Das OLG Oldenburg hat sich in seiner Entscheidung vom 7.09.2010 in dem Verfahren 1 Ss 124/10 mit den Voraussetzungen des Vortäuschens einer Straftat i.S.d. § 145d StGB befasst und festgestellt, dass der Tatbestand jedenfalls dann nicht erfüllt ist, wenn aufgrund die Falschangaben keinen oder nur ein geringer Ermittlungsaufwand hervorrufen.
In dem entschiedenen Fall wurde die untere Scheibe der gläsernen Eingangstür zum Geschäft des Angeklagten beschädigt, indem in sie ein – höchstens fußballgroßes – Loch geschlagen wurde. Ein Anwohner bemerkte dies sogleich und wartete auf das Eintreffen der von ihm informierten Polizei. Als diese eintraf, ließ sie zur Eigentumssicherung die untere Glasscheibe der Eingangstür vollständig herausschlagen und stattdessen eine Holzplatte anbringen. Am nächsten Tag gab der Angeklagte bei der Polizei an, es sei nicht nur die Türscheibe beschädigt, sondern auch Ware aus dem Geschäft entwendet worden. eine Aufstellung des Gestohlenen werde er nachreichen. Der ermittelnde Polizeibeamte änderte in der Ermittlungsakte daraufhin die Bezeichnung der Tat von „Sachbeschädigung“ in „schwerer Diebstahl“. Er entschied sich, am Tatort und durch Vernehmung des Angeklagten durchzuführen, traf diesen aber nicht an. Als er ihn am Folgetag als Zeugen vernahm, gab der sich gegen Einbruchsdiebstahl versichert glaubende Angeklagte bewusst wahrheitswidrig an, ihm seien durch die beschädigte Tür im Einzelnen bezeichnete Waren im Wert von insgesamt rund 9.500 € entwendet worden. Als ihm der Polizeibeamte vorhielt, dass nach den bisherigen Ermittlungen ein Einbruchsdiebstahl nicht stattgefunden haben könne, brach der Angeklagte die Vernehmung ab. Dass es in der Folgezeit wegen der falschen Angabe des Angeklagten zu irgendwelchen weiteren Ermittlungen gekommen wäre, hat das konnte nicht festgestellt werden.
In den Urteilsgründen führt das OLG dann u.a. folgendes aus:
Das festgestellte Verhalten des Angeklagten erfüllt nicht den Tatbestand des Vortäuschens einer Straftat nach § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB.
Geschütztes Rechtsgut dieser Vorschrift ist die Strafrechtspflege, die vor unnützer Inanspruchnahme und der damit verbundenen Schwächung ihrer Verfolgungsintensität geschützt werden soll. Der Tatbestand ist deshalb nicht erfüllt, wenn das Täterverhalten keinen oder keinen nennenswerten Ermittlungsaufwand hervorruft, [...].
So liegt es hier. Denn die falschen Angaben des Angeklagten waren nach Lage des Falles als solche objektiv ungeeignet, nennenswerte Ermittlungsmaßnahmen auszulösen und haben solche auch nicht ausgelöst.
Der Polizei war aufgrund der Tatumstände, nämlich wegen der Anwesenheit des die Beschädigung des Türglases meldenden Zeugen am Tatort bis zum Eintreffen der Polizei und wegen der geringen Größe des in die Scheibe geschlagenen Loches, von Anfang an bekannt, dass kein Einbruch in den Laden geschehen war. Das Aufsuchen des Tatorts und die Vernehmung des Angeklagten sind zwar von der Polizei durchgeführt worden, nachdem der Angeklagte seine erste falsche Angabe gemacht hatte. Schon zu diesem Zeitpunkt war dem ermittelnden Polizeibeamten aber, wie sein Vorhalt an den Angeklagten zeigt, bereits bewusst, dass infolge der Türbeschädigung nichts aus dem Geschäft des Angeklagten entwendet worden sein konnte. Soweit – was nicht festgestellt ist – die Polizei Ermittlungen dazu getätigt haben sollte, ob die Sachbeschädigung Teilakt eines versuchten Diebstahls aus dem Ladenlokal war, wären solche Ermittlungen jedenfalls nicht durch die falsche Angabe des Angeklagten, es sei Ware aus dem Laden gestohlen worden, veranlasst worden.
Die Entscheidung kann hier auf den Seiten der niedersächsischen Justiz im Volltext abgerufen werden.
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