Harold Treysse

Privat
13407, Berlin
30.03.2013

Wünsche an ein Anwaltsprogramm

In den vergangenen Jahren haben sich immer wieder Wünsche von Anwendern herauskristallisiert, die auch teilweise heute noch nicht in den verschiedenen Programmen angeboten werden.

Ich werde diese nachfolgend einmal aufführen:

Stundensätze

Warum wird bei einigen Anwaltsprogrammen nur  mit einem Stundensatz gearbeitet?
Wünschenswert wären m. E. drei Stundensätze.

1. Mandantenbezogener Stundensatz
Es sollte die Möglichkeit bestehen, zu jedem Mandanten einen Stundensatz anzugeben, der nur von dem mandatsbezogenen Stundensatz oder dem Mindeststundensatz überschrieben werden kann, so dass erst einmal alle Mandate dieses jeweiligen Mandanten mit dem Mandatsstundensatz versehen werden.

2. Mandatsbezogener Stundensatz
Unabhängig vom mandantenbezogenen Stundensatz sollte ein Mandatsstundensatz, der ja von einem allgemeinen Stundensatz des Mandanten abweichen kann, im Mandat eingegeben werden können, der dann den mandantenbezogenen Stundensatz überschreibt.

3. Allgemeiner Stundensatz
In allen Mandaten, ohne Stundensätze nach 1 und 2 sollte der Kostenstundensatz des jeweiligen Sachbearbeiters automatisch zugeordnet werden (u.a. zum Zwecke der Nachkalkulation)

Mandatsbudget

Warum gibt es bei den Programmen selten die Möglichkeit, ein Budget für ein Mandat einzugeben, gegen das die aufgelaufenen Zeiten oder Honorare aus RVG etc. gegengerechnet werden  und welches kurz vor Erreichen der Budgetobergrenze den Sachbearbeiter auf diesen Umstand hinweist?
Wäre insbesondere bei Honorarvereinbarungen interessant.

Zeiterfassung

Wünschenswert wäre eine flexiblere Einstellmöglichkeit bei einigen Anwaltsprogrammen bezüglich der Zeiterfassung.
So sollte es möglich sein, für jedes Mandat manuell die Umschaltung von Normalminuten auf Industrieminuten vorzunehmen und auch je nach Vereinbarung mit dem Mandanten für das jeweilige Mandat Mindestzeitblöcke (z. B. 5 Minuten) vorzugeben.
Weiterhin ist teilweise die Eingabemöglichkeit für die Tätigkeitsbeschreibung zu gering bemessen.

Personen- Adress- Mandatsverwaltung

Die Kanzlei Schlaumeier & Partner hatte Glück. Ihr wurde gerade mitgeteilt, dass aus einer Vielzahl von Bewerbungen um ein Großmandat ausgewählt wurde. Ab sofort durfte sie die Raffzahn Bank AG in allen Forderungsangelegenheiten vertreten.
Die neue Mandantin hatte über 100 Filialen. Um eigene Personalressourcen einzusparen, wurden die Mandate von den jeweiligen Filialen direkt an Schlaumeier & Partner erteilt.
Notwendig war daher, den gesamten Schriftverkehr mit der jeweiligen Filiale abzuwickeln. Jede Filiale hatte eigene Sachbearbeiter, so dass auch mit einer Vielzahl von Sachbearbeitern korrespondiert werden musste.

Nun kein Problem für Schlaumeier & Partner, die seit einer Vielzahl von Jahres eines der am häufigsten auf dem Markt vertretene Anwaltsprogramm einsetzte.

Die Überraschung war allerdings groß, als ihm der Supporter des Anwaltsprogramms auf Befragen mitteilte, dass es nicht möglich sei, den Mandanten nur einmal im System einzugeben mit einer Vielzahl von verschiedenen Anschriften und dass es noch viel weniger möglich sei, auch noch zusätzlich verschiedene Sachbearbeiter bei jedem Mandanten (denn jetzt hatte Schlaumeier & Partner nicht nur einen Mandanten mehr mit einer Vielzahl von Filialen, sondern über 100 Mandanten mit nur einer Adresse) eingeben zu können.

Zwei Monate nach Übernahme des Mandats teilte die Mandantin mit, dass sie den Namen geändert habe und nun nicht mehr Raffzahn AG sondern Raffzahn 48 AG heiße. Die Überraschung war für Schlaumeier & Partner natürlich groß und der entsprechende Arbeitsaufwand natürlich auch. Schließlich mussten bei über 100 Mandanten die Namen geändert werden.
Daraufhin entschlossen sich Schlaumeier & Partner ein Anwaltsprogramm zu suchen, bei dem es möglich ist,
- einen Mandanten mit unendlich vielen Anschriften anzulegen
- unendlich viele Sachbearbeiter mit ihren Korrespondenzdaten zu einem Mandanten anlegen zu können
Eine eigentlich ganz einfache Forderung.

Verarbeitungsketten

In den “Anfangsjahren” der Anwaltsprogramme gab es ein Anwaltsprogramm, mit dem ohne Probleme Verarbeitungsketten gebildet werden konnten.
Dieses erfolgte über einen sogenannten Formulargenerator. Sicher gab es seinerzeit noch kein MS Office, welches hätte eingebunden werden können. Es wurde also eine eigene Textverarbeitung eingesetzt.
Leider bieten nicht viele Anwaltsprogramme die Möglichkeit einfache oder auch komplizierte Verarbeitungsketten zu erstellen..
Ich stelle mir z. B. die Möglichkeit vor, durch Aufruf eines Dokuments in der Textverarbeitung (egal, ob MS Office, oder OpenOffice) eine Verarbeitungskette starten zu können.
Beispiel:
Durch Ausdruck eines Dokuments, welches die außergerichtliche Mahnung einer fälligen Geldschuld veranlasst, sollte automatisch nicht nur eine Wiedervorlage notiert werden, sondern bei Nichtzahlung (feststellbar über die Forderungsbuchhaltung) der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestartet werden.
Dieses Verarbeitungsketten sollten frei durch den Anwender erstellbar sein und sich nicht nur auf das vorgenannte Beispiel beschränken.
Weiteres Beispiel:
Nach Erfassung von Anspruchsdaten im Wege einer Unfallschadensbearbeitung durch den Anwalt beim Erstgespräch werden – soweit gewünscht – automatisch die erforderlichen Maßnahmen wie z. B. Anspruchsschreiben an gegnerische Versicherung, Anforderung der Deckungszusage, Vollmacht, Auftrag etc. erstellt, so dass der Mandant unverzüglich die Kopien erhalten kann, soweit die gesamte Abwicklung nicht elektronisch  erfolgt.
Auch eigentlich relativ einfach zu bewerkstelligen.

Maskengenerator

Ich hatte bereits unter dem Titel “Verarbeitungsketten” über ein Anwaltsprogramm aus den Anfangszeiten dieser Programme berichtet.
Ein weiteres gutes Werkzeug war der sogenannte Maskengenerator. Aus dem Gesichtspunkt heraus, dass jede Mandatsart sich von den grundsätzlich aufzunehmenden Daten unterscheidet gab es dort die Möglichkeit, für einzelne Mandatsarten Datenmasken, also Masken mit Eingabefeldern selbst zu erstellen, soweit dieses gewünscht wurde.
Beispiel:
In einem familienrechtlichen Mandat gibt es andere zur Bearbeitung notwendige Daten als in einem mietrechtlichen Mandat.
Selbstverständlich konnten auch Folgemasken erstellt werden.
Meines Erachtens eine interessante Lösung, die es anscheinend in den heute angebotenen Programmen nicht mehr gibt, oder?

Kanzlei-News

Eine ebenso sinnvolle Möglichkeit wäre es, aus den in der Software bereits enthaltenen Daten für jeden Zugriffsberechtigten frei definierbare Reports zu generieren, die interessante Dinge enthalten, wie z. B.

  • neue Mandate und Angabe des jeweiligen Sachbearbeiter
  • Geburtstage von Mitarbeitern
  • etc.

Vielfach würden sich zeitraubende Nachfragen, Meetings etc. durch solch eine Möglichkeit erübrigen lassen.