Rechtsanwalt Guido Kluck

WK LEGAL
10999, Berlin
27.10.2010

Und immer wieder „Emmely“ – Kippt die Bagatellkündigung?

Nach Ansicht der 1. Kammer des Arbeitsgericht Bonn darf ein Mitarbeiter Arbeitgebereigentum von geringem Wert verschenken, ohne dass er dafür gekündigt werden kann.

Konkret ging es um den Betriebsratsvorsitzenden eines Unternehmens, für das dieser seit mehr als 30 Jahren tätig ist. Ein ehemaliger Mitarbeiter bat einen seiner früheren Kollegen darum ihm drei Schrauben im Wert von insgesamt 28 Cent zu schenken. Der Kollege war jedoch nicht bereit seinen Arbeitsplatz aufs Spiel zu setzen und weigerte sich. Ganz anders der Betriebsratsvorsitzende, dessen Unrechtsbewusstsein offenbar weniger ausgeprägt ist. Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen veranlasste er die Materialausgabe zur Herausgabe der drei Schrauben und schenkte sie anschließend dem ehemaligen Mitarbeiter.

Nachdem der Arbeitgeber durch einen anonymen Brief von diesem Vorfall Kenntnis erlangte, hörte er den Betriebsrat ordnungsgemäß zur fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden an, der jedoch seine Zustimmung verweigerte. Ebenso verweigerte nunmehr das Arbeitsgericht Bonn die Ersetzung der Zustimmung. Als Begründung führte es hierzu den geringen Wert der Schrauben sowie die langjährige Betriebszugehörigkeit des Betriebsratsvorsitzenden an.

Wieder vertritt ein Arbeitsgericht die Auffassung, dass eine langjährige Betriebszugehörigkeit die (vermeintlich) erstmalige Begehung einer gegen den Arbeitgeber gerichteten Straftat rechtfertigt. Dies insbesondere dann, wenn der Schaden des Arbeitgebers lediglich von geringem Wert ist.

Wenngleich das Bundesarbeitsgericht in seinen Entscheidungsgründen zum Fall „Emmely“, klarstellt, dass ein solches Verhalten auch dann einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB darstellen kann, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat, scheint die Tendenz der Arbeitsgerichte dahin zu gehen, dass es in solchen Fällen zwingend einer vorherigen Abmahnung bedarf und es Arbeitgeber zukünftig noch schwerer haben werden, ihre fristlosen Kündigungen vor den Arbeitsgerichten bestätigt zu bekommen.

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