Harold Treysse

Privat
13407, Berlin
28.04.2014

Der neue Mandant

Servicewüste Anwaltskanzlei?

Leider hat man bei einigen Kanzleien auch heute noch den Eindruck, dass der schöne Arbeitstag nur durch das Vorsprechen eines potentiellen Mandanten gestört wird.
Aber das ist auf dem Dienstleistungssektor nicht selten anzutreffen.
Bei all Ihrer Tätigkeit sollten Sie bedenken, dass der Erfolg einer Rechtsanwaltskanzlei maßgeblich von dem Verhalten gegenüber den Personen abhängig ist, die mit der Kanzlei Kontakt aufnehmen, seien es Personen, die um einen Termin nachsuchen, Gegner in einem bereits bestehenden Mandat oder sonstigen Personen.
Ja, auch Gegner Ihres Mandanten können potentielle Mandanten sein.
Bedenken Sie, dass die um eine Vertretung nachsuchende Person ein für sie großes Problem hat, welches sie zu dem Schritt bewogen hat, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren.
Geben Sie dieser Person immer das Gefühl, dass ihr Problem auch das Problem der Kanzlei ist, auch wenn das Problem für Sie noch so banal erscheinen mag.
Dieses gilt vor allem auch für Ihre Mitarbeiter.

Vereinbarung eines Besprechungstermins

Da der erste Kontakt zu einem neuen Mandanten überwiegend durch Mitarbeiter hergestellt wird, sind die nachfolgenden Hinweise hauptsächlich für diese gedacht. Aber auch für den Inhaber einer Kanzlei sollten diese evtl. interessant sein.

Die Mandantenbetreuung fängt bereits vor der Mandatsannahme an.
In den überwiegenden Fällen werden Termine für neue Mandanten am Telefonvereinbart. Der erste Eindruck, den Ihre Kanzlei bei dieser Tätigkeit hinterlässt, kann entscheidend für den weiteren Verlauf des Mandates sein und im negativen Fall zum Verlust des noch nicht erhaltenen Mandates führen.

Geben Sie dem zukünftigen Mandanten das Gefühl, dass er bei Ihnen in den „besten Händen“ ist.
Ein neuer potentieller Mandant muss wie ein „rohes Ei“ behandelt werden.
Bedenken Sie immer, dass, abgesehen von Firmenmandanten, der Gang zum Anwalt in der überwiegenden Mehrzahl für Mandanten als unangenehm gilt und daher – ähnlich wie der Gang zum Zahnarzt – nur notgedrungen dann erfolgt, wenn der Leidensdruck eine bestimmte Größe erreicht hat.
Wenn Sie es erreichen, dass der zukünftige Mandant Ihnen sein Vertrauen schenkt und er das Gefühl hat, seine Sorgen bei Ihnen los zu werden, dann haben Sie es geschafft.
Prüfen Sie bereits vor der Terminsvereinbarung durch gezielte Fragen, ob ggf. eine Interessenkollision vorliegen kann. Hierzu reicht es überwiegend aus, den Namen des Anrufers mittels der in der Software enthaltenen Kollisionsprüfung abzugleichen um festzustellen, ob dieser bereits auf Gegnerseite angezeigt wird. Eine abschließende Kollisionsprüfung kann dann im Rahmen des anwaltlichen Gesprächs stattfinden.

Prüfen Sie, in wieweit Sie den Wünschen des Mandanten in Bezug auf  Terminzeit und Terminort entsprechen können.
Hierzu wird es erforderlich sein, bereits im Vorfeld festzustellen, ob gegebenenfalls schneller Handlungsbedarf gegeben ist, z. B. weil Fristen ablaufen können.
Dabei ist darauf zu achten, dass dem Mandanten Ihr beruflicher Hintergrund nicht gegeben ist.
Wenn Sie also nach der Zustellung eines Schriftstückes fragen, können Sie nicht sicher sein, ob der zukünftige Mandant mit diesem Begriff „ Zustellung“ etwas anfangen kann.
Wenn er hierunter versteht, zu welchem Zeitpunkt er ein Schriftstück erhalten hat und Sie nicht gezielt nachfragen, kann es sich z. B. um ein niedergelegtes Schriftstück handeln, bei dem die Frist mit dem Zeitpunkt der Niederlegung zu laufen beginnt und nicht, wann der zukünftige Mandant es von der Post abgeholt hat.
Bei solchen Fällen sollten Sie hellhörig werden und einen absolut zeitnahen Termin vereinbaren.
Aus diesem Grunde sollte auch nicht der Auszubildende die Anlaufstelle für solche Aufgaben sein.

Nicht immer muss der Mandant Sie in der Kanzlei aufsuchen. Gerade bei Firmenmandanten ist es durchaus üblich, dass Besprechungen beim Mandanten abgehalten werden.
Soweit möglich, lassen Sie sich bereits vor der Besprechung erforderliche Unterlagen übersenden, damit Ihr Anwalt sich entsprechend vorbereiten und zeitsparend die Besprechung durchführen kann. Berücksichtigen Sie bitte auch, dass eine kurzfristige Terminvergabe einem „Anwaltstourismus“ vorbeugt. Gerade neue Mandanten, welche noch keine Beziehung zu einer Kanzlei aufgebaut haben, können leicht beeinflusst werden – ggf. in die falsche Richtung.
Legen Sie für die Beantwortung z.B. der Frage nach den Kosten der Beratung eine einheitliche Regelung fest. Vielfach wird die Erstberatungsgebühr, welche eingeführt wurde, um den Mandanten die Scheu vor immensen Kosten zu nehmen, nicht als Marketinginstrument genutzt.
Soweit dann der Termin vereinbart ist, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass der neue Mandant gefragt wird, ob er weiß, wo sich die Kanzlei befindet. Hinweise auf Parkmöglichkeiten, öffentliche Verkehrsmittel und ggf. barrierenfreie, behindertengerechte, kinderwagenfreundliche Einrichtungen (Aufzug) sollten nicht fehlen.
Für auswärtige Mandanten kann eine Anreiseskizze hilfreich sein.

Terminsbestätigung

Zeit ist Geld und so gilt es, den telefonisch vereinbarten Termin sich vom Mandanten zur Bestätigung wiederholen zu lassen, damit geprüft werden kann, ob Kanzlei und Mandant den richtigen Tag, die richtige Uhrzeit und den richtigen Ort notiert haben. Nicht selten kommt es vor, dass vereinbarte Termine von Mandanten verkehrt notiert werden oder gar nicht eingehalten werden.
Für den unwahrscheinlichen Fall von kurzfristigen Terminsverschiebungen oder –absagen seitens der Kanzlei ist es sinnvoll, die Telefonnummer des Mandanten (wann ist dieser am besten erreichbar?) zu notieren.

Terminsbestätigungen können auch per E-Mail erfolgen. Soweit noch die Zeit dazu gegeben ist, kann die Übersendung einer schriftlichen Terminsbestätigung mit einer Anreiseskizze und der Übersendung einer Kanzleibroschüre verbunden werden.

Der neue Mandant kommt

Begrüßen Sie Ihren neuen Mandanten und verwenden Sie hierbei seinen Namen.
Nichts hört der Mensch im allgemeinen und auch der Mandant so gern wie seinen eigenen Namen.
Nutzen Sie dieses Marketinginstrument und setzen Sie es – wohldosiert – ein. Interessieren Sie sich für Ihren Mandanten und fragen Sie ihn z.B., ob er die Kanzlei gut gefunden hat (dies kann auch als Anhaltspunkt dienen, ob ggf. die Anfahrtsbeschreibung verbessert werden muss).
Je nach Größe und Organisation der Kanzlei ist eine persönliche Vorstellung des betreuenden Mitarbeiters zu empfehlen. Ebenso kann der Einsatz von Namensschildern für die Mitarbeiter am Empfang sinnvoll sein, um eine persönliche Ebene mit dem Mandanten zu schaffen.
Soweit nötig, helfen Sie dem Mandanten aus dem Mantel oder zeigen Sie ihm zumindest, wo er die Garderobe findet.
Sofern der Mandant nicht gleich in das Besprechungszimmer geführt werden kann, sollten Sie ihn in den Wartebereich führen. Der Hinweis: „Das Wartezimmer ist die zweite Tür hinten links, nehmen Sie noch einen Moment Platz“ sollte der Vergangenheit angehören.
Auf jeden Fall sollten in dem Bereich, in dem der Mandant seine „Wartezeit“ verbringt, Material der Kanzlei, wie z. B. Kanzleibroschüren oder Broschüren einzelner Rechtsbereiche etc. ausliegen.
Je nach Mandats- und Mandantenstruktur sollte auch eine Auswahl von Zeitschriften vorhanden sein.
Es versteht sich von selbst, dass das Handelsblatt oder die Wirtschaftswoche in einer Kanzlei mit Schwerpunkt Arbeitnehmerarbeitsrecht oder Unfallschadensbearbeitung ebenso Fehl am Platze ist, wie die „Bunte“ oder der „Lesezirkel“ in einer Kanzlei mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht.

Denken Sie bei der Auswahl des Wartebereiches auf jeden Fall an die Verschwiegenheitspflicht. Der Wartebereich sollte nicht – wie vielfach leider festgestellt werden muss –  unmittelbar in der Nähe der “Telefonzentrale” liegen. Bei Beratungsgesprächen ist immer wieder festzustellen, wieviel Erstaunen bei Kanzleiinhabern Kenntnisse eines Besuchers über Namen von Mandanten und Sachverhalte auslösen, die durch Wartezeiten in der Nähe der “Telefonzentrale” in Erfahrung gebracht wurden.

Bewirtung

Sofern eine Wartezeit nicht zu vermeiden ist, ist eine Bewirtung angemessen.
Auch hier hat sich mittlerweile ein Sinneswandel in der Anwaltschaft vollzogen. Wurden früher solche „Wohltaten“ nur den „guten“ Mandanten zuteil, so ist eine Bewirtung heute in der Regel Standard.
Wie weit diese Bewirtung gehen soll, also Kaffee, Tee und Kaltgetränke, Kekse oder Obst etc. hängt auch wieder von der jeweiligen Mandats- u. Mandantenstruktur der Kanzlei ab.
Wenn Sie aber solch einen Bewirtungsservice in Ihrer Kanzlei vornehmen, sollte das Personal hierzu auch in der Lage sein.
Nichts kommt schlechter an, als wenn der Kaffee zur Hälfte in der Untertasse serviert wird oder Schokoladenkekse im Hochsommer gereicht werden.

Dieses alles klingt sehr banal, wird aber leider vielfach falsch gemacht.