Nun, haben Sie sich schon einmal in Ihrer Kanzlei umgesehen und überlegt, welche der bereits in meinen bisherigen Beiträgen Strategie/Ziele und Kanzleimanagement genannten Prozesse auch auf Ihre Kanzlei zutreffen oder auch ergänzt werden müssen? Wie eingangs erwähnt, jede Kanzlei unterscheidet sich in Nuancen von anderen Kanzleien. Einige Prozesse fehlen, weil z. B. einfach keine Notwendigkeit für diese besteht oder erkannt wurde, andere Prozesse, die in der Prozesslandschaft aufgeführt sind, sind für die eigene Kanzlei nicht notwendig.
Bei den Managementprozessen jedoch sollte dieses sehr selten vorkommen.
Kommen wir jetzt zu dem Prozess Finanzen/Controlling.
Wie Sie aus der nebenstehenden Grafik ersehen können, besteht dieser Prozess wiederum aus einer Vielzahl von Einzelprozessen. Auch hier ist die Frage der Verschlankung der Prozesse durch Zusammenfassung, Übertragung auf einen Prozessverantwortlichen und dadurch eine Effizienzsteigerung zu prüfen.
Wir finden folgende Einzelprozesse, auf die ich später näher eingehen werde:
- Budgetierung
- Einnahmen
- Ausgaben
- Stundensätze
- interne
- externe
- Kalkulationen
- Mandate
- Mandanten
- Stundensätze
- Leistungserfassung
- mandatsbezogene
- sonstige
- Auswertungen
- Mandate
- Margin
- Utilization
- PPEP
- Average realized rate
- Controlling
- strategisches
- operatives
- funktionsbezogenes
Budgetierung
Leider wird in einer Vielzahl von kleinen und mittleren Kanzleien dieser Punkt noch recht stiefmütterlich behandelt. Wie soll man auch Einnahmen budgetieren können, werde ich oft gefragt. Lassen Sie mich mit einem Zitat von David Maister, einem der wohl besten Unternehmensberater für Rechtsanwälte www.davidMaister.com antworten:
Es gibt nichts, was man nicht budgetieren kann.
David Maister hat bereits 1993 ein bemerkenswertes Buch mit dem Titel „Managing the Professional Service Firm“ geschrieben, ein Bestseller, wenn es um das Managen einer Anwaltskanzlei geht. Vieles hieraus hat auch heute noch Gültigkeit.
Den Begriff der Budgetierung mit all seinen Facetten hier darzustellen, würde den Rahmen des Artikels sprengen. Eine gute Einführung ist auf der Website der Hochschule Emden (Link abgerufen am 21.01.2016) zu finden.
Eine kurze Darstellung der Vorgehensweise bezogen auf das Ausgabenbudget finden Sie hier.
Stundensätze
Auch hierzu nur eine kurze Erklärung.
Wir unterscheiden zwischen einem internen und externen Stundensatz. Der interne Stundensatz bezieht sich auf die Kosten, die ein Mitarbeiter oder Anwalt (incl. Partner) in der Stunde verursacht.
Der externe Stundensatz ist letztendlich der Preis, für den ein Mitarbeiter oder Anwalt (incl. Partner) an den Mandanten „verkauft“ wird.
Eine Einführung zur Kalkulation des anwaltlichen Stundensatzes finden Sie bei Hauskötter (Link abgerufen am 21.01.2016)
Kalkulationen
Neben den Angebotskalkulationen, also zu welchem Preis ein Mandat übernommen werden kann, damit dieses auch noch Gewinn einbringt, ist die Nachkalkulation ein wichtiger Faktor.
Erst wenn Sie positive Ergebnisse bei der Nachkalkulation der Mandate, des Mandanten und der Stundensätze vermelden können, befinden Sie sich in „sicherem Fahrwasser“.
Auch auf die Ergebnisse einer Anwaltskanzlei ist das Pareto Prinzip anwendbar.
Leistungserfassung
Eine durchgängige Leistungserfassung, ob mandatsbezogen oder im Bereich von Managementtätigkeiten ist für eine gut geführt Anwaltskanzlei unerlässlich. Sie ist Grundlage für Kalkulationen und Festlegung von Stundensätzen.
Auswertungen
Auswerten kann man vieles. Ausgewertet werden sollte aber nur das, was Sinn macht und dem Management der Kanzlei dient. Dazu gehört nicht der Verbrauch von Bleistiften oder Toilettenpapier, aber die Faktoren, die Ihnen ein Werkzeug z. B. zur Steigerung des Betriebsergebnisses an die Hand geben.
Die Auswertung der Mandate steht in engem Verhältnis zur Kalkulation und Leistungserfassung.
Bezüglich der weiteren aufgeführten Punkte nachfolgend eine kurze Erklärung:
Margin
Margin bezeichnet den Prozentsatz der Profitabilität berechnet auf der Basis Einnahmen abzüglich direkte und indirekte Kosten. Margin of 38 percent meint, dass 0,38 € von 1,00 € als Profit bei der Kanzlei verbleiben.
Utilization
Hierunter wird ein Wert im Stundenbereich verstanden. Dabei werden alle abrechenbaren Stunden des Geschäftsjahres aller Anwälte (einschl. Partner) dividiert durch die Anzahl der Anwälte (einschl. Partner). Dieses ergibt den Wert für Utilization, der wieder eine Aussage über die Auslastung geben kann.
PPEP
Dieses bezeichnet den „Profit per equity partner“ und wird auf dem traditionellen Weg dadurch berechnet, dass Revenue (Einnahmen) um Expenses (Kosten) verringert wird, was den Profit ergibt, der wiederum durch die Anzahl der „Equity partner“ dividiert wird. Das Ergebnis ergibt den „Profit per equity partner“.
Da dieses aber nur eine Aussage über den Profit gibt, nicht jedoch über die Möglichkeiten, durch Nutzung verschiedener „Stellschrauben“ den Profit zu erhöhen, hat David Maister einen weiteren Weg beschrieben um PPEP zu berechnen.
Dabei werden die Indicatoren
- average realized rate (dazu später)
- leverage (dazu später)
- Margin (siehe oben)
- Utilization (siehe oben)
miteinander multipliziert.
Nun kann festgestellt werden, welche Auswirkung die Veränderung von
- Margin (Verringerung der Kosten)
- Utilization (Erhöhung bei gleicher Leverage)
- Erhöhung der Leverage
- oder Erhöhung der average realized rate
auf den PPEP haben.
Average realized Rate
Hier werden sogenannte Total billings (Menge aller berechneten Stunden) dividiert durch die Anzahl der berechneten Stunden. Der sich ergebende Wert bezeichnet die „Average realized rate“. Dieses dient wiederum der Nachkalkulation, also z. B. ob die geplanten Stundensätze über- oder unterschritten wurden.
Leverage
Leverage (auch Gearing genannt) meint das Verhältnis von Partnern (aller Partnerarten, also equity und non equity) zu allen Anwälten (Nichtpartner) in der Kanzlei. Ein Verhältnis 1:3 bezeichnet also einen Partner zu drei Nichtpartnern.
Einen interessanten Artikel über die Auswirkung von low leverage finden Sie bei Edge (Link abgerufen am 21.01.2016).
Controlling
Ohne ein Controlling geht einfach nichts in einer gut geführten Kanzlei. Controlling hat nur im Entferntesten mit Kontrolle zu tun, dient vielmehr der Steuerung durch Erfassung, Bearbeitung und Auswertung jeglicher Daten in einem Unternehmen.
Unterschieden wird zwischen
strategisches Controlling
Das strategische Controlling dient der Kanzleiführung, strategische Ziele mittel- u. langfristig zu definieren und entsprechend zu steuern.
operatives Controlling
Das operative Controlling, welches teilweise fließend in das strategische Controlling mit übergeht, befasst sich mit kürzeren Zeiträumen, also z. B. dem Geschäftsjahr und dient der Kanzleiführung der Umsetzung der strategischen in realistische Ziele und deren Einhaltung im „täglichen Geschäft“.
Beide Controllingarten sind manchmal schlecht auseinander zu halten.
funktionsbezogenes Controlling
Hier stehen bei der Betrachtung die Funktionen im Vordergrund. So kann sich in einer größeren Kanzlei z. B. ein IT Controlling als sinnvoll erweisen, ein Finanzcontrolling eh.
Wie wichtig ein Controlling in der Anwaltskanzlei ist, zeigte in der Vergangenheit die Kanzlei Dewey & LeBoeuf und deren Finanzfehler.
So, damit möchte ich den Bereich der Management Prozesse zum Thema Finanzen / Controlling abschließen.
In meinem nächsten Beitrag werde ich auf den Managementprozess Mitarbeiter / Compliance näher eingehen.