Regelmäßig kommt es zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu Konfliktsituationen, die nicht selten aus Unkenntnis, Duldung oder fehlenden vertraglichen Vereinbarungen heraus entstehen. Ein solches arbeitsrechtliches Reizthema stellt u, A. die Frage dar, ob das Umkleiden der Arbeitnehmer bereits bzw. noch zur Arbeitszeit gehört, denn hier prallen zwei unterschiedliche Interessen aufeinander. Geht es nach dem Willen des Arbeitgebers, haben Arbeitnehmer entsprechend zeitlich früher im Betrieb zu erscheinen und sich erst nach Ende der Arbeitszeit wieder um zuziehen, während Arbeitnehmer verständlicherweise die Ansicht vertreten, dass das Umkleiden der beruflichen Tätigkeit dient und folglich zur Arbeitszeit gehören muss.
Wie so oft, lässt sich diese Frage nicht für alle Situationen gleich beantworten.
Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 10. November 2009 (Az.: 1 ABR 54/08) ist die für das Umziehen erforderliche Zeit dann zur Arbeitszeit zu rechnen, wenn das Tragen einer Dienstkleidung im Interesse des Arbeitgebers liegt. Zur Begründung führt das BAG aus, dass das Umkleiden dann Bestandteil der Arbeitsleistung ist, wenn es allein dem Bedürfnis des Arbeitsgebers Rechnung trägt und insoweit fremdnützig sei. Trägt der Arbeitnehmer die Firmenkleidung folglich allein für den Arbeitgeber, erfolge auch das An- und Ausziehen in dessen Interesse. Das Tragen von Dienstkleidung sei hingegen nicht fremdnützig, wenn diese bereits zu Hause angezogen und auf dem Weg zur Arbeit getragen werden könne, ohne dass der Arbeitnehmer in der Öffentlichkeit besonders auffalle.
Regelungen über das Umkleiden unterliegen im Übrigen der betrieblichen Mitbestimmung. In dem der Entscheidung des BAG zugrunde liegenden Fall waren die Arbeitnehmer aufgrund einer Gesamtbetriebsvereinbarung verpflichtet, eine von dem Arbeitgeber gestellte Arbeitskleidung zu tragen. Eine weitere Betriebsvereinbarung regelte Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie Lage und Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit. Der Arbeitgeber ermahnte mehrere Arbeitnehmer, weil diese ihr Arbeitsende erst nach dem Umkleiden im Zeiterfassungssystem eingetragen hatten und verlangte, dass die Arbeitnehmer die Arbeitskleidung außerhalb der Arbeitszeit an- und ablegen.
Der Betriebsrat beantragte daraufhin festzustellen, dass die Anordnung des Arbeitgebers eine Änderung der Arbeitszeit i. S. v. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG darstelle und folglich ein Mitbestimmungsrecht bestehe. Nachdem der Antrag des Betriebsrates sowohl beim Arbeitsgericht als auch beim Landesarbeitsgericht erfolglos blieb, gab das BAG der Rechtsbeschwerde schlussendlich statt.
Zur Vermeidung von Unstimmigkeiten, unklaren arbeitsrechtlichen Maßnahmen und unnötigen rechtlichen Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (-vertretung) sollte im Rahmen der Festlegung der Arbeitszeit dringend auch der Frage Umkleidezeit Beachtung geschenkt werden. Hierbei gilt es die oben genannten Begründungen des BAG zu berücksichtigen. In jedem Fall empfiehlt es sich für beide Vertragsparteien eine diesbezügliche klare und abschließende Regelung zu treffen. Die Arbeitnehmer setzen sich nicht der Gefahr von möglichen Abmahnungen aus und Arbeitgeber laufen nicht Gefahr, dass arbeitsrechtliche Maßnahmen ins Leere gehen, weil z. B. bereits eine betriebliche Übung vorliegt.
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