Nach § 17 IV OWiG soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen.
Das Amtsgericht Lüdinghausen hat sich in seinem Urteil vom 27.02.2012 – 19 OWi-89 Js 2034/11-277/11 – damit befasst, wie dieser Vorteil bei der Überladung eines LKW zu ermitteln ist und u.a. folgendes ausgeführt:
Copyright © 2012 by Rechtsanwalt Strafrecht Joachim Sokolowski, Fachanwalt für Sozialrecht J. SokolowskiDer abzuschöpfende wirtschaftliche Vorteil ist nach dem sogenannten “Nettoprinzip” zu bemessen. Aus der Tat gezogene wirtschaftliche Vorteile werden hiernach definiert als der Gewinn aufgrund der Ordnungswidrigkeit, und zwar abzüglich von Kosten und Aufwendungen, die zur Erzielung des Gewinns erforderlich waren – es ist hierfür also eine Saldierung erforderlich. Bei der Beförderung von Gütern etwa errechnet sich der Vorteil im Falle eines überladenen Fahrzeugs aus dem Beförderungsentgelt für das “Mehrgewicht”, wobei gerade infolge der Überladung entstehende Mehrkosten abzuziehen sind (BGH, Beschluss vom 07.02.1986 – 2 StR 697/85). Dagegen dürfen “Sowieso-Kosten” des Täters nicht vom Bruttovorteils-Betrag abgesetzt werden (vgl. Göhler, OWiG 15. Aufl. 2009, § 17 Rdnr. 41a). Hierunter fallen etwa Lohnkosten, Sozialversicherungskosten, Versicherungskosten, Mietkosten für das Fahrzeug (die auch bei ordnungsgemäßer Beladung angefallen wären). Das Gericht hat insoweit im Rahmen seiner gem. § 77 OWiG nach pflichtgemäßem Ermessen auszuübenden Amtsermittlungspflicht auch angesichts der letztlich nur geringen Gewinnabschöpfung nicht die Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens für erforderlich erachtet. Vielmehr meint das Gericht, die allgemein bekannten und im Verkehrsverlag G veröffentlichten Kostensätze Gütertransport Straße (KGS) als Richtlinie zur Ermittlung des wirtschaftlichen Vorteils unter Berücksichtigung sachgerechter Toleranzabzüge durchaus zur Schätzung heranziehen zu können. Das Gericht ist sich insoweit darüber bewusst, dass diese Kostensätze lediglich unverbindliche Kostenansätze für Gütertransporte auf der Straße sind und für das Straßengüterverkehrsgewerbe eine Unterstützung bei der kostenorientierten Preisbildung bieten sollten. Dabei handelt es sich bei den KGS um Durchschnittskostentabellen für eine Vielzahl von Einsatzbereichen. Die hier in Rede stehende Ladung ist in die Tabelle III der KGS, die Kostensätze in Euro pro geladener Tonne beschreibt, einzusortieren. Bei einer Lastentfernung von X bis zum Anhalteort in B von zugunsten des Betroffenen abgerundeten 70 km war bei einem Gesamtladungsgewicht von 25 Tonnen ein Wert von 18,72 € pro Tonne anzusetzen.
Das Gericht meint, dass dieser Wert zunächst mit einem 20 %igen Sicherheitsabschlag zu versehen ist um zu gewährleisten, dass tatsächlich dem in Bußgeldsachen geltenden Nettoprinzip Rechnung getragen wird, da die Kostensätze – wie dargestellt – nicht für die Zwecke einer gerichtlichen Verwertung erstellt worden sind und so nur beschränkte Erkenntnismöglichkeiten im Bußgeldverfahren zum wirtschaftlichen Vorteil einer Überladung bieten.
Einen weiteren Sicherheitsabschlag von 20 % hat das Gericht für allgemeine weitere Unwägbarkeiten vorgenommen.
Dementsprechend ergab sich bei einem Tonnen-Betrag laut KGS von 18,72 € und 4,68 Tonnen Überladung im hier zu beurteilenden Fall nach dem ersten 20 %igen Abzug ein Betrag von 70,08 € und nach dem weiteren Sicherheitsabschlag von 20 % ein Betrag von 56,06 €, den das Gericht auf 55,00 € abgerundet und in die Geldbußenzumessung nach § 17 Abs. 4 OWiG eingestellt hat.