Das OLG Frankfurt hat in seiner Entscheidung vom 28.03.2012 – 19 U 238/11 – festgestellt, dass eine Entgeltklausel, wonach für das Führen eines Pfändungsschutzkontos ein (weitaus) höheres monatliches Entgelt verlangt wird als für das Führen des allgemeinen Girokontos, eine unangemessene Benachteiligung der privaten Kunden gemäß § 307 Abs. 1 BGB darstellt, weil das – auf entsprechendes Verlangen des Kunden – Führen eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto im Sinne des § 850 k Abs. 7 Satz 2 ZPO eine Dienstleistung zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht darstellt, für die eine Bank auch dann kein Entgelt verlangen kann, wenn sie dadurch höhere Aufwendungen hat.
Bezüglich der Entscheidunng, die auf eine Abmahnung durch einen verbraucherschutzverein ergangen ist, wurde die Revision nicht zugelassen.
Das OLG hat in den Gründen u.a. folgendes ausgeführt:
Copyright © 2012 by Rechtsanwalt Strafrecht Joachim Sokolowski, Fachanwalt für Sozialrecht J. SokolowskiNach § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO kann der Kunde des Kreditinstituts verlangen, dass sein von dem Kreditinstitut geführtes Girokonto von diesem als P-Konto geführt wird. Im Falle eines noch nicht bestehenden Girokontovertrages können Kreditinstitut und Kunde vereinbaren, dass das einzurichtende Girokonto von dem Kreditinstitut als Pfändungsschutzkonto geführt wird (§ 850k Abs. 7 Satz 1 ZPO). Das Kreditinstitut muss auf Verlangen des Kunden das vorhandene Girokonto in ein P-Konto umwandeln, d. h. das Girokonto als P-Konto führen, ohne für diese Umwandlung ein Entgelt verlangen zu dürfen. Dieses Verlangen nach Führung eines P-Kontos ist im Übrigen auch unabhängig von einer konkreten Pfändungssituation möglich. Kommt aber die vom Kunden verlangte und mit dem das Girokonto führenden Kreditinstitut vereinbarte Führung des Girokontos nicht durch den Abschluss eines neuen Zahlungsdiensterahmenvertrages über die Führung eines P-Kontos zustande, geht die Argumentation der Beklagten, die sie im Schriftsatz vom 7.3.2012 wiederholt und vertieft hat, fehl, soweit sie in ihrer Begründung des Vorliegens einer Preishauptabrede gerade darauf abstellt, dass hinsichtlich des Führens eines P-Kontos ein selbständiger Zahlungsdiensterahmenvertrag i. S. des § 675 Abs. 1 BGB geschlossen werde mit besonderen Dienstleistungen unter Beachtung der Besonderheiten des § 850k ZPO (so auch LG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.11.2011, 2/10 O 192/11, ZIP 2012, 114, 115). Es handelt sich beim P-Konto gerade nicht um ein aliud gegenüber dem Girokonto, sondern um eine geänderte Führung des Girokontos als P-Konto unter Beachtung der Vorgaben des § 850k ZPO. Daher ist auch die Argumentation der Beklagten bereits im Ansatz unzutreffend, wenn sie ausführt, dass das selbständig zu vereinbarende P-Konto auch ein Girokonto sei. Dagegen spricht eindeutig der Wortlaut des § 850k Abs. 7 ZPO, wonach ausgehend von „einem der Führung eines Girokontos zu Grunde liegenden Vertrag“ das Girokonto als P-Konto zu führen ist. Da mithin nach der Vorstellung des Gesetzgebers der Kunde auch im Falle der Umwandlung sein bestehendes Girokonto behält, gilt auch die Vereinbarung der beiderseitigen Pflichten für dieses Konto fort. Wenn aber die Girovereinbarung mitsamt der Entgeltabrede auch bei Umwandlung in ein P-Konto fortbesteht und ein eigenständiger Abschluss eines Girovertrages über das Führen eines P-Kontos nicht erfolgt, geht auch die weitere Argumentation des Landgerichts und der Beklagten fehl, die anknüpfend an die Eigenständigkeit eines zur Führung des P-Kontos abgeschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrages nach § 675f Abs. 2 Satz 1 BGB für die Entgeltabrede eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende frei zu vereinbarende Hauptleistungspflicht gemäß § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB annehmen. Vielmehr handelt es sich um eine dem Kunden und der Allgemeinheit nicht offengelegte Preisnebenabrede für Leistungen im Rahmen des für das Girokonto „Standard“ abgeschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrages, die der Klauselkontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterliegt.
Für die Frage der Klauselunwirksamkeit ist weiter danach zu differenzieren, ob es sich bei der Entgeltklausel um ein Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung der Bank handelt, oder ob die Regelung eine Aufwendung für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders betrifft bzw. die Gebühr für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse erhoben wird (vgl. BGH, Urteil v. 21.4.2009, BKR 2009, 345, 347 m. w. N.; zur Differenzierung von Preishaupt- und Preisnebenabreden auch: Nobbe WM 2008, 185, 186).
Durch die Führung eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto, wie der Gesetzgeber dies in § 850k Abs. 7 S. 1 und S. 2 ZPO vorgesehen hat, verpflichtet sich die Bank zu einer Zusatzleistung, die keine Hauptleistung eines Zahlungsdiensterahmenvertrages, wie bei der Führung des Girokontos, darstellt. Aufbauend auf dem bestehenden oder noch zu vereinbarenden Girokontovertrag erbringt das Kreditinstitut vielmehr zusätzlich die Leistungen des Pfändungsschutzes in Umsetzung der Neuregelung des § 850k ZPO. Die Leistungen der Bank aus dem ursprünglichen Zahlungsdiensterahmenvertrag, der dem Abschluss des Girovertrages weiterhin zu Grunde liegt, werden lediglich erweitert, ohne dass ein eigenständiges Kontomodell durch die Umwandlung des Girokontos in ein P-Konto entsteht (so auch zutreffend bereits LG Bamberg, Urt. v. 22.2.2011, 1 O 445/10, juris Rn. 21; Beschluss v. 18.10.2010, ZVI 2011, 36).
Bei dieser Leistungserweiterung handelt es sich um eine solche, die den Kreditinstituten als gesetzliche Pflicht auferlegt ist und nicht um Leistungen, die auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbracht werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Führung des Girokontos als P-Konto eine vertragliche Abrede (s. o.) zu Grunde liegt. Da die Kreditinstitute nach § 850k Abs. 7 ZPO verpflichtet sind, ein Girokonto auf Verlangen des Kunden als P-Konto zu führen, ist davon auszugehen, dass das Führen des Girokontos als P-Konto nach dem Willen des Gesetzgebers zu den den Kreditinstituten gesetzlich übertragenen Pflichten gehört (vgl. auch KG Berlin, Urteil v. 29.9.2011, ZIP 2012, 112 ff., juris Rn. 34; OLG Naumburg a. a. O.; Ahrens NJW-Spezial 2011, 85). Für die Annahme einer solchen gesetzlichen Verpflichtung spricht auch die zum alten Pfändungsrecht ergangene Entscheidung des BGH (BGHZ 141, 380 ff.) zur Bearbeitung von Kontopfändungen durch Kreditinstitute. Danach kann für die Bearbeitung von Kontopfändungen durch die Banken als Drittschuldner (§ 840 ZPO) kein Entgelt verlangt werden, weil es sich um die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung handelt, letztlich um Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge. Der Aufwand für die Bearbeitung und Überwachung von Pfändungen gehört danach zu den allgemein von Drittschuldnern zu tragenden Lasten, für die sie keine Kostenerstattung verlangen können. Dies führte hinsichtlich einer hierfür von dem Kreditinstitut in AGB bestimmten Entgeltabrede zur Annahme einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB durch den BGH a.a.O.. Ebenso wie die Bearbeitung der Pfändung durch den Drittschuldner gehört auch die Führung des P-Kontos zu den gesetzlich übertragenen Aufgaben (so auch Ahrens; NJW-Spezial 2011, 85, 86). Das OLG Nürnberg, Urteil v. 22.11.2011, Az.: 3 U 1585/11, uv., – Anlage BB 2 -, hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass das Kreditinstitut mit der Führung des P-Kontos nichts anderes mache als – vorsorglich – seiner Pflicht als Drittschuldner zu genügen, zugunsten des Schuldners bestimmte Pfändungsfreigrenzen zu beachten. Dementsprechend vertritt auch das LG Bamberg, (Urt. v. 22.2.2011, a. a. O. Rn. 25) hierzu die Auffassung, dass das als P-Konto geführte Girokonto zumindest in wesentlichen Teilbereichen seiner Funktion nach nichts anderes darstelle als die Automatisierung der Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen gegenüber dem Kontoinhaber bis zu dem der Pfändungsgrenze entsprechenden Betrag des Kunden. Denn das Konto soll die weitere Teilnahme des Kunden am Zahlungsverkehr sicherstellen und eine Kontosperre verhindern. Diese Aufwendungen stellen keine vertraglich vereinbarten Dienstleistungen der Banken für den Kunden dar. Unerheblich ist, ob den Kreditinstituten durch die Einführung des P-Kontos aufgrund der Durchführung des Nachweisverfahrens bei der Ermittlung der Aufstockungsbeträge nach § 850k Abs. 5 S. 2 ZPO ein nicht unerheblicher organisatorischer Mehraufwand entsteht, wie dies die Beklagte vorträgt, was von dem Kläger aber wegen der Möglichkeit des Einsatzes von hierzu entwickelten Softwareprogrammen im Rahmen der EDV-Anwendungen bestritten wird. Selbst ein Mehraufwand ändert jedenfalls nichts daran, dass es sich bei der Führung des Girokontos als P-Konto um eine Verpflichtung handelt, die der Gesetzgeber durch das Umwandlungsrecht der Kunden dem Institut auferlegt hat.
Mithin kann die Beklagte ein höheres Entgelt als für das normale Girokonto grundsätzlich unter Verwendung von AGB nicht wirksam vereinbaren (vgl. auch LG Leipzig, Beschluss v. 2.12.2010, ZVI 2011, 73 f.; LG Halle, Urteil v. 19.5.2011, ZVI 2011, 347, juris Rn. 42).