Harold Treysse

Privat
13407, Berlin
21.03.2015

Anwaltskanzlei 2020 Überlegungen zur Schriftguterstellung

MagnetplattenaufzeichnungWie im letzten Beitrag angekündigt, möchte ich mich in diesem und den nächsten Beiträgen mit den Arbeitsprozessen innerhalb der Anwaltskanzlei befassen.
Überwiegend sind diese in der bisherigen Ausgestaltung sehr kostenintensiv, teilweise auch nicht effizient.
Vielfach liegt es daran, dass die technische Ausstattung in den Kanzleien nicht den heutigen Gegebenheiten entspricht, eine Situation, die nicht nur kostenmäßig bedingt ist. Wer kennt nicht den Gedanken: „warum einen neuen Weg gehen, wenn der alte Weg reibungsfrei beschritten werden konnte“.

Stellen wir uns doch einmal die Frage, was verkauft der Anwalt?Üüblicherweise ist die Dienstleistung des Anwaltes Wissen zu verkaufen.
Ein Produkt mit dem das Wissen kommuniziert wird, ist der Schriftverkehr des Anwaltes. Gerade in diesem Bereich sind erhebliche Einsparungen möglich, wenn man einmal bisher eingefahrenen Wege verlässt.

 

Bundesarchiv Bild 183-2005-0731-504Bundesarchiv Bild 183-2005-0731-504

Ich hatte bereits in meinem Beitrag „digitales Diktat in der Anwaltskanzlei„ auf die Vorteile der Nutzung dieser Diktatart hingewiesen.
Ich stelle mir immer wieder ketzerisch die Frage, warum beschäftigen viele Rechtsanwälte gut ausgebildete Fachangestellte, die auch relativ gut zu bezahlen sind, mit solch banalen Dingen, wie Schreibarbeiten?
Für diese Tätigkeit würde auch nach kurzer Einweisung eine einfache Schreibkraft ausreichen.
Aber auch diese wäre für diese Tätigkeiten überwiegend zu teuer, wenn man einmal dazu übergehen würde, die tatsächlichen Kosten einer solchen Kraft zu berechnen, d.h. nicht nur das Bruttogehalt zusätzlich Nebenleistungen, sondern auch die Investitionen für den Arbeitsplatz, Raumbedarf etc.
Schnell würde die Erkenntnis eintreten, dass das Produkt „Schriftgut“ eigentlich viel zu teuer ist. Es ist ja nicht so, dass eine Schreibkraft den gesamten Zeitraum ihrer Anwesenheit über voll ausgelastet ist. Auch Leerzeiten werden mitgezahlt.
Was liegt also näher, als sich Gedanken darüber zu machen, die Kosten des Schriftgutes dadurch zu verringern, dass die Leistung „Schreibarbeit“ extern eingekauft wird und nur das gezahlt wird, was auch tatsächlich genutzt wird.
Hierfür bieten sich eine Vielzahl von externen, auf Anwaltsbüros spezialisierte, Anbieter an. Gerade dann, wenn sie das digitale Diktat nutzen, haben Sie die Möglichkeit, diese Arbeiten auch außerhalb der Ballungsgebiete, in denen die Lohnkosten natürlich erheblich hoch sind, ausführen zu lassen. Es ist für sie unbedeutend, ob das genutzte Schreibbüro in ihrer Stadt, in ihrem Bundesland oder wo auch immer ansässig ist.

LadyphonSie sollten sich auch einmal überlegen, ob für sie auch die Spracherkennung im Hinblick auf ihre Diktate infrage kommt. Gerade bei längeren Texten macht diese sich bezahlt. Ich diktiere zum Beispiel alle meine Beiträge, auch alle meine E-Mails oder Postings in den sozialen Netzwerken grundsätzlich über Dragon Naturally Speaking. Allerdings nutze auch ich dieses Produkt nicht effizient, da ich die Formatierungen nicht im Rahmen des Diktates, was möglich ist, sondern manuell vornehmen. Aber auch hier habe ich mir entsprechende Besserung vorgenommen.

Sie sollten auf jeden Fall einmal den Versuch wagen. Ich habe festgestellt, dass die Erkennungsrate, von Eigennamen einmal abgesehen, bei rund 90 % liegt.
Dragon bietet auch eine sogenannte „Legal-Version“ an, die gerade auf die Diktate von Anwälten und Steuerberatern abgestellt ist. Wenn Sie also mit diesem Produkt zurecht kommen sollten, erübrigt sich auch der Einsatz eines Schreibbüros.

Sie werden sich jetzt natürlich fragen, wer die so erstellte Ausgangspost versandfertig macht, soweit diese nicht über elektronische Kommunikationswege versandt werden kann.
Diese Frage ist natürlich berechtigt. Nicht alles kann elektronisch versandt werden, sei es weil der Empfänger hiermit nicht einverstanden ist, sei es, weil einfach auf Empfängerseite ein elektronischer Empfang nicht möglich ist. Für einen solchen Fall muss also die gelbe Post oder einer alternativer Versender verwendet werden. Aber auch hier benötigen Sie keine gut bezahlte Fachkraft für diese Tätigkeit. Ein gut eingewiesener Student tut es auch und für weniger Geld. Studentenjobs sind sehr begehrt und auch von Jurastudenten.

Soweit zu den heutigen Möglichkeiten.
Aber wie wird die Arbeitsweise, bezogen auf das in diesem Artikel behandelte Thema, in Zukunft aussehen?

  • Der Schriftverkehr zwischen den Anwälten und den Gerichten wird über das beA (besondere elektronische Anwaltspostfach) stattfinden, was den Vorteil bietet, dass der Papierpostverkehr erheblich reduziert werden kann und die elektronischen Daten aus dem Postfach direkt automatisch in die elektronische Handakte importiert werden können.
  • Da das beA für alle Anwälte einzurichten ist, sollte die Möglichkeit bestehen, dass auch die Kommunikation unter den Anwälten über dieses sichere Übertragungsmedium erfolgen kann. Damit wäre ein weiterer Teil des Papierpostverkehrs hinfällig.
  • Der Schriftverkehr zwischen Anwalt und Mandant wird zukünftig überwiegend dadurch stattfinden, dass dem Mandanten die Möglichkeit gegeben wird, direkt auf die elektronische Akte zuzugreifen, Schriftverkehr zu empfangen aber auch in der Akte abzulegen. Viele Kanzleien nutzen zu diesem Zweck bereits heute schon das Produkt WebAkte. Je nach Mandatsstruktur kann hierüber auch der Schriftverkehr zwischen Kanzlei und Versicherungen abgewickelt werden.
  • Termine zwischen Mandat und Anwalt werden nicht mehr telefonisch vereinbart. Der Anwalt stellt über seine WebSite einen Terminkalender zur Verfügung, in den der Mandant sich – nach entsprechenden Voreinstellungen durch den Anwalt – selbst eintragen kann. Sie kennen solch ein System evtl. bereits von Ihrem gut organisierten Arzt. Hierdurch werden eine Vielzahl von Telefonaten vermieden und der Mandant in die Lage versetzt, auch außerhalb der Kanzleiöffnungszeiten Termine zu vereinbaren.
  • Noch verbliebene Papierpost, die zur Akte gehört, wird extern gescannt und kann direkt zur elektronischen Akte gespeichert werden. Das geht bereits heute schon.
  • Es werden ausschließlich elektronische Akten geführt werden. Der Vorteil ist erheblich. Neben der Einsparung von Raumfläche können auch die Kosten für eine Vorhaltung der Akten von erledigten Mandaten erheblich gesenkt werden. Rechnen Sie selbst aus, welche Aktenmenge Sie bei einer Aufbewahrungszeit von 10 Jahren ansammeln und welche Lagerkosten entstehen. Hinzu kommt, dass Sie direkt und unmittelbar sowohl auf laufende wie auch abgeschlossene Mandatsakten zugreifen können. Ich glaube, was Ärzte seit Jahren schon als Standard betrachten (elektronische Patientenakte) sollte auch in der Anwaltschaft bald Einzug halten.
  • Der innerbetriebliche E-Mailverkehr wird durch sinnvolle Kollaborationstools abgelöst werden, die es ermöglichen, dass Projektgruppen (wenn wir einmal ein umfangreiches Mandat als Projekt bezeichnen wollen) unmittelbar auch überörtlich zusammen arbeiten können. Hierdurch werden eine Vielzahl von E-Mails überflüssig.

Sicherlich werden Ihnen zu dieser Thematik noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten einfallen. Denken Sie bitte daran, wir können unter diesem Link über die Thematik gemeinsam diskutieren.