Rechtsanwalt Joachim Sokolowski

Fachanwaltskanzlei Sokolowski
63263, Neu-Isenburg
Rechtsgebiete
Strafrecht Sozialrecht
07.12.2012

Zustellung demnächst nach 19 Monaten kann die Verjährung hemmen

Die Zustellung einer Klageschrift hemmt die Verjährung, wenn die Klage vor Ablauf der Verjährungsfrist eingereicht und demnächst im Sinne des § 167 ZPO zugestellt wurde.
Im vorliegenden Fall war die war die Klageschrift am 31. Dezember bei Gericht eingegangen, wurde jedoch erst 19 Monate später dem in Chile wohnenden Beklagten zugestellt.

Das Gericht ließ dies als Zustellung demnächst i.S.d. § 167 ZPO gelten (BAG 8 AZR 394/11), was u.a. wie folgt begründet wird:

Die Zustellung der Klage an den Beklagten am 31. Juli 2009 hemmt nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung, da sie zwar nach Ablauf der Verjährungsfrist, jedoch „demnächst“ iSd. § 167 ZPO vorgenommen wurde.

Ob eine Klagezustellung „demnächst“ iSv. § 167 ZPO erfolgt ist, kann nicht aufgrund einer rein zeitlichen Betrachtungsweise entschieden werden. Vielmehr ist der Begriff ohne eine absolute zeitliche Grenze im Wege einer wertenden Betrachtung auszulegen. Da die Zustellung von Amts wegen geschieht und Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs nicht von der die Zustellung veranlassenden Partei beeinflusst werden können, muss diese vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des Geschäftsbetriebs der Gerichte geschützt werden. Verzögerungen der Zustellung, die durch die Sachbearbeitung des Gerichts verursacht sind, muss sich der Kläger grundsätzlich nicht zurechnen lassen; dies gilt auch bei mehrmonatigen Verzögerungen.

Allerdings muss der Zustellungsbetreiber alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan haben, sofern es nicht ohnehin zu einer nur geringfügigen Verzögerung gekommen ist. Einer Partei sind nur solche Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können. „Demnächst“ im Wortsinn bedeutet, dass die Zustellung der „dem“ Einreichen der Klage „nächste“ Schritt sein können muss. Daran fehlt es in der Regel bei Mängeln der Klageschrift, etwa wenn die Angabe einer falschen oder unzureichenden Anschrift des Beklagten erfolgte (BGH 31. Oktober 2000 – VI ZR 198/99 – zu II 3 a der Gründe mwN, BGHZ 145, 358). Ebenso fehlt es an einer ohne Weiteres, also „demnächst“ möglichen Zustellung, wenn der zu leistende Gerichtskostenvorschuss nicht oder nach seiner Anforderung nicht innerhalb eines Zeitraums eingezahlt wird, der sich um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt.

[...]

Mit der Klageeinreichung am 31. Dezember 2007 hatte die Klägerin alles für eine Zustellung Gebotene getan. Zu nicht nur geringfügigen Verzögerungen, welche die Klägerin oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können, ist es nicht gekommen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten stellt es keine Verzögerung der Zustellung dar, dass die Klägerin die Klage erst am letzten Tag der Verjährungsfrist bei Gericht eingereicht hat. Die Klägerin durfte die Verjährungsfrist bis zur Grenze ausnutzen, ohne dass ihr dies als Verschulden angerechnet wird.
Mit der Einreichung der Klageschrift und der Angabe der Adresse des Beklagten in Chile hatte die Klägerin alles Erforderliche getan, um die Auslandszustellung einzuleiten. Insbesondere hatte die Klägerin keinen Kostenvorschuss zu leisten, da nach § 11 GKG in den Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen Kostenvorschüsse nicht erhoben werden.

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