Grundstückskauf – Erwerber haben Anspruch auf nicht geleistete Mietkaution
Mit seinem Urteil vom 25. Juli 2012 hat der siebte Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH vom 25. Juli 2012 – XII ZR 22/11) entschieden, dass der Erwerber eines gewerblich vermieteten Hausgrundstücks gemäß §§ 566 Abs. 1, 578 BGB in den vor Eigentumsübergang entstandenen und fälligen Anspruch des Veräußerers auf Leistung der Kaution eintritt.
Der neue Eigentümer einer Gewerbeimmobilie hat folglich einen Anspruch auf Leistung einer Mietsicherheit, wenn schon der Voreigentümer eine Mietkaution vom Mieter verlangen konnte, der Mieter die Mietsicherheit aber nicht erbracht hat.
Bei Geschäftsraummietverhältnissen ist grundsätzlich zu beachten, dass § 551 BGB (Regelung der Mietsicherheit, Kautionsbegrenzung und Anlagepflicht) keine direkte oder entsprechende Anwendung findet. Die Folge ist, dass Mieter und Vermieter die Höhe der Sicherheitsleistung nahezu frei vereinbaren können. Als Grenze wirken in diesem Rahmen lediglich die Vorschriften über Verfügungsverbote und sittenwidrige Rechtsgeschäfte, §§ 137, 138 BGB.
Auch kann eine Nachschusspflicht hinsichtlich der Höhe der Mietkaution vereinbart werden oder eine Verzinsung der in Geld geleisteten Kaution abbedungen sein. Die Nichtzahlung der Mietsicherheit kann bei der Geschäftsraummiete unter Umständen sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB vor Beginn des Mietvertrages rechtfertigen (BGH, Urteil vom 21. März 2007 – XII ZR 255/04). Dies sind bei Weitem nicht alle Besonderheiten, die Gewerbemietverträge aufweisen können. Vorgenannte Beispiele verbildlichen jedoch exemplarisch den sehr freien Charakter von gewerblichen Immobilienmietverträgen.
Im hier genannten Fall des Bundesgerichtshofes verweigerte der Gewerberaummieter die Zahlung einer neuen Mietsicherheit, nachdem er über 10 Jahre Bundesschatzbriefe als Sicherheit verpfändete, die aber 2006 vom Vermieter auf Bitte des Mieters frei gegeben wurden. Der Mieter sagte zwar eine neuerliche Mietsicherheit zu, welche aber in der Folge nie erbracht wurde.
2008 ging das Eigentum auf den Grundstückskäufer über. Eine Kaution war zwischenzeitlich noch nicht geleistet.
Das Kammergericht, als Vorinstanz, hat die Revision über die in Rechtsprechung und Literatur streitige Frage zugelassen, ob bei Veräußerung des Mietgegenstandes die nicht gezahlte, vertraglich geschuldete Kaution dem Veräußerer oder dem Erwerber zusteht.
Das Kammergericht vertrat die Auffassung, der geltend gemachte Kautionsanspruch stünde der Erwerberin gemäß § 566 a BGB i.V.m. § 566 BGB zu. Denn der Anspruch des Vermieters auf Leistung der Sicherheit gehe als Teil der Vermieterrechte zumindest in entsprechender Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB (Kauf bricht nicht Miete) auf den Erwerber über, jedenfalls wenn der Vermieter und Veräußerer keine fälligen Ansprüche gegen den Mieter mehr habe, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen könnte.
Der Bundesgerichtshof bestätigt das Berufungsurteil des Kammergerichts. Ausdrücklich führt der BGH aus, dass nach §§ 566 Abs. 1, 578 BGB der Grundstückserwerber einer vermieteten Gewerbeimmobilie in die Position des vermietenden Voreigentümers einrückt und damit anstelle des Voreigentümers in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eintritt. Mit dem Eigentumsübergang, also Einigung und Eintragung (§§ 873, 925 BGB), entsteht ein neues Mietverhältnis zwischen dem Erwerber des Grundstücks und dem Mieter, allerdings mit dem gleichen Inhalt, mit dem es zuvor mit dem Veräußerer bestanden hat.
Der BGH konstatiert weiter, dass von § 566 BGB allerdings nur solche Rechte und Pflichten erfasst werden, die als mietrechtlich zu qualifizieren sind oder in direktem Zusammenhang mit dem Mietvertrag stehen. Der Erwerber tritt deshalb nicht in Rechte und Pflichten ein, die außerhalb des Mietverhältnisses liegen, selbst wenn sie als zusätzliche Vereinbarung im Mietvertrag geregelt sind.
Die Pflicht zur Leistung der vereinbarten Mietsicherheit ist als mietrechtlich zu qualifizieren, bestätigt das Gericht. Der BGH stellt dazu fest, dass die Kaution der Sicherung von Ansprüchen des Vermieters aus dem Mietverhältnis dient und deswegen untrennbar mit dem Mietverhältnis verbunden ist. Der Käufer tritt also nach § 566 BGB an die Stelle des Veräußerers vor Eigentumsübergang.
Interessant sind die weiteren Ausführungen des BGH bezüglich einer Anspruchszäsur im Mietverhältnis. Die vor Erwerb entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche bleiben bei dem bisherigen Vermieter, und nur die nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels fällig werdenden Forderungen stehen dem Grundstückserwerber zu.
Von dieser Zäsur werden jedoch generell nur solche Ansprüche erfasst, die entweder während der Zeit des Veräußerers oder des Erwerbers als Vermieter entstanden und fällig geworden sind und die dementsprechend nur einem von beiden zuzuordnen sind.
Ein solcher zeitlicher Bruch gilt für einen schon vor Eigentumsübertragung entstandenen und fälligen Anspruch auf Leistung der Kaution aber nicht. Es ist nämlich der Zweck dieses Anspruchs, die Sicherung aller Ansprüche des Vermieters während der gesamten Dauer des Mietvertrages zu gewährleisten. Dazu gehören dann auch die Ansprüche des Erwerbers aus dem mit gleichem Inhalt entstandenen Mietvertrag.
Bei der Veräußerung von Gewerbeimmobilien sollte grundsätzlich eine Regelung über Mietsicherheiten zwischen den Kaufvertragsparteien getroffen werden. Es empfiehlt sich stets, qualifizierte rechtliche Beratung in diesem komplexen Bereich des Rechts in Anspruch zu nehmen, da nur so den Besonderheiten des Einzelfalls Beachtung geschenkt werden kann.
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