Das LSG Hessen hat sich in dem Verfahren L 2 AS 250/13 B erneut mit den bei einer Untätigkeitsklage entstehenden Gebühren befasst und in seinem Beschluss vom 13.01.2014 festgestellt, dass die Höhe der Verfahrensgebühr bei einer Untätigkeitsklage im Regelfall in Höhe der halben Mittelgebühr angemessen vergütet ist und eine (fiktive) Terminsgebühr nach der RVG-VV Nr. 3106 (nur) dann entsteht, wenn der Leistungsträger den begehrten Bescheid erlässt, der Rechtsstreit draufhin für erledigt erklärt wird und zuvor bei Klageerhebung die Frist des § 88 SGG abgelaufen und kein zureichender Grund für eine verspätete Entscheidung des Leistungsträgers vorhanden war.
Seine Entscheidung begründet das Gericht u.a. wie folgt:
Die Vergütung des Beschwerdeführers ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG nach dem bis zum 31. Juli 2013 gültigen RVG zu berechnen, da der Rechtsanwalt vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1. August 2013 beigeordnet wurde.
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Der Beschwerdeführer kann daneben eine (fiktive) Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG geltend machen. Hierzu hat der erkennende Senat bereits mehrmals entschieden, dass eine (fiktive) Terminsgebühr nach der Nr. 3106 VV RVG im Falle einer Untätigkeitsklage nur dann entsteht, wenn der Leistungsträger den begehrten Bescheid erlässt, der Rechtsstreit daraufhin für erledigt erklärt wird und zuvor bei Klageerhebung die Frist des § 88 SGG abgelaufen und kein zureichender Grund für eine verspätete Entscheidung des Leistungsträgers vorhanden war (vgl. Beschlüsse vom 12. Mai 2010, L 2 SF 342/09 E; vom 12. Januar 2012, L 2 AS 523/11 B, vom 6. Februar 2012, L 2 R 2/11 B und vom 21. März 2012, L 2 AS 517/11 B). Unter Beachtung der genannten Voraussetzungen kann vorliegend eine Terminsgebühr festgesetzt werden. Denn der mit der Untätigkeitsklage begehrte Bescheid wurde am 30. Januar 2012, d.h. nach Klageerhebung am 13. Januar 2012, erlassen. Zu diesem Zeitpunkt war die 3-Monats-Frist des § 88 Abs. 2 SGG bereits abgelaufen, denn der Widerspruch war bei dem Beklagten am 10. Oktober 2011 eingegangen. Sachliche Gründe für die verspätet ergangene Entscheidung waren weder ersichtlich noch von dem Beklagten angegeben worden. Der Beklagte hat vielmehr mit Schreiben vom 29. Februar 2012 ein Kostengrundanerkenntnis abgegeben und damit insbesondere das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die verspätete Entscheidung selbst verneint. Daher sind durch die Erklärung des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 14. Februar 2012, die Untätigkeitsklage sei erledigt, die Voraussetzungen für das Entstehen der (fiktiven) Terminsgebühr eingetreten.
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Die Höhe der Gebühren richtet sich nach den §§ 3, 14 RVG. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anwendbar ist, Rahmengebühren. Dies gilt nach Absatz 2 entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens.
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Bei der Bestimmung der Gebühr im konkreten Einzelfall durch den Rechtsanwalt gelten die allgemeinen Grundsätze der Ausübung des Ermessens nach § 315 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wobei der Rechtsanwalt die für seine Ermessensausübung vorgenommenen Erwägungen darlegen muss. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wird im Wesentlichen durch die zeitliche inanspruchnahme bestimmt. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist anhand der Intensität der Tätigkeit zu bewerten. Die Bedeutung der Angelegenheit ist zu bestimmen anhand der konkreten Bedeutung für den Mandanten. Zusätzlich sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers maßgeblich. Dabei ist in der Praxis grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen (vgl. zu den Prüfungsschritten nach § 14 RVG für den Bereich des SGB II ausführlich BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, Az. B 4 AS 21/09 R).Nach den Kriterien des § 14 RVG ist eine Untätigkeitsklage als deutlich nterdurchschnittlich zu bewerten (vgl. Beschluss des erkennenden Senates vom 6. Februar 2012, L 2 R 2/11 B). Denn das Interesse des Klägers ist im Wesentlichen gerichtet auf den Erlass eines Bescheides bzw. Widerspruchsbescheides durch den Leistungsträger. Unter Berücksichtigung dessen ist im Regelfall die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes im Rahmen einer Untätigkeitsklage mit der halben Mittelgebühr der Nr. 3102 VV RVG (Mittelgebühr 250,- €, halbe Mittelgebühr 125,- €) angemessen vergütet. Mit der halben Mittelgebühr sind das Gespräch mit dem Mandanten, die Akteneinsicht und die Fertigung der Untätigkeitsklageschrift abgegolten. Im vorliegenden Fall gibt es keine Gesichtspunkte, hiervon abzuweichen. Insbesondere vermag sich der Senat nicht einer Gebührenhöhe nach Maßgabe der doppelten Mindestgebühr anzuschließen.
Das Sozialgericht bezieht sich zur Begründung der Höhe der Verfahrensgebühr bei einer Untätigkeitsklage wie auch der Senat zunächst darauf, dass Untätigkeitsklagen nach den Kriterien des § 14 RVG als weit unterdurchschnittlich zu bewerten sind. In der Rechtsprechung wird dieser unstreitige Grundansatz sodann mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Gebührenhöhen in Verbindung gebracht (vgl. die Übersicht in LSG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2008, L 19 B 24/08 AS, juris Rn. 32: „In der Rechtsprechung zur Bestimmung der angemessenen Betragsrahmengebühr bei einer Untätigkeitsklage findet sich der Ansatz der doppelten Mindestgebühr (80,00 €, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.06.2007, L 18 B 732/07 AS), der dreifachen Mindestgebühr (120,00 €, SG Hamburg, Beschluss vom 05.07.2006, S 58 AS 329/05), der vierfachen Mindestgebühr (160,00 €, LSG Sachen, Beschl. v. 2.07.2004, L 2 B 73/03 AL-PKH), der halben Mittelgebühr (125,00 €, SG Marburg, Beschluss vom 14.02.2008, S 6 KR 72/07), von 60% der Mittelgebühr (150,00 €, SG Hamburg, Beschluss vom 21.03.2007, S 61 AS 1905/06) oder von 75% der Mittelgebühr (187,50 €, SG Dortmund, Beschluss vom 15.05.2006, S 6 KN 2/05).“).
Das Sozialgericht führt für seinen Gebührenansatz in Höhe der doppelten Mindestgebühr an, im vorliegenden Fall sei weder vorgetragen worden, ob und ggfs. in welchem Umfang ein Mandantengespräch stattgefunden habe, noch sei Akteneinsicht genommen worden. Das Sozialgericht verkennt dabei, dass es sich bereits bei der Anlehnung an eine Mittelgebühr um eine pauschalisierende Herangehensweise zur Bestimmung der Gebührenhöhe bei Betragsrahmengebühren handelt. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, dass mit der halben Mittelgebühr bei Untätigkeitsklagen das Gespräch mit dem Mandanten, die Akteneinsicht und die Fertigung der Untätigkeitsklageschrift abgegolten sind. Dabei handelt es sich um die typischen Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes vor Erhebung einer Untätigkeitsklage, die dementsprechend in der pauschalisierten Gebührenhöhe Berücksichtigung finden. Aufgrund des pauschalisierenden Ansatzes wird dabei grundsätzlich vom Rechtsanwalt im Rahmen einer Untätigkeitsklage nicht der Nachweis sämtlicher Einzelhandlungen gefordert, sofern nicht besondere Anhaltspunkte hierfür Anlass geben. Dem vorliegenden pauschalisierenden Gebührenansatz kann daher nicht entgegen gehalten werden, einzelne Handlungen des Rechtsanwaltes hätten nicht stattgefunden oder seien nicht nachgewiesen worden.
Das Sozialgericht führt weiter aus, da Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers weit unterdurchschnittlich gewesen seien und nur aufgrund der Bedeutung des Verfahrens für den Kläger nicht von einer Mindestgebühr ausgegangen worden sei, sei eine Erhöhung der Mindestgebühr um das Doppelte ausreichend. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass nicht um die Leistungen an sich gestritten worden sei, sondern lediglich um den Erlass eines Bescheides. Letzteres ist bei Untätigkeitsklagen nach § 88 SGG immer der Fall und mit dem Grundansatz, dass Untätigkeitsklagen weit unterdurchschnittlich zu bewerten seien, bereits berücksichtigt. Der darüber hinausgehenden Ansatz, die Gebührenhöhe wegen Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit unterhalb der Mittelgebühr und oberhalb der Mindestgebühr festzulegen, ist ebenfalls allen in der Rechtsprechung vertretenen Gebührenhöhen gemein. Warum eine Erhöhung der Mindestgebühr um das Doppelte sachlich angemessener sei als die Gewährung einer halben Mittelgebühr vermochte auch das Sozialgericht nicht zu konkretisieren.
Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keinen Anlass, von dem pauschalisierenden Ansatz einer in der Regel in Höhe der halben Mittelgebühr festzusetzenden Verfahrensgebühr bei Untätigkeitsklagen abzuweichen. Der Senat berücksichtigt damit einerseits, dass nach den Kriterien des § 14 RVG, insbesondere Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Untätigkeitsklagen im Regelfall als unterdurchschnittlich zu bewerten sind. Gleichwohl respektiert dieser Gebührenansatz noch, dass es sich bei der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG, abweichend von Verwaltungs- und Finanzgerichtsordnung, um eine eigenständige besondere Klageart in Form einer Bescheidungsklage handelt (vgl. Leitherer, in: Meyer/Ladewig/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 88, Rn. 2). Der Senat sieht keinen Anlass dafür, dass diese im SGG besonders vorgesehene Klageart im Rahmen der Verfahrensgebühr und dem hierfür vorgesehenen Betragsrahmen regelhaft nur knapp über der Mindestgebühr vergütet wird.
Die Terminsgebühr nach der Nr. 3106 VV RVG beträgt in Verfahren vor den Sozialgerichten 20,00 bis 380,00 €. Entsprechend den Kriterien, wie sie für die Verfahrensgebühr gelten, ist auch die Terminsgebühr regelmäßig im Rahmen einer Untätigkeitsklage auf die Hälfte der Mittelgebühr zu begrenzen. Dementsprechend errechnet sich vorliegend eine Terminsgebühr von 100,00 €.
Nach alledem setzt sich die angemessene Vergütung des Beschwerdeführers im Verfahren S 26 AS 52/12 wie folgt zusammen:
- Verfahrensgebühr Nr. 3102 125,00 €
- Terminsgebühr Nr. 3106 100,00 €
- Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 €
- Zwischensumme 245,00 €
- 19% USt. Nr. 7008 VV-RVG 46,55 €
- Summe: 291,55 €
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