schuldners durch einen Antrag bei Gericht der pfändungsfreie Betrag erhöht werden :
- wenn der Schuldner mehr als 5 Unterhaltsberechtigte hat, da diese in der Pfändungstabelle nicht berücksichtigt werden
- besonderen persönlichen oder beruflichen Bedürfnissen des Schuldners Rechnung getragen werden muss ( z.B.: besondere Mietbelastung, kostenaufwendige Ernährung, Pflegeaufwand)
- der Schuldner durch die Lohnpfändung hilfebedürftig im Sinne des SGB XII würde. Die Hilfebedürftigkeit kann durch die „Bescheinigung des sozialrechtlichen Existenzminimums“ nachgewiesen werden. Die Bescheinigung wird auf Antrag von den kommunalen Sozialämtern ausgestellt. Musterbescheinigung : www.infodienst-schuldnerberatung.de
Prüfung der Angabe der Unterhaltsberechtigten auf der Lohnsteuerkarte
Grundsätzlich wird auch der Ehegatte mit Arbeitseinkommen bei der Anzahl der Unterhaltspflichtigen mit berücksichtigt. Der Gläubiger kann aber einen Antrag beim Vollstreckungsgericht stellen, so dass der Ehegatte nicht berücksichtigt wird, wenn dies im Hinblick auf dessen Einkommen unbillig wäre.
Änderung der Lohnsteuerklasse – (problematischer „Schuldnertrick“)
Grundsätzlich kann der verheiratete Schuldner die Verteilung der Lohnsteuerklasse ändern lassen. Lässt sich der Schuldner die steuerrechtlich „ungünstigere“ Lohnsteuerklasse V zuweisen, ist natürlich auch sein Nettoeinkommen geringer. Entsprechend verringert sich auch der pfändbare Betrag.
Auch diese Strategie ist leicht durchschaubar. Die Rechtsprechung geht in den Fällen, in denen das höhere Einkommen ohne sachlichen Grund nach Steuerklasse V versteuert werden soll, von einer ungerechtfertigten Manipulation des Schuldners aus. Die Folge : der Gläubiger kann beantragen, dass der Arbeitgeber als Drittschuldner bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens an Stelle der in der Lohnsteuerkarte eingetragenen Steuerklasse V die Steuerklasse IV zugrunde zu legen hat. Für das Finanzamt bleibt der Schuldner aber in der ungünstigen Lohnsteuerklasse V ! Unterm Strich bleibt dann für den Schuldner viel weniger als zuvor !