Anfang 1980 hielt ich mein erstes EDV Seminar vor Rechtsanwälten und deren Mitarbeiter und begann mit der Frage, ob eine Anwaltskanzlei überhaupt die EDV oder auch den Computer wie man damals sagte, benötigt.
Die Frage war berechtigt.
Man stelle sich vor, 1981 wurde erst der legendäre IBM PC entwickelt und kam auf den Markt. Was gab es vorher? Mittlere Datentechnik oder Apple. In den Jahren 1979 und Anfang der achtziger Jahre wurden die verschiedensten Anwaltsprogramme entwickelt. Als Pioniere kann man RA-Micro, AnnoText, RenoFlex, Jupiter und Ziutex nennen. Einige sind auch heute noch auf dem Markt, einige gehören bereits der Vergangenheit an.
In meinem damaligen Seminar prägte ich die Aussage:
„Gehen Sie mit der Zeit, oder sie gehen mit der Zeit“
Ich glaube, dieser Satz hat auch heute noch seine Gültigkeit.
Das Interesse von Anwälten an dieser Thematik ist erheblich.
Wie lässt es sich sonst erklären, dass auf der 1. Digital Conference im Canon Business Center, am 04.03.2015, mehr als 100 Anwälte anwesend waren um sich über die Chancen, die eine Digitalisierung von juristischen Arbeitsprozessen in der Zukunft bietet, zu informieren.
Quelle:http://analytics-eu.clickdimensions.com/wolterskluwerde-awpru/pages/0b8ae58740c6e4119434005056975df0.html (abgerufen am 06.04.2015)
Hierbei ging es auch hauptsächlich um die Frage des zukünftigen „papierlosen Büros.
Ich selbst bin zwar der Auffassung, dass es ein papierloses Anwaltsbüro ebenso wenig in Zukunft geben wird, wie eine papierlose Toilette. Jedoch sollten wir nicht verkennen, dass die Digitalisierung immer da, wo es möglich, sinnvoll und Kosten vermeidend ist, auf jeden Fall ihren Sinn macht. Mit der Frage des papierlosen Büros beschäftigt sich auch Abby Jackson in ihrem Artikel.
Quelle: http://www.legalsupportnetwork.co.uk/technology/blog/you-law-firm-thinking-about-going-paperless (abgerufen am 6.4.2015)
Sie gibt in diesem Artikel auch einige kurze Hinweise zur Einführung des „papierlosen Büros“
Markus Hartung (abgerufen am 06.04.2015) setzt sich in seinem Artikel insbesondere mit der Frage der „künstlichen Intelligenz„ auseinander und kommt zu dem Ergebnis
„..also Entwarnung. Und eine Ermunterung: im Jahr 2030 werden Anwälte nicht entbehrlich geworden sein. Aber sie werden völlig anders arbeiten als heute. Wie dieses „anders“ aussehen wird, wissen wir natürlich nicht woher auch wir sollten heute anfangen darüber nachzudenken. Mystische Vorhersagen helfen uns dabei nur eingeschränkt weiter“.
Aber trifft diese Aussage zu?
Ich glaube, Sinn macht es einmal zu schauen, wie es außerhalb der Anwaltschaft mit der IT-mäßigen Unterstützung zwischenzeitlich aussieht, um gegebenenfalls einen Rückschluss auf zukünftige Arbeitsweisen in der Anwaltschaft ziehen zu können. Bei dieser Betrachtung sollten industriemäßige Verarbeitungen außer Betracht bleiben, da diese nicht vergleichbar sind, mit der anwaltlichen Tätigkeit.
Nehmen wir einmal die sogenannten Portfolio-Management-Tools.
Diese laufen unter dem Begriff “Robo-Advisor”. Aufgrund von Angaben der Kunden, machen diese Tools Vorschläge, erstellen Investitionspläne.
Elsner (abgerufen am 06.04.2015) kommt zu der Aussage:
„ein Trend geht daher zu standardisierten Anlageempfehlungen. Und was standardisiert ist, lässt sich auch automatisieren.“
Wenn wir das auf die Anwaltschaft übertragen, werden wir auch hier eine Vielzahl von standardisierbaren Prozessen vorfinden. Sei es die Unfallschadensbearbeitung, oder auch Klagen in verschiedensten Sachgebieten.
Gerade bei der Unfallschadensbearbeitung kann direkt bei dem Versicherer der Schaden online (abgerufen am 7.04.2015) gemeldet werden. Dieses zu jeder Zeit, von jedem Ort. Warum sollte also der Geschädigte bei einfachen Unfallschäden zukünftig noch einen Anwalt aufsuchen?
Entwicklungen sind zu erwarten, die wir uns vor zehn Jahren nicht hätten vorstellen können.
Wer hätte sich im Jahr 2005 bereits vorstellen können, dass die Technik in der Lage sein wird, analog einer menschlichen Mustererkennung Tätigkeiten verrichten zu können wie zum Beispiel Auto zu fahren. Was in Kalifornien bereits im Testbetrieb möglich ist, wird im kommenden Jahr auch auf ausgesuchten deutschen Straßen in den offiziellen Testbetrieb gehen.
Sicherlich ist der Einwand richtig, dass die Technik hier nicht selbst agiert sondern entsprechend programmtechnischer Vorgaben reagiert. Aber auch die Technik ist in der Lage dazu zu lernen, wie Sie ja bereits feststellen konnten bei der Nutzung von Spracherkennung. Auch hier ist eine Lernfähigkeit gegeben. Warum sollte dieses nicht also auch für eine anwaltliche Software möglich sein? Schließlich wurde bereits 2014 der Turing-Test bestanden.
Aber was tun?
Zwei Möglichkeiten stehen uns zur Verfügung. Die eine ist die Denkweise der Eintagesfliege:
“Was interessiert mich morgen?”
Die andere Möglichkeit ist die:
“Grabe den Brunnen, bevor Du Durst hast”
Wie Letzteres z. B. geschehen kann, hat James Bliwas hier (abgerufen am 04.04.2015) kurz dargelegt. Ob das ein Ansatz für Ihre Kanzlei ist, müssen Sie selbstverständlich selbst entscheiden.
Wichtig ist allein, sich jetzt mit diesem Thema zu beschäftigen. Jedes weitere Zuwarten kann schädlich sein.